Kurz nach acht Uhr morgens im Hauptbahnhof Teheran: Die 10 Millionen-Hauptstadt des Iran erwacht. Auf dem Vorplatz des wie ein Querriegel liegenden Gebäudes eilen Menschen hin und her. Der chaotische Autoverkehr nimmt allmählich zu.
Hier, im Süden der Stadt, beginnt die Valiasr-Straße. Die von Tausenden Platanen gesäumte Allee ist die längste Straße im Mittleren Osten und führt gut 19 Kilometer geradewegs nach Norden, quer durch Teheran zum Fuß des Elburs-Gebirges. Allee und Hauptbahnhof waren zwei der Prestigeprojekte Reza Schah Pahlavis. Als großer Anhänger reichsdeutscher Baukunst ließ er den Bahnhof aus hellem Sandstein in den 1930er Jahren von Architekten aus Deutschland und Österreich planen. Ebenso wie die Bahnlinie, die unter dänischer Beteiligung von hier aus ans Kaspische Meer führen sollte. Ingenieure und Baumeister residierten gleich hinter dem Bahnhof in einem Viertel, das alsbald Nazi-Abad genannt wurde - abad meint: bewohnt - und noch heute so heißt.
"Das ist also unser Hauptbahnhof. Du siehst ja, dass es hier schon morgens sehr laut ist mit all den Autos, die vorbeifahren. Von hier aus gehen also Züge in alle Ecken des Landes. Die längste Reise in den Südosten, nach Zahedan, das ist 1500 km von hier entfernt, dauert fast einen Tag."
Ehsan Arabaggheri ist Lehrer. Der schlanke, 30-Jährige unterrichtet an einer privaten Deutschschule in Teheran und begleitet uns. Ausländer, die im Land unterwegs ist, werden häufig angesprochen. Allerdings sprechen viele Iraner nur Farsi, persisch. Sich mit ihnen zu verständigen, ist daher schwierig.
Iran im Jahr 1396
Auf dem Vorplatz gibt es Bänke, Blumenkübel und kleine Palmen. "Tehran Railway Station" steht auf großen Lettern über dem Portal - zweisprachig in Farsi und in Englisch. Wie viele öffentliche Gebäude im Iran wird es von den Porträts der beiden wichtigsten Religionsführer eingerahmt, jedes um die acht Meter hoch: Ayatollah Chomeini, 1979 Revolutionsführer und Gründer des islamischen Post-Schah-Iran, stets links und mit grimmigem Blick - Ali Chamene´i, das aktuelle religiöse und politische Oberhaupt, stets rechts und mit mildem Gesichtsausdruck. Im Gebäude selbst sieht es so funktionell aus wie in Frankfurt oder Berlin.
Wartesäle, lange Stuhlreihen für Fahrgäste, elektronische Anzeigentafeln, Reinigungskräfte, Fahrkartenschalter, kleine Geschäfte. Nur zwei Dinge sind anders: links die Skulptur eines dreimal fünf Meter großen, aufgeschlagenen Koran; und gleich dahinter die in Rot auf einem Monitor leuchtende Zeit: 8.24 Uhr am 19. Dezember des Jahres 1396. Ehsan erklärt:
"Der iranische Kalender ist ein Sonnenkalender und beginnt im Jahr 622 mit der Flucht des Propheten Mohammed von Mekka nach Medina. Wenn wir diese 622 Jahre zum Jahr 1396 hinzuzählen, landen wir in Eurem Jahr 2018."
Um die Bahnsteige betreten zu können, müssen wir eine Ticketkontrolle passieren. Hier wird auch der Pass verlangt. Nach wenigen Schritten tauchen die Gleise auf. Auf dem Bahnsteig wartet schon unser Zug. Die Diesellok, eine bullige moosgrüne Zugmaschine mit gelben Seitenstreifen, wummert vor sich hin.
Züge im Staatsbetrieb
Ausländer fallen hier sofort auf. Individualreisende Touristen sind eine Seltenheit im Iran. Ein Mann in blauer Hose, dunklem Blazer und einem Bahn-Aufnäher am Ärmel nähert sich, ein breites Lächeln im Gesicht. Rasul Shirzadi ist Schaffner und begrüßt uns auf Englisch.
Rasul führt alle Fahrgäste zu ihren Abteilen. Der Zug hat ein knappes Dutzend Waggons. Deren Grundton war einmal Blau. Vor allem ihre runden Dächer haben inzwischen verschiedene Stufen farblicher Abnutzung. Rostflecken rahmen die Fenster ein.
"Dieser Zug ist von Teheran nach Sari. 8 Uhr 40 ist Abfahrt, und die Fahrt dauert sieben Stunden. Wir erreichen dann Sari um 16 Uhr."
Die Züge im Iran gehören dem Staat. Wie alle Wirtschaftszweige des Landes leidet auch die Raja Rail Transportation Co. unter dem Embargo des Westens, das die Einfuhr von Technik und Ersatzteilen verhindert. Alte Züge wie unser, dessen Wagen in den 1930er Jahren in Dänemark gebaut wurden, sind schwer instand zu halten. Die modernen Triebwagen kommen aus chinesischer Produktion. Die Strecke Teheran - Sari war eine der ersten im Iran und Teil der transiranischen Eisenbahn, die Reza Schah zur Verbesserung der Infrastruktur zwischen 1928 und 1939 bauen ließ. Sie gilt auch als die mit Abstand schönste wegen der Vielfalt der Landschaften, die sie durchläuft. Wir sind gespannt und machen es in unserem Abteil bequem. Ehsan Arabaggheri erklärt:
Zuerst durch eine Wüstenlandschaft
"Es gibt verschiedene Zugklassen hier im Iran. Es gibt für diese Strecke eine 1. Klasse. Aber der Zug fährt dann nur einmal in der Woche am Donnerstag. Und das nennt man Tourismuszug. Das heißt, man erlebt auch, was es unterwegs gibt. Zum Beispiel bei einer bekannten Brücke, die durch einen Deutschen gebaut wurde, hält der Zug an. Was auf dieser Strecke interessant ist, kann man dann schauen und dann fährt man weiter. Aber für unsere Strecke heute gibt es die Möglichkeit, dass man die verschiedenen Städte unterwegs sehen, dass wir durch die Berge fahren und dann durch den Wald, bis wir den nördlichen Bereich von Iran erreichen. Wir fahren durch Elburs-Gebirge, dieser west-östliche Gebirgszug im Iran, und wir fahren durch."
Pünktlich setzt sich der Zug nach Sari in Bewegung. Anfangs geht es durch die Kornkammer Irans; flaches Land, viele Felder mit Wintergemüse, Gewächshäuser, Orangehaine, bewässertes Grün. In Pishva steigt Rasul aus und bringt dem Lokführer einen Becher heißen Tees. Wenig später gewinnt, wie in den meisten Landesteilen, die Wüste die Oberhand zurück. Beige Einöde, Sand, kaum Vegetation, Überlandstraßen, wenige Siedlungen; Schafhirten mit ihren Herden, lockeres Buschwerk aus genügsamen Tamarisken, die angepflanzt wurden, um die Ausbreitung der Wüsten einzudämmen.
"Ich heiße Rasul Shirzadi. Manchmal haben wir hier ausländische Passagiere im Zug, aus Deutschland, Holland. Die Stationen heute sind Varamin, Pishva, Garmsar, Firuzkuh, Pol-Sefid, Qaem-Schahr und zum Schluss Sari."
Bald nach der Abfahrt besucht uns Schaffner Rasul zum ersten Mal im Abteil. 38 Jahre alt ist der kompakte Mann mit den schwarzen Haaren und dem Schnurrbart, verheiratet, ein Kind. Die Augen hinter der modernen Brille mit Metallfassung sind ständig in Bewegung.
Ein fröhlicher Mann, der uns nach der Familie fragt, das Mikro inspiziert und uns für den Rest der Reise unter seine Fittiche nehmen wird. Er lässt es sich nicht nehmen, den Streckenverlauf zu erklären, und hat auch gleich etwas mitgebracht.
"Der Schaffner kam hier, und er wollte uns ja wirklich einladen zu einem kleinen Frühstück. Und er hat eine andere Person geholt, der Tee und alles zur Verfügung hatte. Ich hab ihm gesagt: bitte nicht, wir bezahlen selber. Er wollte freundlich uns einladen. Das ist so ein Frühstück, ganz normal, Tee, Brot, Käse und Butter. Und so was würde so 50.000 Rial, einen Euro kosten. Er geht ja durch alle Wagen und bietet das an. Ich denke, dieser Zug verfügt auch über ein Restaurant, wo man essen kann gegen Mittagszeit."
In den Waggons die Aura vergangener Zeiten
Wie ein Handtuch ist das dünne, breite Fladenbrot gefaltet und verpackt. Rasuls Kollege folgt ihm wie ein Schatten. Er trägt den großen blubbernden Wasserkessel, aus dem er, trotz des schwankenden Zugs, ohne zu kleckern heißen Tee in Plastikbecher füllt.
Es gibt zwei Arten von Waggons: Die Großraumwagen mit Bankreihen, auf denen, bunt gemischt, Frauen, mit und ohne Kinder, Männer und Familien sitzen - oder wenn es der Platz erlaubt auch ausgestreckt ruhen; viel Gepäck reist nicht mit. Und Wagen mit Abteilen wie unserem, denen man Herkunft und Alter ansieht. Blaue Kunststoffsitze, deren Federn der Allerwerteste spürt, Gepäckablagen aus Messing über dem Kopf, Schiebefenster, wie sie auch bei uns in der Vor-ICE-Zeit üblich waren. Die Abteiltüren aus geätztem Glas zeigen Liliendekors, die Fenster entlang dem Korridor fordern in Dänisch, Deutsch und Französisch dazu auf, sich nicht hinauszulehnen. Es ist eine charmante Aura von neunzig Jahren Gleisfron, die im Ächzen und Klappern des Zuges widerhallt. Man merkt auch wegen der geringen Reisegeschwindigkeit: Hier geht es nicht darum, zügig von A nach B zu kommen.
"Diejenigen, die diese Züge verwenden, sind normale Leute. Für sie ist nicht so die Zeit wichtig, dass sie unbedingt B innerhalb von vier Stunden erreichen. Sondern, ok, wir fahren mit einem Zug, und dann erleben wir etwas anderes. Im Grunde genommen kann man sagen, die Strecke, die wir heute fahren, von Teheran nach Sari, dauert mit dem Auto höchstens vier Stunden, aber mit diesem Zug sieben Stunden."
Ein Autobus braucht auf der gut ausgebauten Fernstraße durch den Elburs vier Stunden nach Sari, kostet aber auch dreimal so viel. Das Zugticket gibt es für 150.000 Rial, das sind drei Euro, ein Spottpreis für die 240 Kilometer lange Bahnstrecke.
Im Norden wird es grün
Ein Seitental öffnet dem Zug den Weg ins Elburs-Gebirge, das einen schmalen Streifen am Meer im Norden von über neunzig Prozent der restlichen Landesfläche abtrennt. Der Elburs, über 5.600 Meter hoch, ist eine Wetterbarriere. Wolken können ihn kaum überqueren. Der Norden ist feucht und grün, an den Südhängen ist es bleich und trocken. Je weiter sich der Zug bergauf windet, desto mehr Wasser taucht auf, erst in Rinnsalen, dann Bächen und Tümpeln, von Pappeln gesäumt. Kleine Siedlungen, an denen wir halten, manchmal steigt niemand ein, niemand aus. Schneefelder zeigen sich an den Hochlagen.
Beim Gang durch den Zug treffen wir in einem der hinteren Wagen auf eine große Gruppe junger Leute, Mädchen und Jungen. In einem vollen Abteil winken die acht Jungs, als sie uns sehen, sofort herein. Sie rücken dicht zusammen, damit wir uns setzen können. Die Mädchen drängen sich in die Abteiltür, im Korridor wird es eng. Sie machen Witze, alle lachen. Einer der Jungs greift zur Gitarre, die er auf den Knien hat und beginnt zu spielen.
Das erste Lied sei eine traditionelle Weise gewesen, sagt der 22-jährige Ramin, das zweite ein Popsong. Er erzählt, warum sie unterwegs nach Sari sind.
"Das ist ein medizinisches Seminar und gleichzeitig treffen sich künstlerisch und kulturell engagierter Studenten aus verschiedenen Hochschulen. Wir wollen uns auf einer Konferenz in Sari austauschen. Jede Uni hat ungefähr zwanzig Leute ausgewählt, Jungen und Mädchen. Insgesamt werden wir etwa tausend Leute sein. Alle so im Alter von 20 bis 25. Wir alle studieren etwas, das mit Medizin zu tun hat, Zahnarzt, Urologie. Aber bei dem Treffen geht es auch um Kunst, zum Beispiel Malerei oder Musik. Man trifft sich, hat Spaß. Und dann geht´s zurück, und jeder versucht, für sich etwas daraus zu ziehen. Außerdem gibt es dort Strände und das Meer, das wird wunderbar, so was haben wir bei uns nicht. Einige waren schon mal am Meer, ich zum Beispiel, für andere ist es das erste Mal. Fürs Baden ist es noch zu kalt, aber auf dem Sand zu laufen wird toll."
Eine ganze Weile sitzen wir noch zusammen. Von allen Seiten kommen Fragen. Und immer wieder: Wie es uns im Iran gefällt, was wir gesehen haben. Zum Schluss sagt einer der Studenten, er werde uns jetzt noch ein berühmtes iranisches Lied singen.
Morq-e sahar, "Vogel der Morgendämmerung", ist eine poetisch-politische Ballade, ein Protestsong gegen die Tyrannei. Der Dichter Malek o-Sho'arā Bahār schrieb sie zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Unter Reza Schah Pahlavi war die zweite Strophe, die verzweifelt die Unterdrückung anprangert, verboten. Das Lied ist bis heute auch bei der Jugend überaus populär.
Firuzkuh auf fast zweitausend Metern Höhe ist mit 40.000 Einwohnern die größte Stadt, in der wir auf dem Weg nach Sari halten. Und es ist der längste Halt, fast eine halbe Stunde. Hier wird die Lok gewechselt. Vor allem aber ist es die kleine Moschee mit direktem Zugang vom Bahnsteig, die die Gläubigen zum kurzen Gebet ruft; sie ist fester Bestandteil des täglichen Fahrplans. Danach geht es weiter.
Pässe auf fast 3.000 Metern
Das Restaurant hat zwar geschlossen, nicht aber die Küche. Rasul ist wieder bei uns, diesmal mit dem Lunch, den wir schon morgens bestellt hatten. Huhn, Tomaten und Reis aus der Mikrowelle, dazu Softdrinks. Und natürlich ist Rasuls Begleiter wieder mit von der Partie, diesmal mit Teebeuteln, Instant-Kaffee und seinem großen Wasserkessel. Rasul erzählt von sich.
"Seit zwei Jahren lerne ich Englisch, dafür kann man sich hier umsonst einschreiben. Ich habe aber keinen Abschluss. Mein Alltag sieht so aus: Der Zug fährt abends um sieben wieder nach Teheran. Ich gehe nach unserer Fahrt aber nach Hause. Es ist immer so: zwei Tage arbeiten, zwei Tage Urlaub. Ich wohne in Qaem Schahr, zwanzig Kilometer vor Sari."
Draußen herrscht inzwischen Alpenambiente. Bewaldete Hänge, sattgrüne Wiesen, Kühe, hier und dort ein Weiler. Beim Monte Gaduk liegt der höchste Pass auf 2.887 Metern. Nach einer der vielen Tunneldurchfahrten empfängt uns dichter Nebel. Viele Fahrgäste haben ihre Abteile verlassen, lehnen an den offenen Fenstern, lassen sich die ungewohnt kühle Luft um die Nase wehen, machen Selfies, blicken hinaus. Rasul wiegt den Kopf hin- und her. Bald kommt die Brücke bei Veresk.
Die Eisenbahnbrücke von Veresk ist im Iran berühmt. Sie liegt in einem Abschnitt, in dem der Zug über Kehren und Tunnel in kurzer Zeit zweitausend Höhenmeter hinab zum Kaspischen Meer überwindet. Die steinerne Bogenbrücke spannt sich hier über eine 110 Meter tiefe Schlucht. Es gibt die Anekdote, dass Reza Schah, als er sie 1936 einweihte, den österreichischen Architekten mitsamt seiner seine Familie unter der Veresk-Brücke platzieren ließ, bevor der erste Zug darüberfuhr. Eine Vertrauen schaffende Maßnahme für die Zuverlässigkeit des Bauwerkes, die Brücke und Architekt schadlos überstanden. Wir und die anderen Schaulustigen sehen leider nichts, als Rasul verkündet: jetzt kommt sie. Der Nebel hüllt alles in einen milchigen Mantel.
Eine fast familiäre Stimmung am Ende
Das tut der Stimmung keinen Abbruch. Die Reisenden sind nun fast alle auf dem Gang unseres Waggons. Draußen lichtet sich der Nebel, die Metamorphose eines Bahntages ist fast abgeschlossen. Die Wüste Teherans hat sich am Nachmittag in grüne Hügel, saftige Wiesen und die hyrcanischen Laubwälder an den Nordhängen des Elburs gewandelt. In dem Naturschutzgebiet leben Leoparden, Bären, Wölfe. In der Ebene franst die Bebauung aus - Häuser, Äcker, Siedlungen, Landstraßen, die erste Palme. Neben uns stehen die drei Mädchen des Nachbarabteils an den Fenstern. Blicke gehen hin- und her. Darf, sollte ein Mann eine unbekannte Frau im Iran ansprechen? Ehsan macht einen Witz auf Persisch. Lachen, wir kommen ins Gespräch.
Shaghayagh hält eine Keksschachtel hin und lächelt. Wir greifen zu und bieten Gummibärchen im Gegenzug an. Wenig später sitzen Shaghayagh, Yeganeh und Maryam bei uns im Abteil. Drei junge Frauen um die zwanzig im Tschador, zuerst vorne auf der Kante des Sofas, bald schon entspannt zurückgelehnt. Zwei studieren Medizin, eine macht eine Ausbildung zur Hebamme. Auch sie sind auf dem Weg zum Hochschulseminar in Sari. Ins Mikrofon sprechen möchten sie nicht, aber gerne plaudern, was uns in den Iran führt und darüber, was sie selbst machen.
Rasul schaut wieder herein mit seinem breiten Grinsen - und natürlich Tee. Gegen Ende ist unsere Reise durch den Nordiran eine Art Familienausflug geworden. Am sitzt zusammen, schaut gemeinsam aus dem Fenster, redet. Rasul zeigt uns im Vorbeifahren, wo er wohnt, weist auf Sehenswürdigkeiten hin, zeigt Handyfotos seiner Familie. Adressen werden ausgetauscht. Iraner, junge Leute sowieso, das lernen wir, ticken ganz ähnlich wie ihre Altersgenossen überall sonst in der Welt. Sie haben Smartphones, Telegram, Instagram, wollen Karriere, wollen ein gutes Leben, wollen reisen. Gleichzeitig gehen sie höflicher miteinander um, Fremden gegenüber sowieso. Maryam verschwindet kurz vor der Ankunft in Sari im Mädchenabteil. Als sie wiederkommt, hält sie ein hübsches, gelb-schwarzes Notizbuch in den Händen. Sie reicht es Shaghayagh, die schreibt etwas hinein, liest es dann vor und reicht es herüber als Geschenk.
"Es hat uns gefreut, Sie kennengelernt zu haben", übersetzt Ehsan, "wir hoffen, dass Sie hier bis jetzt eine schöne Zeit gehabt haben. Wir Iraner werden Sie immer mit vollem Herzen willkommen heißen und freuen uns darauf, uns um Sie kümmern zu dürfen".