Verbrenner-Aus
Welche Rolle E-Fuels spielen könnten

Das EU-Parlament hat dem Ende des Verbrennungsmotors ab 2035 sein Ja erteilt. Die Mitgliedsstaaten haben den Beschluss aber noch nicht bestätigt. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) drängt auf eine Ausnahme für mit E-Fuels betriebene Autos.

22.03.2023
    Synthetischer Diesel am Flughafen Stuttgart
    Eine Tankstelle für synthetischen Diesel gibt es bereits auf dem Flughafen Stuttgart. (picture alliance / Sebastian Gollnow/dpa )
    Eigentlich hatten sich die EU-Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament bereits Ende Oktober 2022 darauf verständigt, dass ab 2035 in der EU keine neuen Benziner oder Diesel-Autos mehr zugelassen werden dürfen. Eine für Anfang März 2023 vorgesehene Bestätigung des Deals durch die EU-Staaten wurde wegen Nachforderungen Deutschlands jedoch abgesagt. Weil auch Italien, Bulgarien und Polen das Verbrennerverbot ablehnen, hätte es ohne die deutsche Zustimmung nicht die nötige Mehrheit für das Gesetz gegeben.
    Der deutsche Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) drängt weiter auf eine Ausnahmeregelung für Fahrzeuge, die mit sogenannten E-Fuels, also synthetischen Kraftstoffen, betrieben werden können. Die Grünen wiederum lehnen das ab. Ausnahmen soll es nach ihrer Ansicht nur für Nutzfahrzeuge wie die der Feuerwehr oder für Krankenwagen geben.

    Wie ist der Stand der Verhandlungen beim Verbrenner-Aus ab 2035?

    Vom Jahr 2035 an sollen in der EU eigentlich keine Pkw und leichten Nutzfahrzeuge mehr neu zugelassen werden, die mit Diesel oder Benzin fahren. Autos, die vorher zugelassen wurden, sind ab 2035 aber nicht verboten. Mit dem Verbrenner-Verbot setzt die EU stark auf Elektromobilität. Unklar ist noch, ob und wie Autos, die mit klimaneutralen synthetischen Kraftstoffen fahren – sogenannten E-Fuels – nach 2035 weiter zugelassen werden dürfen.
    Im fertig verhandelten Gesetzestext, dem auch das europäische Parlament bereits zugestimmt hat, heißt es, dass Autos und Minivans von 2035 an im laufenden Betrieb kein CO2 mehr ausstoßen dürfen. Eine Ausnahme für E-Fuels gibt es im Text nicht. Es ist allerdings vorgesehen, dass die EU-Kommission einen Vorschlag machen wird, wie eine Regelung für Fahrzeuge außerhalb der sogenannten Flottengrenzwerte aussehen könnte, für die es Ausnahmen geben soll. Bisher hat man darunter etwa Polizei-, Feuerwehrautos und Krankenwagen verstanden. Ob nun auch mit E-Fuels betriebene Fahrzeuge in diese Kategorie aufgenommen werden können, darüber besteht in Brüssel Uneinigkeit.
    Aus dem Bundesverkehrsministerium unter der Führung von Volker Wissing (FDP) heißt es, man sei im engen Austausch mit der Kommission, um eine Lösung zu finden, die einen verlässlichen Weg aufzeige, wie Pkw mit Verbrennungsmotor auch nach 2035 neu zugelassen werden könnten, sofern sie nur mit E-Fuels betrieben werden. Im Gespräch sind dabei auch technische Lösungen, die sicherstellen sollen, dass diese Fahrzeuge dann nicht mit Benzin oder Diesel fahren können.

    Was sind E-Fuels?

    E-Fuels sind synthetisch hergestellte Kraftstoffe, die mit Hilfe von erneuerbaren Energien hergestellt werden. Der zentrale Unterschied zu konventionellen Kraftstoffen ist, dass bei ihrer Herstellung bereits in der Luft vorhandenes CO2 eingefangen und gebunden wird. Somit wird beim Verbrennen von E-Fuels keine neues CO2 freigesetzt, sondern nur solches, das ohnehin schon vorher in der Atmosphäre war.
    Für E-Fuels wird Wasserstoff mit CO2 aus der Luft zu einem Kohlenwasserstoff und damit zum Grundbaustein von flüssigen Kraftstoffen synthetisiert. Werden bei der Gewinnung des Wasserstoffs erneuerbare Energien verwendet, sind E-Fuels in der Gesamtbetrachtung CO2-neutral*.

    Welche Position vertritt die FDP beim Verbrenner?

    Die in Deutschland mitregierende FDP verlangt, dass nach 2035 auch Pkw und Transporter zugelassen werden können, die mit E-Fuels angetrieben werden. Bundesverkehrsminister Volker Wissing hatte dementsprechend vor einer erneuten Abstimmung der EU-Mitgliedsstaaten über das Aus für Neuwagen mit Verbrennermotoren ab 2035 mit einem Veto gedroht. Die Entscheidung wurde dann auf unbestimmte Zeit verschoben. Im Dlf-Interview sagte Wissing, es sei wichtig, jede Form klimaneutraler Mobilität zuzulassen. Am Ende entscheide der Markt, welche Technologie sich durchsetze.
    Nach einer Kabinettsklausur im brandenburgischen Meseberg (06.03.2023) zeigte sich der FDP-Politiker aber optimistisch, im Streit über das geplante EU-Aus für Autos mit Verbrennungsmotor eine Lösung zu finden. Man sei auf gutem Wege, sagte er. Brüssel wisse seit Monaten, dass die Frage beantwortet werden müsse, wie man nach 2035 mit Verbrennern umgehe, die synthetische Kraftstoffe nutzten. Die Bundesregierung wolle nicht Probleme in die Zukunft verlagern, sondern Lösungen, bekräftigte Wissing.
    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte bereits zuvor erklärt, die Regierung wolle es möglich machen, "dass nach 2035 auch Pkw zugelassen werden können mit CO2-neutralen Technologien, mit E-Fuels". Das wurde so explizit offenbar nicht in die Aufforderung an die Kommission hineingeschrieben.

    Welche Argumente sprechen gegen E-Fuels für Pkw?

    Zwar ist das Aus für Verbrenner beschlossene Sache, aber mit E-Fuels wird noch ein Hintertürchen offengehalten. Das sorgt für Ungewissheiten in der Autobranche und bei den Zulieferern. Dass die Bundesregierung das im Herbst 2022 eigentlich beschlossene Verbrenner-Aus nachverhandelt, stößt in der Wirtschaft auf Kritik. "Die Unternehmen in der EU brauchen Klarheit und ehrgeizige Rechtsvorschriften", heißt in einem Brief Dutzender Unternehmen wie Ford, Volvo und Vattenfall an EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen.
    Die Produktion von E-Fuels ist extrem stromintensiv. Soll der synthetische Kraftstoff wirklich klimaneutral sein, dann muss dieser Strom aus erneuerbaren Energien kommen - Strom, der auch direkt in ein Elektroauto fließen könnte. Mit der gleichen Menge Strom kann ein Elektroauto etwa viermal weiter fahren als ein Verbrenner, der E-Fuels nutzt, erklärt Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management.
    Im Labor liege der Preis für E-Fuels aktuell bei vier bis fünf Euro für einen Liter. Es gebe die Hoffnung, die Kosten durch industrielle Produktion deutlich zu senken, eines sei aber jetzt schon klar: „E-Fuels werden immer deutlich teurer sein, als ein Fahrzeug mit normalen Strom zu betanken.“ E-Fuels seien im Straßenverkehr daher ökonomisch nicht sinnvoll. Sie könnten aber im Flugverkehr und in der Schifffahrt Bedeutung bekommen, denn hier seien elektrische Antriebe nicht gut einsetzbar.

    Was spricht für E-Fuels?

    Autos haben eine sehr lange Lebensdauer. Wird beispielsweise ein Auto mit Verbrennungsmotor 2034 gekauft, könnte es durchaus bis 2050 oder noch länger in Betrieb sein. An der Stelle könnten E-Fuels eine Rolle spielen, da sie klimaneutral den weiteren Betrieb von Verbrennern ermöglichen.
    Dieses Argument hat allerdings auch einen Haken: Eigentlich möchte die Politik die Menschen ja dazu anregen, Elektroautos zu kaufen. Die Hoffnung auf E-Fuels sollte also nicht dazu führen, dass dann doch viele Verbraucher bis 2034 weiter Verbrenner kaufen und fahren.
    Ein weiterer Grund, auch nach 2035 auf E-Fuels zu setzen, ist, dass auch der Umstieg auf Elektromobilität alles andere als einfach ist. Zum einem entsteht durch den Bau vieler Millionen E-Autos ein immenser Bedarf an seltenen Erden – beispielsweise Lithium für die Herstellung leistungsstarker Batterien.
    Zum anderen muss die gesamte Infrastruktur und die Art, wie Autos getankt werden, umgestellt werden. Dieser Um- und Ausbau von Tank- und Ladestellen ist aufwendig und braucht Zeit. Verbrenner, die mit E-Fuels betrieben werden, können dabei als eine Art Übergangstechnologie dienen.
    (Quellen: Deutschlandfunk, Holger Beckmann, Carolin Born, Manuel Waltz)
    *Hier wurde eine Konkretisierung vorgenommen.