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Dua Saleh über Polizei-Willkür
"Niemand ist sicher vor ihrer Gewalt"

Dua Saleh aus Minneapolis lebt seit dem gewaltsamen Tod von George Floyd in ständiger Angst. Mit der Veröffentlichung der Single Body Cast kämpft Saleh gegen Polizei-Willkür und Brutalität.

Dua Saleh im Gespräch mit Andreas Robertz |
Die sudanesisch-amerikanische Rapperin Dua Saleh während eines Auftritts
"Als ich das erste Mal von George Floyds Mord durch die Polizei in Minneapolis hörte, brach mir das Herz", sagte Dua Saleh im Dlf (imago images / ZUMA Press / Jeff Wheeler)
Seit dem gewaltsamen Tod von George Floyd durch weiße Polizisten herrscht in Minneapolis und der ganzen USA Ausnahmezustand. Dua Saleh ist fester Bestandteil der Musikszene von Minneapolis, engagiert sich dort als gender-neutrale Person auch politisch für die LGBTQI-Community und hat jetzt einen Song veröffentlich, der die Brutalität der Polizei in der Heimatstadt von Saleh und den Mord an George Floyd thematisiert. In einer Erklärung auf Youtube sagt Saleh, der Song sei eigentlich für ein zukünftiges Projekt gedacht gewesen. Was aktuell allerdings der Stadt passiere, das sei kaum zu ertragen, weshalb der Song schon jetzt veröffentlicht wurde. Andreas Robertz hat mit Dua Saleh gesprochen.
Dua Saleh: Als ich das erste Mal von George Floyds Mord durch die Polizei in Minneapolis hörte, brach mir das Herz. Ich empfand ein tiefes Mitgefühl mit seiner trauernden Familie und der trauernden Community in Minneapolis.
In den letzten Tage war ich unruhig und hatte große Angst: Angst, dass das System die schwarze Community weiterhin einfach im Stich lässt, so wie es das von Anfang an getan hat. Ich habe Angst, dass bewaffnete weiße Rassisten überall in unserer Stadt Bomben platzieren; Angst um geschätzte Gemeindemitglieder, die mit den tödlichen Waffen der, von Gouverneur Walz eingesetzten Nationalgarde konfrontiert sind; Angst, dass Bürgermeister Jacob Frey und der Stadtrat den Mord an George Floyd zwar weiterhin öffentlich verurteilen, gleichzeitig aber die Finanzierung der Polizei in Minneapolis weiter erhöhen. Letztes Jahr haben sie einstimmig dafür gestimmt, das Budget der Polizei von Minneapolis um 8,2 Millionen Dollar zu erhöhen. Obwohl es einen Aufschrei über die Morde an vielen Menschen gab, einschließlich Jamal Clark und kürzlich erst Philando Castille in St. Paul. Ich habe wirklich Angst und befinde mich in einem andauernden psychologischen Kriegszustand, weil es so aussieht, als ob die Stadt, die Bundesstaaten und die Bundesregierung sich null um die Sicherheit der Schwarzen und insbesondere der Demonstranten kümmern.
Solidaritätssong "Body Cast"
Andreas Robertz: Du hast vor ein paar Tagen deinen Song Body Cast veröffentlicht, den du zusammen mit Psymun gemacht hast. Was hat dich dazu inspiriert?
Saleh: Der Song wurde einige Tage nach Ausbruch des Protests in Minneapolis veröffentlicht. Der gesamte Erlös geht an Black Visions Collective, eine basisdemokratische Abolitionistengruppe aus Minneapolis. Sie fordert die Stadt auf, die Finanzierung bestimmter Polizeidienststellen zurückzuziehen, weil sie Mitglieder unserer Community getötet haben. Ich habe den Song 2019 geschrieben, nach dem Mord an Jamar Clark und Philando Castille durch die Polizei von Twin City in Minnesota. Er ist jetzt immer noch relevant - das Thema begleitet mich mein ganzes Leben, weil die Polizei immer schon schwarze Menschen ermordet hat. Polizisten waren für mich nie ein Grund, mich sicher zu fühlen, obwohl sie immer behaupten, öffentliche Beamte zu sein.
Das Gespräch mit Dua Saleh – hören Sie hier die englischer Originalversion
Robertz: Wie kam der Song bei den Leuten an?
Saleh: Der Song wurde von den Mitgliedern der Community sehr gut aufgenommen, die sich alle wegen der Polizisten Sorgen machen, die mit den schwarzen Menschen in unserer Community so brutal umgehen, sie schikanieren und ermorden. Viele Leute haben für den Song auf Bandcamp gespendet. Bandcamp ist ein ganz besonderer Streaming-Service, zu dem die Leute gehen sollten, denn hundert Prozent des Erlöses geht an das Black Visions Collective.
Die Rolle der Queer- und Trans-Bewegung
Robertz: Du hast erzählt, dass die Mobilisierung der Community überwiegend von Queer- und Trans-Leuten organisiert wird. Oft werden sie in der Öffentlichkeit übersehen und ausgeblendet. Kannst du mir mehr dazu sagen?
Saleh: Im Falle des Mordes an George Floyd stehen schwarze Trans- und Queer Menschen beim Protestieren und Organisieren ganz vorne in den Reihen, sowohl in Minnesota, als auch überall im Land. Historisch gesehen haben sie die Widerstandsbewegungen immer mitgetragen. Das kann man beispielhaft am Engagement von Transfrauen in den schwulen Aufständen sehen und auch in den letzten Jahren innerhalb der Black Lives Matter Bewegung und anderen Bewegungen für Black Lives. Ich möchte auf ihre Arbeit aufmerksam machen. Oft sagen Leute, sie lenken nur von der Mobilisierung ab, wenn sie über Probleme und Identitätsfragen innerhalb der schwarzen LGBTQIA (das IA stehen für intersexuell und asexuell. Anm.d. Übers.) Community reden wollen. Ich möchte auf diese Leute aufmerksam machen, die tatsächlich den größten Teil der Arbeit für unsere Community-Mitglieder leisten, ganz besonders auch innerhalb des Black Visions Collective, die unermüdlich für die Endfinanzierung der Polizei kämpfen.
Robertz: Du hast gesagt, sie werden oft einfach vergessen.
Saleh: Ich möchte da an Tony McDade denken, einen schwarzen Trans Mann, der nur zwei Tage nach dem brutalen Mord an George Floyd in Tallahassee von Polizisten ermordet wurde. Er wird in den Medien gendermäßig oft falsch identifiziert und wurde von dem Aufschrei über die Ermordung schwarzer Menschen durch die Polizei in diesem Land fast vollständig ausgeschlossen. Es ist wichtig, darauf aufmerksam zu machen, dass schwarze Transsexuelle, schwarze Queer-Leute und schwarze LGBTQIA-Leute im großen Maßstab von den Polizeibehörden auf brutale Weise misshandelt und ermordet werden. Deswegen wollen wir, dass der Polizei das Geld entzogen wird, weil sie uns allen weh tut. Niemand ist vor ihrer Gewalt sicher.
Äußerungen unserer Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.