Ein Mann sitzt allein auf dem Bürgersteig in seinem eigenen Blut, an einer Taxihaltestelle in Liberias Hauptstadt Monrovia. Eine aufgeregte Menge beobachtet ihn aus einiger Entfernung. Denn der Mann übergibt sich, spuckt noch mehr Blut, schaut sich um, Panik in den Augen. Selbst wenn jetzt Hilfe für ihn käme – sie käme zu spät.
Jeden Tag komme es zu solchen Szenen, berichtet Caroline Bowah, Projektkoordinatorin der Organisation Medica Mondiale in Monrovia, der ARD:
"Manche Leute wollen sich ja selbst einliefern, weil sie Ebola-Symptome bei sich feststellen. Aber weil es keine Krankenwagen gibt, fahren sie mit Privatautos oder mit dem Sammeltaxi zum Krankenhaus – dabei infizieren sie noch mehr Menschen. Im Krankenhaus werden sie dann abgewiesen, weil es die Isolierstationen fehlen und weil es keine Betten gibt! Wir haben das gerade erlebt, vor dem größten Hospital in Monrovia, da hat man Leute in ihrem Taxi eingesperrt, als klar war, dass sie infiziert sind – und das bei der Hitze! Ein Kranker hat sich dann aus dem Auto befreit und sich übergeben."
Kritik an gescheitertem Krisen-Mangement
Caroline Bowah hat selbst schon Freunde durch Ebola verloren, Lehrer, Mitarbeiter der Kirche. Ihre Kinder lässt sie nicht mehr aus dem Haus, sie ist tief enttäuscht von den Politikern ihres Landes, verurteilt das gescheiterte Krisenmanagement, kritisiert die Weltgemeinschaft, die dem Sterben in ihrem Land bislang so gut wie tatenlos zusieht. Fakt ist: Die Zahl der Neuinfektionen steigt besonders in Liberia schneller, als Hilfe überhaupt nachkommen kann. Nach wie vor müssen überforderte Helfer oft mit Gartenhandschuhen und Skibrillen zu Werke gehen, unter der extra eingerichteten landesweiten Notfallnummer, unter der Ebola-Fälle gemeldet werden sollen, ist niemand zu erreichen, es fehlt an Aufklärung, an Präventionsmaßnahmen für die wenigen Counties im Südosten des Landes, die noch nicht betroffen sind. Caroline Bowah von Medica Mondiale sagt: Die Existenz des Landes stehe auf dem Spiel.
"Das ist die große Gefahr! Schon jetzt haben viele Menschen das Land verlassen, wenn sie konnten, oder sie sind an Ebola gestorben. Menschen, die wir hier dringend brauchen! Lehrer, Ärzte, Krankenschwestern, Geschäftsleute. Die Bauern gehen nicht mehr auf ihre Felder, die Nahrungsmittel werden knapp. Außerdem rutschen wir zurück in unser altes Trauma: Dieses Land hat ja versucht, diesen furchtbaren Bürgerkrieg zu verarbeiten, der uns 14 Jahre lang gelähmt hat – wir wollten wieder auf die Beine zu kommen. Jetzt fühlt es sich wieder an wie damals im Krieg. Und wenn uns niemand hilft, werden wir im Bodenlosen versinken."
Waisen durch Ebola
Die Folgen der Ebola-Tragödie zeigen sich auch im Nachbarland Sierra Leone. Auch dort wütet das Virus, weit über 500 bestätigte Fälle gibt es, weniger als in Liberia, aber es könnten wesentlich mehr werden, fürchtet die Weltgesundheitsorganisation WHO.
In der Hauptstadt Freetown werden schon Lastwagen vom Bau eingesetzt, um Leichensäcke zu transportieren, nach Angaben der Deutschen Welthungerhilfe ist auch in Sierra Leone die medizinische Versorgung „auf Null". Nahrungsmittel könnten bald knapp werden, nicht nur, weil Ernten nicht mehr eingefahren werden, sondern auch weil die Landesgrenzen gesperrt sind - weil viele Airlines die betroffenen Staaten nicht mehr anfliegen. Rosina Mahoi vom Kinderhilfswerk UNICEF macht sich große Sorgen, besonders um die Landbevölkerung:
Rosina Mahoi:
Rosina Mahoi:
Es ist eine riesige Herausforderung für uns. Die Leute hier sind ja schon sehr arm, und mit diesem Ausbruch von Ebola wird es für die Familien noch schwerer, zu überleben!
Ums Überleben kämpfen schon die ganz Kleinen – und oft verlieren sie diesen Kampf gegen Ebola, bevor sie richtig laufen können. Oder sie verlieren ihre Eltern. Hunderte solcher Fälle gibt es laut UNICEF schon in Sierra Leone. Fälle wie Lansana Kamara, 17 Monate alt. Mit großen, angstvollen Augen sitzt er auf dem Schoß von Zimmermann Abubakar, vor einer Hütte in Kailahun, tief im Osten von Sierra Leone. Abubakar kümmert sich um das Baby. Vor drei Wochen wurde Lansana zum Ebola-Waisenkind.
Ums Überleben kämpfen schon die ganz Kleinen – und oft verlieren sie diesen Kampf gegen Ebola, bevor sie richtig laufen können. Oder sie verlieren ihre Eltern. Hunderte solcher Fälle gibt es laut UNICEF schon in Sierra Leone. Fälle wie Lansana Kamara, 17 Monate alt. Mit großen, angstvollen Augen sitzt er auf dem Schoß von Zimmermann Abubakar, vor einer Hütte in Kailahun, tief im Osten von Sierra Leone. Abubakar kümmert sich um das Baby. Vor drei Wochen wurde Lansana zum Ebola-Waisenkind.
"Er tat mir so leid, sagt der Zimmermann Abubakar, Lansanas ganze Familie ist tot, seine Mutter, sein Vater. Ich muss jetzt für ihn da sein. Ich kenne die Gefahren, aber ich habe keine Angst, mich anzustecken. Er vermisst seine Eltern – wenn ich ihn eine Minute allein lasse, fängt er an zu weinen. Aber langsam gewöhnt er sich an mich – er nennt mich sogar Papa. "