Die Spielfläche liegt quer zu den Zuschauerreihen, lang und schmal wie ein Laufsteg. Darauf spreizen sich zwei Physiker und schnattern im Münchner Volkstheater selbstverliebt ihre Formeln und Theorien herunter. Nach der Devise: Kann man sowieso nicht verstehen, also verjuxen. Die drei anderen multifunktionalen Darsteller kommentieren dieses Schaulaufen, applaudieren schon mal, klapp, klapp, klapp, hübsch mechanisch wie Automaten und liefern den Kontext am Erzählfaden der Chronologie.
Die beiden halten ihre Lehrbücher aneinander und stecken, gemeinsam lesend, nicht nur die Köpfe zusammen, nein, sie purzeln übereinander zu Boden. Man sieht: Physik und Rivalität wirken hier als erotisches Bindemittel, und das lebenslänglich, auch wenn die Lebenswege auseinandergehen und der eine, Sebastian, Frau und Kind hat. Aus den arroganten Studenten werden Professoren, aus den Studienfreunden - geliebte Feinde. Sebastian vertritt in der Theorie die Existenz von Parallelwelten und lebt auch, obwohl das natürlich nie direkt so genannt wird, eine Art Doppelleben. Sehr zum Verdruss des schneidigen Oskars. Der demütigt ihn öffentlich bei einem gemeinsamen Fernsehauftritt, was die Inszenierung als hübsche akustische Persiflage auf Fernsehduelle zeigt.
Außerdem will er dem Freund, hemmungslos unverantwortlich, als Mensch und als Physiker eine Lektion in Verantwortung erteilen und inszeniert, unerkannt, ein Paralleluniversum. Eine Kindesentführung, die auch wieder keine ist, und ein Mord, der sehr wohl einer ist, setzen daraufhin eine Kriminalhandlung in Gang: Auftritt von Kommissar Schilf, dem Juli Zehs Roman und dessen theatralische Adaption den Titel verdanken. Ein Mann mit Köpfchen und tödlichen Kopfschmerzen, der nun, am Rande des Zusammenbruchs, nichts weniger tut, als den üblichen Gang der Gerechtigkeit in Frage zu stellen. Der den Täter entlarvt und den Verursacher dieses "Scherzes unter Freunden" überführt.
Die szenische Engführung läßt von dem Roman kaum mehr als die Gräte übrig. Juli Zehs Prosa lebt von Perspektivenverschiebungen und Vorstellungsvarianten, die sehr viel mehr sind als bloße Sprachbilder. Vermischte Eindrücke und gemischte Gefühle relativieren unseren Blick der Gewöhnung. Mechanisches erscheint plötzlich belebt, das konventionelle Gebaren dagegen mechanisch. Sie denkt Ursache und Wirkung einmal anders herum und spielt damit, Bewegtes als ruhend, das Starre als bewegt wahrzunehmen. Etwa so: "Bäume jagen den Fahrbahnrand entlang, zurück in die Richtung, aus der Sebastian gekommen ist." Sie macht uns vertraut mit dem Ungewohnten: die Konturen des als real nur Gedachten können durch bloße Gedanken, Fantasien, Projektionen auch verschwimmen, andererseits sind es Gedanken-Gänge, die zum Verständnis des Unbegreiflichen führen können.
An den Rändern des Erklärbaren aber beginnen die Geschichten, beginnt das Erzählen. Und das ist im Fall von Schilf auf engste verwoben mit Überlegungen zur Zeit, ihren physikalischen Theorien und unserem Erinnerungsvermögen. Wie ernst oder wie komisch das Ernste aussieht, ist eine Frage der Betrachtungsweise.
Die junge Regisseurin Bettina Bruinier, die zusammen mit der Dramaturgin Katja Friedrich auch die Theaterfassung von Schilf, man ist versucht zu sagen "erstellt" hat, muss wohl gehofft haben, Perspektivenbrechungen ließen sich durch kommentierende Beobachter herbeierzählen. Doch dabei kommt ein Erzähltheater mit dialogischen Einsprengseln heraus, das nicht nur meilenweit entfernt ist etwa von Schilfs Selbstbeobachtungsstrategie, einer Art Vexierspiel mit Krimi-Klischees.
Juli Zehs Roman legt eine Verfilmung nahe. Das ja immer konkretisierende Theaterspielen schrumpft gerade die Qualitäten des Prosatextes. Die Figuren bleiben schematisch und aussagekräftige szenische Konstellationen zwischen ihnen lassen sich so kaum gewinnen. Im schlimmsten Falle liegt etwa Sebastian verkrümmt am Boden, die anderen zeigen auf ihn und erklären die Situation. Zeigetheater mit Stereotypen. Schilf ist ein Melancholiker, Oskar ein blasierter Möchtegern-Dandy, Sebastian gequält, seine Frau ein Schemen und die amtierende Kriminalkommissarin profiliert sich durch zackigen Befehlston. Wer Lust an Karikaturen und flotten Sprüchen hat, mag auf seine Kosten kommen.
Die beiden halten ihre Lehrbücher aneinander und stecken, gemeinsam lesend, nicht nur die Köpfe zusammen, nein, sie purzeln übereinander zu Boden. Man sieht: Physik und Rivalität wirken hier als erotisches Bindemittel, und das lebenslänglich, auch wenn die Lebenswege auseinandergehen und der eine, Sebastian, Frau und Kind hat. Aus den arroganten Studenten werden Professoren, aus den Studienfreunden - geliebte Feinde. Sebastian vertritt in der Theorie die Existenz von Parallelwelten und lebt auch, obwohl das natürlich nie direkt so genannt wird, eine Art Doppelleben. Sehr zum Verdruss des schneidigen Oskars. Der demütigt ihn öffentlich bei einem gemeinsamen Fernsehauftritt, was die Inszenierung als hübsche akustische Persiflage auf Fernsehduelle zeigt.
Außerdem will er dem Freund, hemmungslos unverantwortlich, als Mensch und als Physiker eine Lektion in Verantwortung erteilen und inszeniert, unerkannt, ein Paralleluniversum. Eine Kindesentführung, die auch wieder keine ist, und ein Mord, der sehr wohl einer ist, setzen daraufhin eine Kriminalhandlung in Gang: Auftritt von Kommissar Schilf, dem Juli Zehs Roman und dessen theatralische Adaption den Titel verdanken. Ein Mann mit Köpfchen und tödlichen Kopfschmerzen, der nun, am Rande des Zusammenbruchs, nichts weniger tut, als den üblichen Gang der Gerechtigkeit in Frage zu stellen. Der den Täter entlarvt und den Verursacher dieses "Scherzes unter Freunden" überführt.
Die szenische Engführung läßt von dem Roman kaum mehr als die Gräte übrig. Juli Zehs Prosa lebt von Perspektivenverschiebungen und Vorstellungsvarianten, die sehr viel mehr sind als bloße Sprachbilder. Vermischte Eindrücke und gemischte Gefühle relativieren unseren Blick der Gewöhnung. Mechanisches erscheint plötzlich belebt, das konventionelle Gebaren dagegen mechanisch. Sie denkt Ursache und Wirkung einmal anders herum und spielt damit, Bewegtes als ruhend, das Starre als bewegt wahrzunehmen. Etwa so: "Bäume jagen den Fahrbahnrand entlang, zurück in die Richtung, aus der Sebastian gekommen ist." Sie macht uns vertraut mit dem Ungewohnten: die Konturen des als real nur Gedachten können durch bloße Gedanken, Fantasien, Projektionen auch verschwimmen, andererseits sind es Gedanken-Gänge, die zum Verständnis des Unbegreiflichen führen können.
An den Rändern des Erklärbaren aber beginnen die Geschichten, beginnt das Erzählen. Und das ist im Fall von Schilf auf engste verwoben mit Überlegungen zur Zeit, ihren physikalischen Theorien und unserem Erinnerungsvermögen. Wie ernst oder wie komisch das Ernste aussieht, ist eine Frage der Betrachtungsweise.
Die junge Regisseurin Bettina Bruinier, die zusammen mit der Dramaturgin Katja Friedrich auch die Theaterfassung von Schilf, man ist versucht zu sagen "erstellt" hat, muss wohl gehofft haben, Perspektivenbrechungen ließen sich durch kommentierende Beobachter herbeierzählen. Doch dabei kommt ein Erzähltheater mit dialogischen Einsprengseln heraus, das nicht nur meilenweit entfernt ist etwa von Schilfs Selbstbeobachtungsstrategie, einer Art Vexierspiel mit Krimi-Klischees.
Juli Zehs Roman legt eine Verfilmung nahe. Das ja immer konkretisierende Theaterspielen schrumpft gerade die Qualitäten des Prosatextes. Die Figuren bleiben schematisch und aussagekräftige szenische Konstellationen zwischen ihnen lassen sich so kaum gewinnen. Im schlimmsten Falle liegt etwa Sebastian verkrümmt am Boden, die anderen zeigen auf ihn und erklären die Situation. Zeigetheater mit Stereotypen. Schilf ist ein Melancholiker, Oskar ein blasierter Möchtegern-Dandy, Sebastian gequält, seine Frau ein Schemen und die amtierende Kriminalkommissarin profiliert sich durch zackigen Befehlston. Wer Lust an Karikaturen und flotten Sprüchen hat, mag auf seine Kosten kommen.