Archiv

Ebola-Epidemie
"Ich bin kein großes Risiko"

Manfred Rink lebt und arbeitet in Freetown, der Hauptstadt Sierra Leones - und einem der "Hotspots von Ebola", wie er selbst sagt. Im DLF beschreibt der Entwicklungshelfer seinen Alltag zwischen Sorge und dem Versuch, zu helfen. Und seine Gedanken vor dem bevorstehenden Urlaub in Deutschland.

Manfred Rink im Gespräch mit Dirk Müller |
    Ein Transparent in Sierra Leone warnt die Menschen vor dem Ebola-Virus.
    Ein Transparent in Sierra Leone warnt die Menschen vor dem Ebola-Virus. (AFP / Carl de Souza)
    Er habe keine Angst, sagte Manfred Rink im Deutschlandfunk, lebe aber "in Sorge" und versuche so gut wie möglich aufzupassen, sich nicht zu infizieren. Das soziale Leben in Sierra Leone habe sich seit dem Ausbruch der Ebola-Epidemie sehr verändert. So versuche er, ohne Körperkontakte zu leben. "Kein Händeschütteln, keine Umarmungen."
    Sein Arbeitgeber habe ihm schon vor Monaten angeboten, das Land zu verlassen. Doch er habe sich entschieden zu bleiben, sagt der Koordinator des Zivilen Friedensdienst in Freetown. Es gebe noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten, und viel davon könne er von zuhause aus erledigen.
    Ende des Monats will Rink in Deutschland Urlaub machen. Obwohl er "ziemlich sicher" sei, sich nicht infiziert zu haben, habe er zuletzt viel darüber nachgedacht. "Ich denke, ich bin kein großes Risiko."

    Das Interview in voller Länge:
    Dirk Müller: Blicken wir kurz nach Amerika, in die USA. Eine Laborangestellte, die offenbar mit den Proben des gestorbenen Ebola-Patienten Thomas Eric Duncan gearbeitet hat, reist auf einem vollbesetzten Kreuzfahrtschiff durch die Karibik. Ist sie infiziert? - Blicken wir nach Westafrika, dort wo Ebola sich immer schneller verbreitet. Fast zehntausend infizierte Menschen, die sich mit dem Virus angesteckt haben, über 4500 sind bereits gestorben. Die Länder mit der größten Infektionsgefahr sind Liberia, Guinea und auch Sierra Leona. Manfred Rink, Sozialarbeiter, Koordinator für den Zivilen Friedensdienst, ist in Freetown in Sierra Leone, einem der Zentren der Ebola-Epidemie. Guten Morgen nach Freetown.
    Manfred Rink: Guten Morgen, Herr Müller.
    Müller: Herr Rink, wissen Sie genau, wie nahe Sie Ebola kommen?
    Rink: Ich lebe in Freetown. Das ist die Hauptstadt von Sierra Leone. Freetown ist momentan eines der sogenannten Hotspots von Ebola. Wir haben seit gestern über 800 Infizierte an Ebola in der Stadt. Also ich bin im Prinzip mittendrin, ja.
    Müller: Haben Sie Angst?
    Rink: Nein, ich habe keine Angst. Ich bin sehr in Sorge, ja, aber Angst habe ich nicht. Ich persönlich versuche, so gut wie möglich aufzupassen, dass ich mich nicht infiziere. Aber ich habe keine Angst, nein.
    Müller: Erzählen Sie uns in Deutschland, was das heißt: Sie passen auf, Sie sind vorsichtig. Was heißt das im Alltag?
    Rink: Das Leben, das soziale Leben in Sierra Leone hat sich in den letzten Monaten seit Ausbruch von Ebola sehr geändert. Das hört sich vielleicht komisch an für Sie, aber ich versuche, ohne Körperkontakte zu leben: keine Hände schütteln, keine Umarmungen. Wenn irgendetwas passiert, ich versuche, mir sofort die Hände zu waschen. Wenn ich in der Stadt angefasst werde zum Beispiel, beabsichtigt oder unbeabsichtigt, gehe ich irgendwo hin, wo ich mir mit Chlorin, mit Chlor oder mit einer antibakteriellen Seife die Hände wasche zum Beispiel.
    "So viel körperliche Distanz wie möglich"
    Müller: Sie versuchen also, Abstand zu halten, die Hygienemaßnahmen einzuhalten im Rahmen der Möglichkeiten. Halten Sie Abstand allen Menschen gegenüber?
    Rink: Es ist ja im Prinzip nicht möglich, sich von allem zu distanzieren, körperlich Abstand zu halten. Aber so weit wie es geht ja.
    Müller: Und das geht im Alltag? Das geht auch mit Ihren beruflichen Notwendigkeiten?
    Rink: Na ja, ich arbeite. Die Arbeitsgemeinschaft für Entwicklungshilfe, das ist der Träger, für den ich hier in Sierra Leone arbeite, hat vor Monaten schon allen Fachkräften angeboten, dass sie ausreisen können. Die meisten haben das genutzt; ich habe mich entschieden, hier zu bleiben, weil wir eigentlich gerade jetzt auch eine Menge Arbeit haben. Wir machen Projekte, Programme zur Ebola-Aufklärung. Wir machen sehr viel Radioprogramme auch und da ist es natürlich so, dass es ohne Körperkontakte auch läuft. Ich arbeite sehr viel von Zuhause aus. Ich gehe zu den Treffen, die wir haben. Es ist schon möglich, das Leben entsprechend umzustellen, dass es funktionieren kann.
    Müller: Sie haben sich entschieden, haben Sie gerade gesagt, zu bleiben. Auf der anderen Seite, wenn ich das richtig verstanden habe, haben Sie schon Pläne, in den kommenden Wochen zurück nach Deutschland zu kommen.
    Rink: Ja. Ich fliege in den Urlaub zurück. Ende des Monats werde ich für einen Monat nach Deutschland kommen zum Urlaub.
    Ebola-Patienten und Ärzte in einem Ärzte ohne Grenzen-Camp in Kailahun, Sierra Leone
    Ebola-Patienten und Ärzte in einem Ärzte ohne Grenzen-Camp in Kailahun, Sierra Leone (CARL DE SOUZA / AFP)
    Trotz Tests bleibt ein Restrisiko
    Müller: Und dann erwarten Sie komplette körperliche Kontrollen, beispielsweise an den Flughäfen. Das wird ja im Moment diskutiert. Wie konsequent, wie umfassend darf das, kann das überhaupt passieren, wie kann das gemanagt werden aus Ihrer Sicht? Wie soll das laufen?
    Rink: Es ist nicht möglich, alle, die aus Sierra Leone oder Liberia oder aus Guinea rausfliegen, auf Ebola zu überprüfen. Das ist technisch überhaupt nicht möglich. Was gemacht wird ist, dass bestimmte Symptome getestet werden. An den Flughäfen hier in Sierra Leone wird mehrmals die Körpertemperatur getestet, weil Fieber ist eines der Ebola-Symptome, die fast immer auftreten, und das kann man testen. Das ist aber nur ein Teil im Prinzip, der getestet werden kann. Es ist nicht möglich, Kompletttests durchzuführen. Von daher bleibt immer eine Art Restrisiko.
    Müller: Das wollte ich Sie gerade fragen. Das heißt, wenn Sie nach Deutschland kommen, wann auch immer, in einigen Wochen, dann sind Sie ein Risiko?
    Rink: Bitte?
    Müller: Wenn Sie nach Deutschland kommen, sind Sie ein Risiko?
    Rink: Ich denke darüber nach. Ich denke momentan wirklich auch darüber nach, wie soll ich mich verhalten, wenn ich nach Deutschland komme. Ich denke, ich bin kein Risiko oder kein großes Risiko, weil ich mich sehr vorsichtig verhalten habe hier, und ich bin mir sehr sicher, dass ich mich nicht infiziert habe. Es ist ja eine Inkubationszeit zwischen zwei und 21 Tagen. Vielleicht werde ich die ersten zwei oder drei Wochen mich etwas distanzierter verhalten. Aber ich glaube nicht, dass ich infiziert bin. Ich glaube auch nicht, dass ich ein Risiko bin, obwohl es besteht immer eine Art Restrisiko, vor allen Dingen für diese Inkubationszeit von bis zu drei Wochen.
    Müller: Danke an Manfred Rink, danke nach Freetown in Sierra Leone für dieses Gespräch. Ihnen alles Gute.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.