Es ist bewundernswert. Mitten im Chaos der Ebola-Epidemie in Westafrika fanden die Ärzte und Pfleger noch Zeit und Kraft, neue Medikamente nicht nur so gut es eben ging einzusetzen: Sie sammelten systematisch Daten um zu klären, was die Wirkstoffe tatsächlich taugen. Diese Woche wurden erste Ergebnisse zu dem Antikörperpräparat ZMapp bei einer Konferenz in Boston vorgestellt. Ursprünglich wollte Richard Davey vom Nationalen Institut für Allergien und Infektionskrankheiten der USA, Daten zu 200 Patienten auswerten.
"Das Schicksal beendete den Ausbruch glücklicherweise Anfang 2016. Wir konnten nur 72 Patienten auswerten. Das Ergebnis ist deshalb statistisch noch nicht gesichert. Man muss seine Adjektive sorgfältig wählen. Die Daten zeigen einen Trend hin zu einem Nutzen von ZMapp."
Konkret starben in der Kontrollgruppe 13 Personen, in der ZMapp-Gruppe gab es acht Todesfälle. Es könnte also sein, dass der künstliche Antikörper die Sterblichkeit um etwa ein Drittel senkt.
Auch japanische Grippemedikamente helfen
"Leider konnte bis jetzt keine Therapie gefunden werden, die bei dem Ebolavirus noch wirksamer ist. Wenn es morgen zu einem neuen Ausbruch kommen würde, hätten wir nur wenige Optionen."
Annick Antierens hat von Brüssel aus die Ebolastudien in den Behandlungszentren von Ärzte ohne Grenzen koordiniert. Am besten belegt ist die Wirkung des japanischen Grippemedikamentes Favipiravir. Gegenüber den Antikörpern hat es mehrere Vorteile: Es kann als Pille gegeben werden. Als vergleichsweise kleines Molekül erreicht es auch die Verstecke des Virus im Körper. Vor allem aber hat es eine breitere Wirkung, während Antikörper nur jeweils einen bestimmten Ebola-Subtyp angehen können.
Allerdings wirkt das Grippemedikament vor allem zu Beginn der Ebola Infektion, das scheint bei dem Antikörper ZMapp ähnlich zu sein. Weitere Wirkstoffe werden also dringend benötigt. Nancy Sullivan, ebenfalls vom Nationalen Institut für Allergien und Infektionskrankheiten, ist davon überzeugt, dass sich die effektivsten Antikörper im Blut von Ebola Überlebenden finden sollten. Konkret untersucht hat sie das Blut eines Mannes, der den Ebola-Ausbruch im Jahr 1995 erlebt hatte.
"Wir haben ihn ausgewählt weil er sehr schwer erkrankt war. Er lag drei Wochen in der Klinik und ist fast gestorben. Dass er am Ende überlebte zeigt, seine Immunreaktion muss sehr stark gewesen sein."
Der Antikörper verhindert, dass das Virus sein Ziel erreicht
Noch heute bildet der Mann Antikörper, die das Ebola-Virus sehr fest binden, und Zellen vor einer Infektion schützen. Nancy Sullivan hat mehrere dieser Antikörper isoliert und in größeren Menge produziert. Dabei fiel ihr besonders Antikörper Nummer 114 ins Auge.
"Der ist etwas Besonderes. Das Ebolavirus ist sehr raffiniert, es versteckt sich unter einer Zuckerhülle. Das Immunsystem kann es kaum sehen. Dieser Antikörper bindet trotz der Zuckerhülle und verhindert, dass das Virus sein Ziel im Inneren der Zelle erreicht."
Dadurch kann das Ebola Virus sein Erbgut nicht übertragen. Das Virus vermehrt sich nicht und löst deshalb auch keine schwere Krankheit aus. Das zeigen Experimente mit Rhesusaffen.
"Wir haben die Affen infiziert, fünf Tage später erhielten sie diesen einen Antikörper und die Tiere waren komplett geschützt. Die Kontrolltiere starben nach neun Tagen. Die Behandlung startete also erst nach über der Hälfte des Krankheitsverlaufes und trotzdem konnte sie alle Affen schützen."
Ebenso wichtig: ein effektives Gesundheitssystem
Die Sicherheit des neuen Antikörpers 114 wird als nächstes in gesunden Versuchspersonen getestet, dann muss ein Hersteller für weitere Studien gefunden werden. Der nächste Ebolaausbruch wird kommen. Bis dahin sind die Ärzte und Forscher hoffentlich bereit, den Antikörper und andere neue Ebolamedikamente mit Studien in der Praxis zu erproben. Um dieses besonders aggressive Virus effektiv zu bekämpfen, braucht es viele unterschiedliche Medikamente und mehrere Impfstoffe.
Noch wichtiger ist ein effektives Gesundheitssystem, dass möglicherweise Infizierte Menschen schnell isoliert um die Ausbreitung zu stoppen. In diesem Zusammenhang, so Annick Antierens von Ärzte ohne Grenzen, spielen Medikamente eine wichtige Rolle, auch wenn sie nur teilweise wirksame.
"Sie bringen die Menschen in die Behandlungszentren Weil es dort eine Therapie gibt, die die Überlebenschancen erhöht, die ihre Familie schützt. Die Leute kommen früher und das heißt, es gibt weniger weitere Infektionen und weniger Tote.