Jörg Münchenberg: Der Deutsche Bauernverband und das Bundeslandwirtschaftsministerium haben heute die Erntebilanz 2018 vorlegt, die von vielen Landwirten sehnsüchtig erwartet wurde. Denn, je nach Ergebnis, entscheidet sich, ob auch der Staat einspringt, um die Schäden der Landwirte zu ersetzen, die besonders hart von der Trockenheit betroffen waren und sind. Günter Hetzke aus unserer Wirtschaftsredaktion: Wie viele Menschen arbeiten eigentlich noch in der Landwirtschaft?
Günter Hetzke: Das sind schon noch eine ganze Menge Wählerstimmen. Insgesamt, so das Statistische Bundesamt, gibt es in der Land- und der Forstwirtschaft sowie der Fischerei rund 620.000 Beschäftigte. Die Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums sind mit gut 940.000 tatsächlich um einiges höher, miteingerechnet die Saisonarbeitskräfte, die ja zu einem Großteil aus dem Ausland kommen. Für die Bundestagsabgeordneten, von denen ja viele ihren Wahlkreis in ländlichen Regionen haben und die ab heute mit entscheiden müssen, ob es Steuergelder für die Landwirte geben soll, für die sind deshalb die gut 600.000 Landwirte plus Angestellte die entscheidende Größe für ihre Entscheidung. Natürlich neben den Ernteeinbußen, die weit unter dem Schnitt der vergangenen fünf Jahre liegen.
Ohne Subventionen ist die Landwirtschaft kaum überlebensfähig
Wie alle Bauern in der EU, werden auch die deutschen von der EU subventioniert. Gegenüber den riesigen Agrarflächen in den USA, in Brasilien oder China wäre die eher kleinflächig aufgeteilte Landwirtschaft in Europa nicht konkurrenzfähig und könnte im Welthandel nicht mithalten. Jeder der rund 270.000 Betriebe in Deutschland bekommt deshalb eine Direktzahlung. Das sind derzeit etwa 280 Euro pro Hektar, gleichgültig wofür das Land genutzt wird. In der Summe basiert rund 45 Prozent des Einkommens der Landwirte auf diesen Direktzahlungen, der Rest wird erwirtschaftet.
Mehr als die Hälfte der Ernte ist Futtermittel
Die wichtigsten Einnahmequellen der Bauern sind Fleisch, Milch und Getreide. Das zeigt: es gibt einen sehr hohen Viehbestand. Deshalb verwundert es nicht, dass Vieles von dem, was auf den Feldern wächst und gedeiht, gar nicht für den Menschen gedacht ist. Mehr als die Hälfte ist Futtermittel. Deshalb leiden unter der Dürre nicht nur die Ackerbauern, sondern auch die Tierhalter.
Stellenwert innerhalb der Wirtschaft ist gering
Im Vergleich mit der Industrie oder den Dienstleistern ist der wirtschaftliche Stellenwert der Landwirtschaft marginal. Wenn wir mal als Richtgrößte das Bruttoinlandsprodukt heranziehen, also auf die Wertschöpfung der deutschen Wirtschaft schauen, dann liegt der Anteil der Landwirtschaft daran unter ein Prozent – über den Daumen bei rund 0,6 Prozent. Das wäre der rein kernwirtschaftliche Blick. Darüber hinaus gibt es aber durchaus weitere wirtschaftliche Licht- und Schattenseiten der Branche. Zu den Lichtseiten gehört beispielsweise, dass viele Bauern eben auch Landschaft pflegen. Das sollte nicht vergessen werden. Auf der anderen Seite aber gibt es auch viele Bauern, die Natur und Umwelt erheblich belasten. Denken wir nur an die hohe Nitratbelastung des Bodens und sogar des Trinkwassers. Auch das sind wirtschaftliche Faktoren – einmal zum Wohl der Gesellschaft und einmal, um sich maßlos zu ärgern.