Archiv

Durchbruch im Asylstreit
Union und SPD verständigen sich auf Kompromiss

Nach den wochenlangen Querelen über die Asylpolitik haben sich Union und SPD jetzt doch auf einen Kompromiss verständigt. Die Asylverfahren sollen verkürzt und ein Einwanderungsgesetzt auf den Weg gebracht werden. Nationale Alleingänge an der deutschen Außengrenze wird es nicht geben.

Von Katharina Hamberger |
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (M, CDU), Andrea Nahles (r), Fraktionsvorsitzende und SPD-Parteivorsitzende, und Olaf Scholz (SPD), Bundesminister der Finanzen, vor dem Koalitionsausschuss im Bundeskanzleramt.
    Koalitionsspitzen einigen sich auf einen Kompromiss in der Flüchtlingspolitik (dpa-Bildfunk / Arne Immanuel Bänsch)
    Aus den "Transitzentren", dem Kompromiss zwischen CDU und CSU, wurden nun im Koalitionsausschuss "Transitverfahren". Wer in einem anderen Land bereits einen Asylantrag gestellt hat, soll, sofern es mit diesem Land eine Vereinbarung gibt oder ein Abkommen, innerhalb von 48 Stunden dorthin abgeschoben werden. Um die Menschen bis dahin unterzubringen sollen bereits bestehende Einrichtungen in Grenznähe genutzt werden.
    Ursprünglich wollte die CSU eine Zurückweisung an der Grenze all der Menschen, die bereits in anderen EU-Ländern registriert worden sind. Nun geht es eben nur noch um diejenigen, die einen Asylantrag schon woanders gestellt haben, und damit voraussichtlich im Schnitt nur noch um fünf Personen pro Tag. Eine Zurückweisung nach Österreich findet zunächst auch nicht statt.
    Die Einigung zwischen Union und SPD sieht das zwar vor, wenn es kein Abkommen mit dem entsprechenden EU-Land gibt – allerdings nur nach einer Vereinbarung mit Österreich. Dass es diese geben wird, ist allerdings eher unwahrscheinlich. Das deutete sich bereits gestern, nach Seehofers Gesprächen mit der Österreichischen Regierung an. Die CSU sieht die Ergebnisse der vergangenen Tage dennoch als Erfolg an:
    "Die CSU ist beileibe nicht gescheitert. Ganz im Gegenteil! Die CSU hat sich in einem ganz zentralen Punkt durchgesetzt, nämlich dass in Zukunft die Personen unmittelbar zurückgewiesen werden können, die in einem anderen EU-Land bereits einen Asylantrag gestellt haben und dort auch ein Asylverfahren begonnen haben. Das war unsere zentrale Forderung und die ist jetzt Gegenstand des Asylkompromisses zwischen der CDU und der CSU und der SPD, und das ist durchaus ein Erfolg für die CSU", sagte CSU-Politiker Stephan Mayer Staatssekretär im Innenministerium dem Deutschlandfunk.
    Kritik der SPD
    Von Seiten der SPD wiederum kommt eine andere Einschätzung. Seehofer sei mit seiner Krawallpolitik vollständig gescheitert, meint SPD-Vize Ralf Stegner im ZDF.
    "Ich würde das gar nicht Kompromiss nennen sondern das ist wirklich so, dass dieser ganze politische Amoklauf, so muss man das ja betrachten, den Herr Seehofer und die CSU da veranstaltet haben, mit Ultimaten an die Kanzlerin mit öffentlichen Forderungen nach nationalen Alleingängen, all das wird es nicht geben, das brauchen wir auch überhaupt nicht, sondern die Dinge passieren im europäischen Rahmen, es gibt keine Alleingänge an den Grenzen, wir machen auch nicht mit beim Schäbigkeitswettbewerb gegen die Flüchtlinge, den die Rechtspopulisten in Europa veranstalten", so Stegner.
    Und SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil legt nach, stellt Seehofer als Innenminister in Frage: Dieser müsse sich die Frage gefallen lassen, ob er noch die Kraft und Autorität habe, um jetzt erfolgreich internationale Abkommen zu verhandeln, so Klingbeil. Seehofer muss nun unter anderem die schwierigen Verhandlungen mit Italien führen, hat aber auch schon angekündigt, dass er davon ausgeht, dass es am Ende Sache der Regierungschefs sein wird, schiebt damit also die Verantwortung wieder an Bundeskanzlerin Angela Merkel zurück.
    FDP lehnt Asyl-Kompromiss ab
    Auch die Opposition kritisiert Seehofer. So sagte FDP-Chef Christian Lindner im Interview der Woche im Deutschlandfunk, dass Sie am Sonntag um 11:05 Uhr in voller Länge hören können:
    "Ich hätte mir nicht vorstellen können, dass ein bürgerlicher Politiker mit Ultimaten, mit Fristen, mit Rücktrittsdrohungen arbeitet und, dass ihm so gleichgültig ist, was er mit Handschlag vereinbart hat."
    Auch vom Kompromiss zwischen Union und SPD hält der Fraktionschef der Liberalen wenig: "Es ist nichts", so Lindner im Deutschlandfunk. Und weiter: "Es wurde angekündigt als Wende in der Einwanderungspolitik und heraus kam ein noch ungeklärtes Verfahren, das Abkommen mit anderen Ländern benötigt. Das betrifft fünf bis zehn Personen am Tag plus das sattsam bekannte Schlagwort eines Einwanderungsgesetzes ohne, dass wir wissen, was dahinter steckt. Dafür eine Regierungskrise, dafür dieser Reputationsschaden der Regierung insgesamt, ich halte das für unverantwortlich".