Das Ziel der Bundesregierung ist ambitioniert und ganz im Interesse der Autoindustrie: Bis 2030 sollen auf den deutschen Straßen 15 Millionen E-Autos fahren. Ein Mittel dafür war der Umweltbonus, eine staatliche Förderung in Höhe von mehreren Tausend Euro. Diese konnten Unternehmen und Privatpersonen beim Kauf von elektronisch angetriebenen Pkw beantragen. Doch mit der Prämie, die seit 2016 ausgezahlt wurde, war am 17. Dezember 2023 Schluss. Nur einen Tag zuvor hatte das Bundeswirtschaftsministerium das Ende verkündet.
Warum wird über das Aus für den Umweltbonus diskutiert?
Der Bundesregierung fehlt Geld, neue Kredite kann und will sie nicht aufnehmen. Am 15. November 2023 hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass der Nachtragshaushalt von 2021 verfassungswidrig ist.
Davon betroffen war auch der Klima- und Transformationsfonds (KTF), ein Prestigeprojekt der Ampelkoalition. Wegen des Karlsruher Urteils, verbunden mit dem Festhalten an der seit 2009 im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse, entschied die Regierung, 17 Milliarden Euro im Bundeshaushalt 2024 zu kürzen.
Am 1. Dezember stellten Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und seine beiden Vizes, Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP), gegenüber der Presse vor, auf was sich die drei Männer geeinigt hatten: Gestrichen werden soll unter anderem bei den Gas- und Strompreisbremsen, Investitionen bei der Bahn oder der Solarförderung. Es sollen aber auch Subventionen für die Landwirtschaft wegfallen und kurzfristig die Kaufprämie für E-Autos.
In den Tagen nach dem Regierungsbeschluss zielte die Kritik auf die befürchteten Belastungen der Bürger und Verbraucher wegen steigender Energiepreise sowie den Kürzungen im Sozialbereich ab. In der Woche vor Weihnachten hat sich die Debatte nun verlagert: Zum einen protestierten Landwirte in Berlin gegen die Regierungspläne, zum anderen wird über das Aus für den Umweltbonus diskutiert.
Was sagt die Regierung und was sagen ihre Kritiker?
Vertreter der Bundesregierung haben die Entscheidung zum Ende des Umweltbonus gegen Kritik verteidigt. So sagt Finanzminister Christian Lindner (FDP) am 17. Dezember 2023, es habe keine „Fördergarantie“ gegeben. Es sei klar gewesen, „wenn das Geld weg ist, ist es weg“.
Dagegen ruderte SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese kurz danach ein Stück weit zurück. Er wolle den Kompromiss der Koalitionsspitzen im Bundestag noch einmal nachverhandeln. Dabei geht es vor allem um das abrupte Ende der Kaufprämie für E-Autos und die Steuervergünstigung bei Agrardiesel für Landwirte. Wiese räumte zudem ein, dass die Entscheidungen bei vielen Menschen einen Vertrauensverlust auslöse.
Diesen hob auch der Verband der Automobilindustrie (VDA) hervor. VDA-Präsidentin Hildegard Müller beklagte am 18. Dezember einen Vertrauensverlust der Verbraucherinnen und Verbraucher in die Politik. Die Kunden hätten beim Kauf ihres Fahrzeuges mit dem Bonus gerechnet.
Ähnliche äußerte sich CDU-Politiker Andreas Jung am 17. Dezember gegenüber der Rheinischen Post. Künftig würden sich Menschen dreimal überlegen, ob sie „in Erwartung bestehender Förderung eine Investition in Klimaschutz tätigt“.
Immer wieder stand auch der Umweltbonus selbst in der Kritik: Dieser sei für Wohlhabende, die sich Neuwagen leisten könnten, hieß es etwa vom Verkehrsclub Deutschland (VCD). Auch der ADAC äußerte Zweifel, denn die zu hohe Förderung belaste den Staatshaushalt.
Umweltverbände wie die Deutsche Umwelthilfe fordern, statt Kaufanreize zu schaffen, sollten Fahrzeuge mit einem hohen CO2-Ausstoß auch höher besteuert werden.
Wie geht es mit E-Autos in Deutschland weiter?
Noch ist unklar, wie sich das Ende des Umweltbonus auf den Verkauf von E-Autos auswirken wird. Es könnte zu einem Rückgang bei den Verkäufen kommen. Der emeritierte Betriebswirtschaftsprofessor Ferdinand Dudenhöffer vom „Center Automotive Research“ warnte davor, dass „die Elektromobilität in Deutschland auf die Standspur“ gerate. Vermutlich würden 200.000 E-Fahrzeuge weniger verkauft werden.
Doch es gibt auch Faktoren, die den Anteil von E-Autos auf den Straßen positiv beeinflussen könnten. So hat die Europäische Union im September entschieden, dass ab 2035 keine neuen Benzin- und Dieselfahrzeuge mehr verkauft werden dürfen. Ausnahmen gibt es für mit E-Fuels betriebene Verbrenner. Fast alle europäischen Automobilkonzerne haben eine breite Auswahl an E-Autos in ihrem Programm und investieren in neue Produktionslinien.
Außerdem haben Autokonzerne die Werbechance erkannt, die im Aus des Umweltbonus liegt: Mehrere Unternehmen haben angekündigt, beim Kauf eines neuen E-Autos bis Ende des Jahres den staatlichen Anteil der Prämie für Privatpersonen zu übernehmen .
Weiterhin unangetastet bleiben die Vorteile des E-Autos bei der Kfz-Steuer. Fahrzeuge mit rein elektronischem Antrieb sind zehn Jahre von der Steuer befreit. Die Regelung soll noch bis Ende 2030 gelten.
Was war der Umweltbonus?
Der Umweltbonus, der zum 18. Dezember 2023 beendet wurde, war ein Förderprogramm der Bundesregierung für den Kauf oder das Leasing von E-Autos. Der Zuschuss wurde sowohl vom Staat wie auch vom Hersteller anteilig bezahlt. Seit 2016 konnte die Prämie beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) beantragt werden. Dies ging aber erst mit der Zulassung des Autos. Bis 2023 konnten auch Hybridautos bezuschusst werden. Ursprünglich sollte die Förderung von E-Autos mit einer gesenkten Prämie erst Ende 2024 auslaufen.
Bis zum 1. Dezember sind laut BAFA über 2,2 Millionen Anträge für den Umweltbonus gestellt worden. Davon waren gut 1,4 Millionen reine Elektrofahrzeuge, wie das BAFA aufschlüsselt. Davon profitierten nicht zuletzt deutsche Unternehmen: Volkswagen und Mercedes Benz stehen ganz oben auf der Liste der Hersteller, deren Fahrzeuge gefördert wurden. Die meisten Anträge wurden von mit gut einer Million von Unternehmen und mit knapp einer Million von Privatpersonen gestellt.
Möglich war beim Kauf eines Neuwagens mit Elektroantrieb ein Zuschuss von bis zu 6.750 Euro. Die Kosten für die Förderung waren hoch: Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums wurden über den Umweltbonus seit 2016 insgesamt etwa zehn Milliarden Euro für rund 2,1 Millionen Elektrofahrzeuge ausgezahlt.
rzr