Archiv

E-Scooter in Prag
Fortschritt oder Plage?

Was den meisten deutschen Metropolen noch bevorsteht, ist in Prag seit einem guten halben Jahr schon Praxis: Die E-Scooter prägen zunehmend das Stadtbild. Tretroller mit Elektromotor, von Einheimischen wie Touristen entdeckt und genutzt. Allerdings ist es kein reines Vergnügen.

Von Peter Lange |
Leider liegt für dieses Bild keine Bildbeschreibung vor
E-Scooter gehören in der tschechischen Hauptstadt zum Alltag (ARD-Prag / Peter Lange)
Prag im Stadtteil Podoli morgens um 8. An der Straßenbahn-Haltestelle Branik, direkt an der Moldau, stehen ordentlich aufgereiht mehrere Elektro-Roller. Besonders jüngere Leute fahren von hier aus mit den Rollern in die Innenstadt. Einer von ihnen ist Jan, 35 Jahre alt, von Beruf Techniker.
"Ich benutze die Elektroroller gern, das ist eine gute Sache. Hier steht man morgens oft im Stau. Wenn ich schnell in die Stadt will, dann ist der Roller für mich ideal. Einfach die App klicken, dann auf den Roller und schon geht es los."
Seit Ende September vergangenen Jahres haben die E-Scooter Prag erobert. Damals hat die Stadt mit vier Anbietern ein Memorandum unterzeichnet, in dem die Bedingungen und Auflagen festgelegt sind. Inzwischen erfreuen sie sich bei Einheimischen und Touristen steigender Beliebtheit.
Wer setzt die vereinbarten Regeln durch und wer ahndet Verstöße?
Jan Gehsteige: "Die Strecke hier an der Moldau ist super. Aber wenn man weiter in die Stadt fährt, gibt es keine Radwege mehr. Auf den Straßen zwischen den Autos ist es aber zu gefährlich. Deshalb fahr ich dort auf den Gehwegen."
Was aber verboten ist und theoretisch mit 80 Euro Buße geahndet wird. E-Scooter sind den Fahrrädern gleichgestellt und dürfen nur auf der Straße gefahren werden. Es ist nicht die einzige Regel, die missachtet wird. Adam Scheinherr, stellvertretender Oberbürgermeister und Verkehrsstadtrat, sieht denn die Einführung der E-Scooter heute mit gemischten Gefühlen. Positiv sei, dass die Roller ohne Emissionen auskommen. Aber das Negative überwiege:
"Ich sehe zwei wichtige negative Punkte: Erstens: Die Elektroroller fahren mit bis zu 25 km/h häufig auf Gehsteigen unter Fußgängern. Und zweitens: Sie werden dann irgendwo abgelegt, oft im denkmalgeschützten Raum von Prag. Und häufig liegen sie dann so im Weg, dass sie sehbehinderten Menschen Probleme bereiten."
Aber nun sind die Roller da, und man muss irgendwie mit ihnen und ihren Benutzern umgehen. Schwerwiegende Unfälle hat es wohl noch nicht gegeben, aber eine extra Statistik wird auch nicht geführt. Die entscheidende Frage bleibt: Wer setzt die vereinbarten Regeln durch und wer ahndet Verstöße?
Scheinherr: "Leider hat unsere Polizei nicht genügend Kapazitäten, um diesen Problemen nachzugehen. Und was den Gesetzgeber angeht: Weder das Gewerbegesetz noch die Markt-Ordnung gibt der Stadt eine Möglichkeit, diese Dienste zu regulieren."
Konflikte und Reibereien
Im einen oder anderen Stadtbezirk wird bereits darüber nachgedacht, die Elektroroller zu verbieten, wie seinerzeit die Segways. Denn auch die Anbieter hielten sich nicht an Verabredungen. Eigentlich sollen die Scooter abends eingesammelt, aufgeladen und morgens wieder an festgelegten Plätzen aufgestellt werden. Auch das funktioniert wohl nicht zuverlässig.
Verkehrsstadtrat Adam Scheinherr hält von Verboten nichts: "Wir bemühen uns mit den Betreibern zu vereinbaren, das sie ihre Kunden bestmöglichst informieren. Und sie haben tatsächlich die Regeln an die Elektroroller geklebt. Aber selbstverständlich ist der Betreiber nicht für die Fehler der Nutzer verantwortlich."
Die E-Scooter werden also wohl weiter zum Stadtbild von Prag gehören. Konflikte und Reibereien im alltäglichen Kampf der Verkehrsträger um den öffentlichen Raum sind allerdings eingepreist.