""Wenn man Obst längere Zeit zu Hause offen stehen lässt – die sammeln sich da und fliegen drum herum. Machen keinen großen Schaden, stören aber meistens in der Küche."
Für die einen sind Fruchtfliegen lästige Störenfriede. Für die anderen sind sie wertvolle Studienobjekte. Zu letzteren zählt Alexander Maye, Informatiker am Institut für Neurophysiologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Maye interessiert sich für die Flugmanöver der kleinen Plagegeister. Um sie im Detail zu studieren, bedient er sich einer ungewöhnlichen Methode. Maye:
"Die Fliege bekommt einen kleinen Klebepunkt auf ihr Brustsegment draufgeklebt. Und da kann man sie dann dran aufhängen."
Aufgehängt wird die Fliege an einen Haken. Er sorgt dafür, dass sich die Fliege zwar nicht bewegen, aber wenigstens mit den Flügeln schlagen kann. Verbunden sind Fliege und Haken mit einem Torsionsmessgerät. Damit können die Forscher verfolgen, ob die Fliege mit ihrem Flügelschlag nach rechts steuert, nach links – oder einfach geradeaus. Maye:
"Die Fliege dürfte nach unseren Erkenntnissen nicht wirklich merken, dass sie sich nicht bewegt."
Maye und seine Kollegen stellten sich nun folgenden Frage: Was macht die Fliege, wenn keinerlei Ziel da ist, das sie ansteuern kann? Dazu steckten sie Fliege, Haken und Torsionsmesser in eine konservenbüchsengroße Spezialbox. Diese war innen komplett weiß. Egal, in welche Richtung die Fliege blickte – sie sah immer dasselbe. Eine vollkommen reizlose Umgebung. Gemäß der gängigen Theorie sollte sie das arme Tier völlig aus dem Konzept bringen – mit dem Resultat, dass die Fliege ganz und gar zufällig herumeiert. Maye:
"Die aktuelle Ansicht der meisten Forscher heute besteht darin, dass solche einfachen Tiere wie Insekten hauptsächlich durch ihre Umgebung gesteuert werden, also im Wesentlichen nur auf den visuellen Input, den so eine Fliege bekommt, reagieren."
Aber dann schauten sich Maye und seine Leute die Flugmanöver im Detail an. Und siehe da: Nicht das erwartete Chaos entdeckten sie in den Signalen, sondern Muster, die durch puren Zufall nicht zu erklären sind. So haben die Fliegen zunächst kleinräumige Suchbewegungen nach rechts und links vollführt – um dann aber spontan in eine Richtung geradeaus zu fliegen. Maye:
"Daraus folgern wir, dass es in der Fliege einen Mechanismus gibt, der spontanes Verhalten generiert. Dass bereits in der Fliege neuronale Mechanismen enthalten sind, die die Fliege dazu befähigen, Entscheidungen zu treffen."
Das Fliegenhirn scheint also spontan zwischen unterschiedlichen Verhaltensmustern hin- und her schalten zu können. Diesen Mechanismus, so glauben die Forscher, gibt es bei vielen Tieren. Und im Laufe der Evolution könnte er sich zu dem weiterentwickelt haben, was wir heute als freien Willen ansehen. Maye:
"Letztendlich zeigen unsere Experimente, dass unser Verhalten weder komplett determiniert ist. Wenn es komplett determiniert ist, dann wäre es nicht frei. Auf der anderen Seite ist es aber auch nicht komplett zufällig. Wenn es nämlich komplett zufällig wäre, dann wäre es kein Wille, sondern einfach nur das Rauschen physikalischer Prozesse. Und unsere Untersuchungen zeigen, dass das tatsächliche Verhalten irgendwo zwischen diesen beiden Extremwerten liegt."
Jetzt könnte man untersuchen, welche Gene im Hirn von Drosophila für den Fliegenwillen verantwortlich sind, schlägt Maye vor. Entsprechende Ergebnisse könnten dann dabei helfen, eine neue Klasse von Robotern zu entwickeln: Roboter, die sich – wenn sie in einer Situation feststecken – spontan zwischen verschiedenen Verhaltensweisen entscheiden können statt nur nach einem programmierten Schema F zu verfahren.
Für die einen sind Fruchtfliegen lästige Störenfriede. Für die anderen sind sie wertvolle Studienobjekte. Zu letzteren zählt Alexander Maye, Informatiker am Institut für Neurophysiologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Maye interessiert sich für die Flugmanöver der kleinen Plagegeister. Um sie im Detail zu studieren, bedient er sich einer ungewöhnlichen Methode. Maye:
"Die Fliege bekommt einen kleinen Klebepunkt auf ihr Brustsegment draufgeklebt. Und da kann man sie dann dran aufhängen."
Aufgehängt wird die Fliege an einen Haken. Er sorgt dafür, dass sich die Fliege zwar nicht bewegen, aber wenigstens mit den Flügeln schlagen kann. Verbunden sind Fliege und Haken mit einem Torsionsmessgerät. Damit können die Forscher verfolgen, ob die Fliege mit ihrem Flügelschlag nach rechts steuert, nach links – oder einfach geradeaus. Maye:
"Die Fliege dürfte nach unseren Erkenntnissen nicht wirklich merken, dass sie sich nicht bewegt."
Maye und seine Kollegen stellten sich nun folgenden Frage: Was macht die Fliege, wenn keinerlei Ziel da ist, das sie ansteuern kann? Dazu steckten sie Fliege, Haken und Torsionsmesser in eine konservenbüchsengroße Spezialbox. Diese war innen komplett weiß. Egal, in welche Richtung die Fliege blickte – sie sah immer dasselbe. Eine vollkommen reizlose Umgebung. Gemäß der gängigen Theorie sollte sie das arme Tier völlig aus dem Konzept bringen – mit dem Resultat, dass die Fliege ganz und gar zufällig herumeiert. Maye:
"Die aktuelle Ansicht der meisten Forscher heute besteht darin, dass solche einfachen Tiere wie Insekten hauptsächlich durch ihre Umgebung gesteuert werden, also im Wesentlichen nur auf den visuellen Input, den so eine Fliege bekommt, reagieren."
Aber dann schauten sich Maye und seine Leute die Flugmanöver im Detail an. Und siehe da: Nicht das erwartete Chaos entdeckten sie in den Signalen, sondern Muster, die durch puren Zufall nicht zu erklären sind. So haben die Fliegen zunächst kleinräumige Suchbewegungen nach rechts und links vollführt – um dann aber spontan in eine Richtung geradeaus zu fliegen. Maye:
"Daraus folgern wir, dass es in der Fliege einen Mechanismus gibt, der spontanes Verhalten generiert. Dass bereits in der Fliege neuronale Mechanismen enthalten sind, die die Fliege dazu befähigen, Entscheidungen zu treffen."
Das Fliegenhirn scheint also spontan zwischen unterschiedlichen Verhaltensmustern hin- und her schalten zu können. Diesen Mechanismus, so glauben die Forscher, gibt es bei vielen Tieren. Und im Laufe der Evolution könnte er sich zu dem weiterentwickelt haben, was wir heute als freien Willen ansehen. Maye:
"Letztendlich zeigen unsere Experimente, dass unser Verhalten weder komplett determiniert ist. Wenn es komplett determiniert ist, dann wäre es nicht frei. Auf der anderen Seite ist es aber auch nicht komplett zufällig. Wenn es nämlich komplett zufällig wäre, dann wäre es kein Wille, sondern einfach nur das Rauschen physikalischer Prozesse. Und unsere Untersuchungen zeigen, dass das tatsächliche Verhalten irgendwo zwischen diesen beiden Extremwerten liegt."
Jetzt könnte man untersuchen, welche Gene im Hirn von Drosophila für den Fliegenwillen verantwortlich sind, schlägt Maye vor. Entsprechende Ergebnisse könnten dann dabei helfen, eine neue Klasse von Robotern zu entwickeln: Roboter, die sich – wenn sie in einer Situation feststecken – spontan zwischen verschiedenen Verhaltensweisen entscheiden können statt nur nach einem programmierten Schema F zu verfahren.