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Drohnen-Journalismus
Recherche aus der Luft

Dicht besiedelte Slums neben Luxusvillen - Ungleichheiten wie diese dokumentiert der US-Fotograf Johnny Miller mit seinem Projekt "Unequal Scenes". Seine Aufnahmen macht er mit Drohnen und zeigt: Die Fluggeräte eröffnen Journalisten neue Möglichkeiten der Recherche.

Von Antje Allroggen |
    "Unequal Scenes" - ein Bild des US-Fotografen Johnny Miller aus Kapstadt.
    "Unequal Scenes" - ein Bild des US-Fotografen Johnny Miller aus Kapstadt. (Johnny Miller)
    Durban, Südafrika. Von hier oben aus betrachtet, aus der Vogelperspektive, sieht alles wie ein hübsches Muster aus: Rechts im Bild kleine Rechtecke. Die meisten von ihnen grau, dicht an dicht. Die linke Bildseite ist grün – die Bäume wirken so, als wären sie in eine Parklandschaft hineingesetzt. Keine inszenierte Bildkomposition, sondern Realität, von Johnny Milly mit seiner Drohne aus der Luft heraus fotografiert und bei Youtube als Video anzusehen.
    "Drohnenfotos sind sehr hübsch, aber sie verfügen auch über die Eigenschaft, sich die Dinge von Grund auf neu vorzustellen."
    Denn von unten aus sind die gesellschaftlichen Gräben, die Südafrika immer noch durchziehen, weniger sichtbar. Die Wohlhabenden und Reichen mauern sich noch immer hinter großen elektrischen Toren ein. Für viele ein unzugängliches und unsichtbares Areal. Aus der Luft aber werden diese Grenzen für jeden offensichtlich sichtbar: Die grauen Rechtecke sind kleine Hütten eines Townships in Durban. Direkt daneben markieren Bäume eines Parks die Grenze zu einem eingezäunten Grundstück: Wohnen im Luxus.
    "Die Landverteilung ist gerade eine politisch hoch aufgeladene Sache in Südafrika. Und diese Bilder sprechen sozusagen in visualisierter Form darüber, wie das aussieht."
    "Das ist nicht nur Journalismus"
    Mittlerweile hat Johnny Miller sein Projekt auf andere Länder ausgedehnt: Mit seinen Luftaufnahmen hält er das Nebeneinander von Ghettos und teuren Ex-Pat-Häusern in Nairobi, Mexiko oder auch Detroit fest. Dort hat der gebürtige US-Amerikaner seine Dokumentation noch weiter entwickelt zu einer Geschichte, die bis in die 1930er-Jahre der Stadt zurückreicht: Seit damals haben sich in Detroit Viertel mit getrennten Nachbarschaften entwickelt, wie er sie nennt. Die wohlhabenden Weißen leben in Detroit in anderen Gebieten als die meist ärmeren Farbigen. Und das bis heute.
    "Was ich hier speziell versuche mit dieser Geschichte, die der Guardian veröffentlicht hat, ist, den Leuten Beweise zu liefern. Das ist nicht nur Journalismus, sondern ich gebe den Leuten Anhaltspunkte dafür, sich eine eigene Meinung zu bilden. Und darüber nachzudenken, in welcher Welt wir eigentlich leben wollen."
    Die Grenzen der neuen Technik
    Drohnen ermöglichen im Journalismus also eine neue Art des Storytellings. Schon für etwa 300 Euro sind günstige Flugmodelle mittlerweile auf dem Markt. Brauchte man für Luftaufnahmen früher teure Helikopterflüge, kann das mittlerweile eine Drohne übernehmen. Aber es gibt auch Probleme, die den Einsatz des Flugmodells durchaus erschweren, erläutert Hendrik Zörner, Pressesprecher vom Deutschen Journalisten-Verband, kurz DJV.
    "Das eine sind die Gesetze der Luftüberwachung, die natürlich ihre Berechtigung haben, das andere sind die Anti-Terror-Gesetze. Da gibt´s dann eine Menge an Einschränkungen, die gerade bei Großereignissen, Demonstrationen, Staatsbesuchen und anderen Sachen es den Bildjournalisten schwer bis unmöglich machen, da noch das Mittel der Drohne einzusetzen."
    So waren gerade erst während des Deutschland-Besuchs des türkischen Präsidenten Erdogan keine Drohnenflüge erlaubt. Also gab es keine Luftaufnahmen von der Einweihung der Kölner Zentralmoschee durch das türkische Staatsoberhaupt. Hendrik Zörner: "Es gab in Köln ein Drohnenflugverbot. Das galt für die gesamte Stadt, damit war dieses Thema durch. Das ist für Bild-Journalisten natürlich ein Problem."
    Drohnen über Facebook
    Johnny Miller setzt weiter auf die Drohnen. Mit seinem Projekt africanDrone, eine panafrikanische Journalistenorganisation, schult er interessierte Kolleginnen und Kollegen auch darin, wie der Journalismus von oben trotz Reglementierungen erfolgreich überleben kann. Neulich ließ Miller übrigens eine Drohne über das Facebook-Headquarter in Silicon Valley fliegen. Und war doch ziemlich erstaunt darüber, dass ausgerechnet das Unternehmen, das sein sauberes Image trotz diverser Kratzer immer wieder aufpoliert, einen ziemlich schäbigen Hinterhof hat. Johnny Miller:
    "Im Hinterhof sieht man Müllhaufen. Das ist nicht unbedingt per se Schuld von Facebook, aber es ist deren Schuld, dass sich der Müll in ihrem Hinterhof immer weiter anhäuft."