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Düngemittelhersteller leitet Abwasser in die Werra

Der Düngemittelhersteller Kali und Salz darf auch künftig seine salzhaltigen Abwässer in der Werra entsorgen. Das hat das Regierungspräsidium Kassel in Hessen bekannt gegeben. Es muss noch entschieden werden, wie hoch der Salzgehalt sein darf. Über den richtigen Grenzwert gibt es Streit.

Von Maike Brathge |
    Die Genehmigung für K+S wird bis zum Jahr 2020 verlängert. Keine Überraschung, weder für die Gegner noch für die Befürworter der Salzeinleitung in die Werra. Viel wichtiger ist die heutige Entscheidung des Regierungspräsidiums Kassel über den bestehenden Grenzwert. Denn davon hängt ab, wie viel Salzlauge K+S in den Fluss einleiten darf. Die hessische Landtagsabgeordnete der Grünen, Sigrid Erfurth, hat klare Forderungen an den Regierungspräsidenten:

    "Also erst mal geh‘ ich davon aus, dass das Regierungspräsidium weitsichtig ist und sich an dem gemeinsamen Beschluss des hessischen Landtages von 2007 hält, indem die Erwartung mit allen politischen Parteien formuliert worden ist, dass die Grenzwerte abgesenkt werden. Wir brauchen ein deutliches Signal und ich hoffe sehr, dass das Regierungspräsidium das auch umsetzt."

    Bisher darf K+S bis zu 14 Millionen Kubikmeter Salzlauge in die Werra einleiten. Die Abwässer entstehen bei der Kaliproduktion und werden von Rückstandshalden durch Regen abgewaschen. Mit Lastwagen werden sie vom Werk Neuhof 60 Kilometer zum Fluss gefahren und darin entsorgt. Um diesen Transport zu vermeiden, baut das Unternehmen nun eine Pipeline. Für Sigrid Erfurth ändert das aber nichts am eigentlichen Problem:

    "Also K+S ist ja auch dafür verantwortlich, dass seine Rückstände umweltverträglich entsorgt werden. Und deshalb muss auch K+S Geld in die Hand nehmen, um auch die Nachsorge zu treffen. Und natürlich muss jedes Unternehmen auch dafür sorgen, dass seine Abfälle entsorgt werden. Das muss jeder kleine Handwerksmeister, das muss jeder Haushalt und das muss natürlich auch ein Unternehmen von Weltruf."

    Sie fände es besser, wenn K+neue Techniken benutzen würde, um weniger Abwässer zu produzieren. Der Rest soll dann aber nicht in die Flüsse gekippt werden, um sie nicht durch das Salz weiter zu belasten:

    "Das, was dann nicht vermeidbar ist, dann nicht durch die Süßwasserflüsse zu entsorgen, sondern über eine Pipeline an einen verträglichen Punkt in die Nordsee. Das ist machbar, ist keine schöne Lösung, aber glaube ich im Interesse der Süßwasserflüsse eine vernünftige Lösung, um eben dafür zu sorgen hier einen Ausgleich zwischen Umweltschutz und den Interessen eines Unternehmens herzustellen."

    Doch diese Lösung würde Jahre dauern und wird von der niedersächsischen Landesregierung abgelehnt. Diese will keine Leitung, die durch ihr Gebiet verläuft. Auch Gerd Grimmich von K+S wäre eine kürzere Pipeline in die Weser lieber, trotzdem prüfe man die Pläne für eine Leitung in die Nordsee:

    "Die Weser wäre eine Möglichkeit, eine von vielen Alternativen, aber dieses auf die Nordsee gleich zu fokussieren halten wir für riskant. Sie selber wissen, dass das Wattenmeer inzwischen Weltnaturerbe geworden ist und auch dort erwarten wir keine einfachen Genehmigungsverfahren."

    Doch diese Lösung würde mindestens 500 Millionen Euro kosten. Das sei schlichtweg unverhältnismäßig und würde Tausende Arbeitsplätze gefährden. Wolf von Bültzingslöwen vom Bund für Umwelt und Naturschutz denkt, dass K+S einfach nicht so viel Geld in eine Pipeline investieren möchte:

    "K+S will diese Leitung nicht, das ist mein fester Eindruck und aus meiner Sicht ist das die Lösung, die im Moment als sichere Bank im Raum steht. Alles Andere ist unsicher."

    Nun blicken alle auf das Regierungspräsidium Kassel. Entscheidet es sich heute für strengere Grenzwerte bei der Salzlauge, wird der Druck auf K+S wachsen, nach Alternativen zur Einleitung in die Werra zu suchen. Für die Rettung des Flusses wären allerdings radikalere Lösungen notwendig, meint von Bültzingslöwen:

    "Ein Mittel um K+S zum Handeln zu zwingen ist Versagung der Einleitegenehmigung und der Verpressung in den Untergrund. Das zwingt K+S zu anderen Maßnahmen und das ist auf der politischen Ebene machbar und das muss so schnell wie möglich passieren."