Das Foto der berühmten Pol-e Chādschu-Brücke in der iranischen Stadt Isfahan ging vor Kurzem um die Welt: Sie wurde einst über den Zayandeh Rud gebaut, den lebensspendenden Fluß. Heute spendet er kein Leben mehr. Es gibt ihn schlicht nicht mehr, stattdessen bricht der völlig ausgetrocknete Boden auf. Die Risse sehen aus wie Wunden. Ali lebt in einem Dorf im Westen der Provinz. Er dreht den Wasserhahn auf, aber es kommt nichts heraus. Ali ist Bauer. Wenn er zu seinem Feld rüber läuft, staubt der Boden.
"Wir haben ein Wasserproblem. Unsere Bäume und Pflanzen sind vertrocknet. Und sie lassen uns kein Wasser aus dem Fluß abzweigen, geben uns unseren Anteil nicht. Die Leute sind gezwungen wegzuziehen in die Stadt, nach Isfahan."
Gemeinsinn schwindet
Moderne Bewässerungssysteme gibt es nur punktuell. Manche Bauern sind noch mit dem Spaten unterwegs, um Wasser auf ihre Felder zu leiten, und sich auch gegenseitig das Wasser abzugraben. Kaveh Madani arbeitet bei den Vereinten Nationen im Bereich Umweltschutz.
Er sagt: "Wir stehen vor den 'Tragödien der Gemeingüter'. Eine Theorie aus den 60er-Jahren besagt: Erst versucht jeder Einzelne aus dem Gemeingut so viel wie möglich herauszuholen. Aber am Ende verlieren wir alle zusammen, weil wir die Quellen zerstören."
Kaveh Madani will die Schuld aber nicht den Bauern geben, die ums Überleben kämpfen. Er sieht die Regierung in der Pflicht.
Wasser- und Stromversorgung stocken
"Wir müssen diese Kultur stoppen, wir müssen versuchen, das Ökosystem wiederzubeleben. Es ist eine ernste Sache. Die Verantwortung dafür muss die Öffentlichkeit und der Staat tragen."
Tut er aber nicht, sagen viele Bauern. Früher haben sie Weizen, Gerste und Linsen angepflanzt. Heute wächst auf ihren Feldern kaum noch was. Ihre Maschinen stehen still. Nur die Traktoren kommen noch zum Einsatz - bei Demonstrationen. Und sie sind nicht die Einzigen, die wegen des Wassermangels auf die Strasse gehen. Die Menschen sind verzweifelt, wenn bei Temperaturen von knapp 50 Grad kein Wasser aus dem Hahn kommt und teilweise auch noch der Strom wegbleibt, weil Stauseen fast leer sind. Bei den Demonstrationen fordern sie, Geld, statt es in Militäraktionen im Jemen oder in Syrien zu stecken, lieber im Land zu investieren und die Wasserversorgung zu garantieren.
Schutzmaßnahmen kommen zu spät
Experten haben schon lange gewarnt. Aber die Regierung hat das Thema in jeder Hinsicht verschlafen, sagen sie. Man hätte große Entsalzungsanlagen für Meerwasser an den Küsten bauen müssen, heißt es, als das Geld noch da war. Jetzt ist es zu spät und durch die neuen Sanktionen fast unmöglich, der Import von Anlagenteilen enorm schwer.
Früher war der Iran eines der wasserreichsten Länder der Region. Aber das ist lange her, und für Hassan, einen anderen Bauern in Isfahan, kaum vorstellbar. Er schaut zum Himmel. Keine Wolke weit und breit, nur die Mittagssonne, die brennt und jede kleine Pfütze am Rande der Wasserleitung blitzschnell austrocknen läßt. Vielen Bauern aus der Region würde es schon reichen, wenn Bewässerungssysteme endlich erneuert würden:
"Wenn wir das Wasser durch Rohre leiten, geht nichts verloren. Aber ohne Rohre versickert einfach viel. Das Ergebnis ist mehr Unkraut und mehr Arbeit für die Bauern."
Fabriken werden bevorzugt
Bauern, aber auch Umweltschützer kritisieren außerdem, dass viel Wasser für Fabriken umgeleitet wird, viel zu viel. Ali hat seinen Bauernhof im Osten der Provinz Isfahan. Er ist wütend:
"Unsre Samen gehen zu Grunde. Sie sagen uns, es gibt kein Wasser. Aber sie leiten Wasser für die Stahlproduktion um und in andere Städte. Aber Waser für den Osten hier und den Zayandeh Rud-Fluss gibt es nicht."
Die Not der Menschen mischt sich mit Vorwürfen wegen Misswirtschaft und Korruption. Der nächste Regen wird diese Verzweiflung und Wut wohl kaum dauerhaft wegwaschen können.