Eine Militärübung im südchinesischen Meer. Das Staatsfernsehen zeigt Marine-Soldaten an modernen Waffen, neue Fregatten, neue Technologie. Dass China aufrüstet, ist nichts Neues. Neu ist, wenn überhaupt, der Nachdruck, mit dem die neue Führung ihre Ansprüche im südchinesischen Meer und im Konflikt mit Japan weiter im Osten verteidigt – und die fast täglichen Demonstrationen der Stärke vor Ort und in den Medien. Wer unter der neuen Führung von Xi Jinping versöhnlichere Töne erwartet hatte, liege falsch, sagt Stephanie Kleine Ahlbrandt von der International Crisis Group.
„Ich habe schon vor dem Führungswechsel immer gesagt, dass der Nationalismus eine noch größere Rolle spielen wird, wenn Xi Jinping die Macht übernimmt. Jede neue Führung muss ihre Macht konsolidieren und sie muss sich um ihre Legitimation zu Hause sorgen.“
Zu Hause türmen sich die Probleme genauso hoch auf wie vor dem Führungswechsel. Die Wirtschaft schwächelt, über Pläne für Wirtschaftsreformen wird zwar wild spekuliert, aber Konkretes gib es bislang nicht. Und viele Beobachter fragen sich, ob die neue Führung überhaupt genug Macht hat, um Veränderungen gegen die Interessen der mächtigen Staatskonzerne durchzudrücken.
Proteste nehmen dagegen zu. Im südchinesischen Kunming gingen Menschen tagelang wegen einer geplanten Chemiefabrik auf die Straße – im Internet werden Videos dazu sofort gelöscht. In Peking versammelten sich Tausende wütender Wanderarbeiter nach dem ungeklärten Tod einer jungen Frau. Die Behörden reagierten mit einem Großaufgebot von Polizei. Die Vorfälle zeigen die unterschwelligen Spannungen in der Gesellschaft – und den Vertrauensverlust in die Führung. Um die Menschen für die KP zurückzugewinnen, hatte Xi beim Amtsantritt mehr Gerechtigkeit versprochen und der Korruption den Kampf angesagt.
„Das Problem der Korruption unter Parteimitgliedern und Kadern, die Bestechlichkeit, das Problem, das viele den Kontakt zur Basis verloren haben, unnötige Bürokratie – all das muss angegangen werden. Die gesamte Partei muss wachsam sein.“
Aber bislang wurde vor allem viel geredet. Zwar wurde ein führender Wirtschaftsplaner der mächtigen Entwicklungs- und Reformkommission unter Korruptionsverdacht gefeuert. Aber der versprochene Kampf gegen „Fliegen“ und „Tiger“, also gegen kleine und hochrangige korrupte Funktionäre sei das noch nicht, moniert der ehemalige Spitzenkader Bao Tong, einer der schärfsten Kritiker der Partei, der seit 17 Jahren mitten in Peking quasi unter Hausarrest steht, ab und zu aber mit ausländischen Journalisten sprechen darf.
„Wenn sie nur gegen einen ‚Tiger‘ und eine ‚Fliege‘ vorgehen, behebt das ja nicht das Grundproblem des Systems“, sagt der 80-Jährige. „Selbst wenn sie gegen 1000 ‚Fliegen‘ und 1000 ‚Tiger‘ vorgehen, wird es hunderttausend neue ‚Fliegen‘ und eine Million neue ‚Tiger‘ geben. Wenn sie keine Kontrolle durch das Volk zulassen, sind diese Anti-Korruptionskampagnen wenig glaubwürdig.“
Zumal die Behörden gegen Aktivisten vorgegangen sind, die gefordert hatten, dass die Führungsspitze ihren eigenen Reichtum und ihre Einnahmen öffentlich machen sollte. Einer der Leitfiguren dieser Bewegung droht jetzt eine Anklage wegen Untergrabung der Staatsgewalt. Die Aussichten auf Reformen seien daher dünn, klagt Bao Tong.
„In Zukunft wird sich die Partei nur reformieren, wenn es gewaltigen Druck aus dem Volk und der Gesellschaft gibt. Wenn die Partei und der Staat merken, dass sie ohne Reformen untergehen werden, dann werden sie Reformen einleiten.“
Aber so weit ist es noch nicht. Die chinesische Führung versucht weiter, mit Zensur und Kontrolle öffentliche Debatten zu lenken oder ganz zu unterbinden – wie jetzt bei den Umweltprotesten in Kunming. Gleichzeitig versucht Xi Jinping mit dem Schlagwort vom Chinesischen Traum das Bild einer mächtigen aufstrebenden Nation zu beschwören – auch das ein gefährlicher Rückgriff auf den Nationalismus, sagten Kritiker. Kollektive Träume seien gefährlich, sagen sie. Und die Träume der meisten Chinesen seien ehrlich gesagt ganz einfach: Saubere Luft, sichere Jobs und mehr Meinungsfreiheit.
„Ich habe schon vor dem Führungswechsel immer gesagt, dass der Nationalismus eine noch größere Rolle spielen wird, wenn Xi Jinping die Macht übernimmt. Jede neue Führung muss ihre Macht konsolidieren und sie muss sich um ihre Legitimation zu Hause sorgen.“
Zu Hause türmen sich die Probleme genauso hoch auf wie vor dem Führungswechsel. Die Wirtschaft schwächelt, über Pläne für Wirtschaftsreformen wird zwar wild spekuliert, aber Konkretes gib es bislang nicht. Und viele Beobachter fragen sich, ob die neue Führung überhaupt genug Macht hat, um Veränderungen gegen die Interessen der mächtigen Staatskonzerne durchzudrücken.
Proteste nehmen dagegen zu. Im südchinesischen Kunming gingen Menschen tagelang wegen einer geplanten Chemiefabrik auf die Straße – im Internet werden Videos dazu sofort gelöscht. In Peking versammelten sich Tausende wütender Wanderarbeiter nach dem ungeklärten Tod einer jungen Frau. Die Behörden reagierten mit einem Großaufgebot von Polizei. Die Vorfälle zeigen die unterschwelligen Spannungen in der Gesellschaft – und den Vertrauensverlust in die Führung. Um die Menschen für die KP zurückzugewinnen, hatte Xi beim Amtsantritt mehr Gerechtigkeit versprochen und der Korruption den Kampf angesagt.
„Das Problem der Korruption unter Parteimitgliedern und Kadern, die Bestechlichkeit, das Problem, das viele den Kontakt zur Basis verloren haben, unnötige Bürokratie – all das muss angegangen werden. Die gesamte Partei muss wachsam sein.“
Aber bislang wurde vor allem viel geredet. Zwar wurde ein führender Wirtschaftsplaner der mächtigen Entwicklungs- und Reformkommission unter Korruptionsverdacht gefeuert. Aber der versprochene Kampf gegen „Fliegen“ und „Tiger“, also gegen kleine und hochrangige korrupte Funktionäre sei das noch nicht, moniert der ehemalige Spitzenkader Bao Tong, einer der schärfsten Kritiker der Partei, der seit 17 Jahren mitten in Peking quasi unter Hausarrest steht, ab und zu aber mit ausländischen Journalisten sprechen darf.
„Wenn sie nur gegen einen ‚Tiger‘ und eine ‚Fliege‘ vorgehen, behebt das ja nicht das Grundproblem des Systems“, sagt der 80-Jährige. „Selbst wenn sie gegen 1000 ‚Fliegen‘ und 1000 ‚Tiger‘ vorgehen, wird es hunderttausend neue ‚Fliegen‘ und eine Million neue ‚Tiger‘ geben. Wenn sie keine Kontrolle durch das Volk zulassen, sind diese Anti-Korruptionskampagnen wenig glaubwürdig.“
Zumal die Behörden gegen Aktivisten vorgegangen sind, die gefordert hatten, dass die Führungsspitze ihren eigenen Reichtum und ihre Einnahmen öffentlich machen sollte. Einer der Leitfiguren dieser Bewegung droht jetzt eine Anklage wegen Untergrabung der Staatsgewalt. Die Aussichten auf Reformen seien daher dünn, klagt Bao Tong.
„In Zukunft wird sich die Partei nur reformieren, wenn es gewaltigen Druck aus dem Volk und der Gesellschaft gibt. Wenn die Partei und der Staat merken, dass sie ohne Reformen untergehen werden, dann werden sie Reformen einleiten.“
Aber so weit ist es noch nicht. Die chinesische Führung versucht weiter, mit Zensur und Kontrolle öffentliche Debatten zu lenken oder ganz zu unterbinden – wie jetzt bei den Umweltprotesten in Kunming. Gleichzeitig versucht Xi Jinping mit dem Schlagwort vom Chinesischen Traum das Bild einer mächtigen aufstrebenden Nation zu beschwören – auch das ein gefährlicher Rückgriff auf den Nationalismus, sagten Kritiker. Kollektive Träume seien gefährlich, sagen sie. Und die Träume der meisten Chinesen seien ehrlich gesagt ganz einfach: Saubere Luft, sichere Jobs und mehr Meinungsfreiheit.