Archiv


Durchhalteparolen und Krisenvokabular

Auch bei Europas Branchenprimus hat der Absatzrückgang tiefe Spuren hinterlassen. 2012 sei das schwächste Auto-Jahr seit zwei Jahrzehnten gewesen, so VW-Chef Martin Winterkorn auf der Hauptversammlung. Er schwor die Aktionäre auf trübere Zeiten ein.

Von Vanja Budde |
    Die Analysten sind sich einig: Das laufende Jahr wird für Volkswagen zur Bewährungsprobe. Nach Jahren des rasanten Wachstums wird Europas größter Autobauer beweisen müssen, dass er mit Rückschlägen fertig wird.

    Grund ist die Krise auf dem Heimatkontinent, wie auch Volkswagen-Chef Martin Winterkorn zu den Aktionären sagte:

    "Die Schuldenkrise in Europa sorgt unverändert für tiefe Verwerfungen. Für unsere Branche heißt das: 2012 war in Westeuropa das schwächste Autojahr seit über 20 Jahren. Und ein schnelles Comeback ist nicht in Sicht."

    Das erste Quartal 2013 hat die Aufholjagd von VW an die Weltspitze wie erwartet ausgebremst:

    Zwar stieg der Absatz leicht um knapp fünf Prozent und der Umsatz blieb mit 46,6 Milliarden Euro annähernd stabil.

    Doch der Betriebsgewinn ging im ersten Quartal um mehr als ein Viertel auf 2,3 Milliarden Euro zurück. Damit hinterlässt die Krise in Europa mittlerweile auch beim Giganten aus Wolfsburg tiefe Spuren in der Bilanz.

    Ministerpräsident Stephan Weil von Niedersachsen, das rund 20 Prozent der Anteile hält, reagierte gelassen auf die ersten Quartalszahlen, obwohl im März der Zuwachs der Auslieferungen mit 0,2 Prozent nur marginal ausgefallen war:

    "Das 2013 für die Automobilwirtschaft insgesamt ein schwieriges Jahr wird, ist bekannt, Volkswagen weltweit kann glaub ich zufrieden sein. Und jetzt schauen wir den Rest des Jahres uns an."

    Auch die in einer Messehalle in Hannover versammelten Kleinaktionäre reagierten entspannt auf die Bremse.

    "Das ist meistens im Anfang des Jahres. Deswegen bin ich gekommen: Um festzustellen, wie sind die Aussichten für das Jahr 2013, bis zum 31.12.? Für uns Aktionäre ist immer wichtig, dass unser Kapital sich entsprechend vermehrt."

    Die Dividende sollte nach Vorschlag des Vorstandes und des Aufsichtsrates auf 3 Euro 50 je Stammaktie und 3 Euro 56 je Vorzugsaktie steigen.
    Das sei in Ordnung, befanden Aktionäre:

    "Der Aktionär möchte vielleicht auch zehn Euro Dividende haben, dass ist nun mal so. Die Gier ist doch da, von unten wie von oben. Darum haben wir doch diese Weltwirtschaftskrise."

    Martin Winterkorns üppiges Gehalt war diesmal nur am Rande ein Thema für die Aktionäre:

    "Muss das so viel Geld sein' Bei 14 Millionen – da ist was nicht mehr richtig."

    Auch in den kommenden Monaten wird Volkswagen in schwierigem Gelände unterwegs sein. Vorstandschef Martin Winterkorn schwor die Aktionäre auf trübere Zeiten ein.

    "Die Verunsicherung der Verbraucher ist mit Händen zu greifen. Und die Märkte hier bleiben auf absehbare Zeit schwach."

    Dennoch halte Volkswagen an seinem Ziel fest, bis 2018 mit dann zehn Millionen verkauften Fahrzeugen an die Weltspitze zu rücken, betonte Winterkorn, wenn auch in den Nuancen seiner Formulierungen vorsichtiger als noch bei der Bilanzvorlage im März.

    "Wir werden mehr Fahrzeuge verkaufen als im Vorjahr, wir werden den Umsatz erneut steigern und wir setzen uns auch beim operativen Ergebnis das Ziel, wieder das hohe Vorjahresniveau zu erreichen."

    Das belief sich 2012 auf 11,5 Milliarden Euro. Worauf er seinen Optimismus gründet, ließ Winterkorn offen. Denn Experten glauben, dass die Pkw-Nachfrage im krisengeschüttelten Westeuropa frühestens 2015 überwunden sein wird. Die Aktionäre reagierten auf diese bescheidenen Aussichten unaufgeregt.

    "Andere Autokonzerne haben größere Probleme. VW steht noch ganz gut da, auch gerade in Asien, China, möchte ich sagen, dass dieser Konzern dort am besten aufgestellt ist."

    Wohl wahr: VW verkauft in China heute schon jedes dritte Auto. Auch die USA und Russland sind wichtige Wachstumsmärkte. Wenn Volkswagen die Belastungsprobe 2013 gut besteht, dann Dank der breiten internationalen Aufstellung des Konzerns.