Archiv

Drohnen gegen Unkraut
Hightech soll Pflanzenschutzmittel reduzieren

Weniger giftige Pflanzenschutzmittel durch den Einsatz von Drohnen: Diesem Ziel haben sich Braunschweiger Wissenschaftler verschrieben. Aus der Luft sollen Drohnen mit Sensoren Unkräuter automatisch an Form und Farbe erkennen und ihre Position speichern. Dann könnten Landwirte gezielter spritzen und so die Umwelt schonen.

Von Michael Engel |
    Ein Landwirt fährt mit einer Dünger- und Pestizidspritze über ein Feld mit jungem Getreide in Sieversdorf im Landkreis Oder-Spree.
    Durch den Einsatz von Mini-Drohnen können Landwirte gezielter Pestizide gegen Unkraut einsetzen. (picture alliance / dpa / Patrick Pleul)
    Start eines Hexakopters. Sechs Propeller heben das fünf Kilo schwere Fluggerät in die Luft. Mit an Bord: Spektrometer und Kameras. Die Sensoren sollen Unkräuter automatisch erkennen, erklärt Dr. Michael Pflanz vom Julius Kühn-Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland, Braunschweig:
    "Man kann es über eine Farbsegmentierung versuchen. Das ist sehr schwierig, weil Kulturpflanzen und Unkräuter oder Beikräuter ein ähnliches Farbspektrum aufweisen. Dazu kämen dann Merkmale wie morphologische Strukturen, Blattformen, die wir zurate ziehen, um eine Klassifizierung zu erreichen."
    Die Software der mitgeführten Bordkamera erkennt das Unkraut an Formen und Farben: an der großen Blattrosette beim Löwenzahn zum Beispiel, sehr zum Unterschied des angebauten Getreides mit den länglichen Blättern. Wind fegt über das Feld. Trotzdem zieht die Mini-Drohne unbeirrt ihre Bahnen.
    "Also wir sind soweit, dass wir die Flugtechnik sehr gut im Griff haben. Wir können sehr tief fliegen, was eine Grundvoraussetzung ist für die Erkennung. Wir müssen sehr geringe Flughöhen einstellen, um eine sehr hohe optische Auflösung zu erreichen, um dort die Bilderkennung zu machen."
    Ziel: Reduzierung der Pflanzenschutzmittelmenge
    Ackerunkräuter wie Löwenzahn erkennt das System sehr gut im Getreidefeld. Schwieriger wird es bei Hühnerhirse oder Flughafer, weil sich die schmalen Gräser kaum von den Nutzpflanzen unterscheiden. Hier, so Michael Pflanz, muss an der Software noch gefeilt werden. Wo Unkräuter wachsen, werden die Positionsdaten registriert. Dann kommt die Spritze – ganz konventionell auf Rädern:
    "Das ist häufig so, dass Unkräuter in Nestern auftreten. Und wir fahren diese Nester gezielt an und spritzen dort und erwarten einen hohen Erfolg in der Behandlung und eine starke Reduzierung der Pflanzenschutzmittelmenge."
    Computer-Bildanalyse im Dienste einer ökologischen Landwirtschaft geht nicht nur mit Drohnen. Auch Benjamin Klatt von der "Zentralstelle der Länder für EDV-gestützte Entscheidungshilfen und Programme für den Pflanzenschutz" arbeitet an diesem Ziel mit dem Smartphone in der Hand. Beispiel Zuckerrübe:
    "Also, ich nehme das Handy in die Hand, öffne die App und mache ein Foto von einem Zuckerrübenblatt. Dabei ist darauf zu achten, dass das Blatt möglichst formatfüllend aufzunehmen ist. Der Algorithmus schaut auf dem Blatt, wo sind Stellen, die braun sind, die auf eine Krankheit schließen lassen."
    Krankheitserreger per Smartphone erkennen
    Nicht mal Experten können mit bloßem Auge erkennen, welche Erreger am Werk sind: Blattfleckenkrankheiten der Zuckerrübe werden durch Pilze, aber auch durch Bakterien wie Pseudomonas verursacht. Gegen Letzteres hilft kein Pflanzenschutzmittel. Viele Landwirte spritzen trotzdem - aus Unkenntnis.
    "Sobald diese Stellen auf dem Blatt detektiert wurden, werden diese Bildregionen an einen Server gesendet. Auf dem Server erfolgt dann die weitere Verarbeitung und das Ergebnis wird nach kürzester Zeit dem Nutzer auf seinem Handy dargestellt."
    Nach nur fünf Sekunden ist der Landwirt im Bilde. Das externe Programm wertet die Farbe und die Dichte der Flecken aus und erkennt so den Erreger: Pilz oder Bakterium. Die Rechenleistung würde Smartphones überfordern. Deshalb der externe Server. Trefferquote: an die 84 Prozent.
    Wissenschaftler erhoffen sich von dem Programm, dass Landwirte nun seltener zu Pflanzenschutzmitteln greifen. Nächstes Jahr soll "Smart DDS" – so der Name der Zuckerrüben-App - zur Verfügung stehen. Kostenlos. Und auch die nächste App ist schon in Arbeit. Es geht um die Krankheiten beim Winterweizen: Hightech im Dienste einer ökologischen Landwirtschaft.