Silke Hahne: Frau Degen, worum geht es denn bei dem WHO-Treffen?
Marieke Degen: Es wird darüber diskutiert, welche Impfstoffe und Medikamente gibt es überhaupt. Was weiß man darüber? Also, am Menschen sind die meisten noch nicht getestet worden. Was weiß man aus Tierversuchen? Welche Risiken könnte es geben? Dann wird geschaut, wie viel von den Wirkstoffen überhaupt zur Verfügung steht und wie sie vor Ort praktisch eingesetzt werden könnten. Dann wird eben diskutiert, wie könnten solche Studien aussehen, in deren Rahmen die Medikamente ja zum Beispiel auf ihre Wirksamkeit auch überprüft werden müssen.
Hahne: Über eines der Medikamente haben wir hinweisen schon öfter berichtet: ZMapp. Damit sind ja sogar schon einige Helfer behandelt worden. Was gibt es denn noch für Medikamente?
Degen: Ja, es gibt eine ganze Handvoll Kandidaten, die auch alle ganz unterschiedliche Ansatzpunkte haben. Es gibt Mittel, mit denen ganz gezielt Ebola-Viren bekämpft werden sollen. Dazu zählt ZMapp, dann gibt es noch ein anderes Medikament, das schon relativ weit in der Entwicklung ist, das heißt Tekmira Ebola. Dann gibt es Mittel, die generell gegen Viren helfen. Zum Beispiel ein Grippemedikament aus Japan, oder Interferone, die das Immunsystem anheizen. Worüber man aber auch nachdenkt, das sind so genannte Rekonvaleszenz-Seren. Das sind Seren von Menschen, die Ebola überlebt haben. Damit könnte man vielleicht auch die Kranken behandeln. Also insgesamt sind das sehr unterschiedlichen Ansätze. Aber was ganz wichtig ist: Man weiß wirklich nicht, wie gut diese Mittel gegen Ebola wirken, vor allem auch, welchen Nebenwirkungen sie haben. Und ein anderes Problem ist, dass viele der Mittel gar nicht so schnell zu Verfügung stehen, dass sie erst noch produziert werden müssen.
Impfstoffentwicklung wird vorangetrieben
Hahne: Wie sieht es denn bei den Impfstoffen aus?
Degen: Da wird die Entwicklung richtig vorangetrieben im Moment. Es gibt zwei Kandidaten, die jetzt schon am Menschen getestet werden - zuerst in den USA, später auch in Afrika. Das sind erst einmal reine Sicherheitsstudien. Aber diese Sicherheitsstudien sind ganz, ganz wichtig. Es muss nämlich klar sein, dass die Impfstoffe sicher sind, bevor sie eingesetzt werden. Denn so ein Impfstoff ist ja für Menschen gedacht, die noch gesund sind, und die dürfen natürlich keinem Risiko ausgesetzt werden.
Hahne: Wann könnte denn ein Impfstoff für Westafrika frühestens zur Verfügung stehen?
Degen: Also frühestens Ende 2014 oder Anfang 2015, wenn alles gut geht, also wenn der Impfstoff sicher ist und wenn die Probanden auch genug Antikörper gebildet haben nach der Impfung. Wie gut der Impfstoff dann wirklich vor Ebola schützt, das kann man wirklich nur feststellen, wenn er im Ausbruchsgebiet eingesetzt wird.
Hahne: Wie viel Hoffnung werden auf diese experimentellen Medikamente und Impfstoffe jetzt gesetzt? Könnten sie den Ausbruch tatsächlich stoppen?
Degen: Also eines ist ganz klar: Das wichtigste sind im Moment immer noch die herkömmlichen Schutzmaßnahmen. Also dass man die infizierten überhaupt einmal aufspürt, dass sie in Quarantäne kommen, dass sie behandelt werden, dass man die Kontaktpersonen eben auch überwacht. Mit solchen Maßnahmen kann man Ebola eigentlich ganz gut eindämmen. Aber mittlerweile ist der Ausbruch einfach so groß, und es wird immer schwieriger, diese Maßnahmen durchzusetzen. Und deswegen ist es eben auch wichtig, diese Impfstoffe und Medikamente voranzutreiben, damit man zusätzliche Optionen hat, auch für kommende Ausbrüche. Aber selbst, wenn dann ein Impfstoff oder Medikamente gefunden wird, es wird Monate dauern, bis die breit eingesetzt werden können. Also dieser Ausbruch in Westafrika, der ist leider noch lange nicht vorbei.