Mit den kalten Augen der Statistik betrachtet ist Ebola noch immer eine recht begrenzte Krankheit. Es gibt zwar eine noch nie dagewesene Zahl von geschätzt 20.000 Infizierten, doch die Bevölkerung in den drei Ursprungsländern zählt 20 Millionen. Trotzdem betrifft der Ausbruch schon die gesamte Gesellschaft berichtet Maximilian Gertler von "Ärzte ohne Grenzen" aus eigener Erfahrung. Normale Krankheiten können nicht mehr behandelt werden, Felder liegen brach, die Wirtschaft bricht zusammen. Es herrscht Angst.
"Das zerstört soziale Bindungen und Strukturen in vielen Regionen, wo die Epidemie grassiert. Es gibt ein großes Leiden jenseits des unmittelbaren Todes durch die Erkrankung."
Deshalb ist es so wichtig zu verstehen, wie es zu diesem Ausbruch kommen konnte. Schon im April ist Fabian Leendertz nach Guinea gefahren. Eigentlich untersucht der Tierarzt vom Robert-Koch-Institut in der nahe gelegenen Elfenbeinküste, welche gefährlichen Mikroorganismen unerkannt im Urwald zirkulieren. Doch Ebola war das drängendere Problem. Der Ausbruch begann bei einem zweijährigen Jungen in dem kleinen Dorf Meliandou.
"Da haben wir dann zehn Tage verbracht. Und da waren die Leute sehr freundlich, sehr aufgeschlossen und haben gesagt: Ja wir wollen selber wissen, wo das herkommt, wir wollen nicht, dass das noch mal passiert. Und die haben mit uns die Forschung betrieben."
In Zentralafrika geht Ebola Ausbrüchen häufig eine Epidemie unter Menschenaffen voraus. Deshalb hatte Leendertz auch erfahrene Ökologen aus Guinea in seinem Team.
"Die laufen durch den Urwald und zählen Spuren und so weiter von den Tiere. Also was ich sagen kann, ist dass wir jetzt nicht über massenweise tote Affen gestolpert sind und dass wahrscheinlich die Affen keine große Rolle spielen."
Der Verdacht richtete sich deshalb auf Flughunde und Fledermäuse, die eine Vielzahl von Viren verbreiten. Eine Anthropologin befragte die Dorfbewohner und stellte fest: Flughunde stehen häufig auf der Speisekarte.
Leendertz: "Während des Kokosnüsse pflücken, wenn da ein paar Flughunde dazwischen hängen, dann werden die auch mit der Machete runtergeholt und dann eben auch natürlich mit bloßen Händen zubereitet. Also jede Menge Blut-Blut Kontaktmöglichkeiten."
Auslöser wird sich wohl nicht ermitteln lassen
Also fing auch Fabian Leendertz Flughunde in feinen Netzen. Zur Verblüffung der Bewohner in Meliandou in aufwändiger Schutzausrüstung. Die Proben werden immer noch untersucht, aber es spricht viel dafür, dass die Flughunde Ebola verbreiten können - wenn auch nur sehr selten. An der nahe gelegenen Elfenbeinküste kam es zu einem Ausbruch unter Schimpansen und es ist auch gut möglich, dass frühere, kleine Ausbrüche einfach nicht registriert wurden. In Guinea ist auch kaum noch Urwald übrig. Die Flughunde mussten sich an neue Lebensbedingungen anpassen, so sind sie vielleicht näher an den Menschen gerückt. Was genau passiert ist, wird sich nie klären lassen, der kleine Junge hatte wohl einfach Pech und mit ihm das ganze Dorf.
"Es ist ein ziemlich kleines Dorf und Ebola ist so grausam, dass es eben ganze Familien auslöscht. Das heißt in Meliandou stehen jetzt drei Häuser komplett leer, die Familien sind einfach verschwunden und die restlichen 40 Häuser sind noch belebt."
Das Virus war nicht mehr zu bremsen, die Menschen in Guinea sind sehr mobil, flitzen mit Motorradtaxis zu ihren Verwandten die eben auch in Liberia oder Sierra Leone leben.
"Diese Epidemie, die wir sehen, die ist eine schreckliche humanitäre Katastrophe aber ich bin felsenfest davon überzeugt, das die Menschheit in der Lage ist, die Verbreitung dieses Virus zu stoppen. Wir haben die Mittel wir müssen endlich mehr Mut fassen, sie noch breiter einzusetzen."
Es geht um die bewährten Methoden, sagt Maximilian Gertler von Ärzte ohne Grenzen: Patienten isolieren, unterstützen und ihre Kontakte überwachen. Werden diese Maßnahmen konsequent umgesetzt, wird auch dieser Ausbruch enden. Damit es dann möglichst nicht zu einer weiteren Ebola Epidemie kommt, müssen die Einsichten von Fabian Leendertz auch vor Ort verbreitet werden. Flughundsuppe sollte nicht mehr als Delikatesse gelten.
"Ich glaube das ist der ein wichtiger Weg bei der Vorbeugung solcher Epidemien. So wie wir hier, in Europa mit den Fledermäusen leben und wissen, in der Schule lernen wir das schon oder als kleines Kind, Fledermäuse nicht anfassen die haben Tollwut. Dieses Wissen sollte man versuchen in die Menschen frühzeitig hinein zu bekommen."