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Ebola-Impfung
Erste klinische Hürde genommen

Medizin. - Die Ebola-Epidemie in Westafrika ist der größte Ausbruch der Viruserkrankung seit der Entdeckung des Erregers. Seit diesem Frühjahr sind mindestens 5500 Menschen an Ebola gestorben. Fieberhaft wird an Impfstoffen geforscht, damit diese möglicherweise noch rechtzeitig zur Bekämpfung der Seuche verfügbar sind. Heute wurde erste Ergebnisse zu einem von zwei Impfstoffen im "New England Journal of Medicine" veröffentlicht. Die Wissenschaftsjournalistin Franziska Badenschier berichtet im Gespräch mit Monika Seynsche.

Franziska Badenschier im Gespräch mit Monika Seynsche |
    Monika Seynsche: Frau Badenschier, worum ging es in dieser Studie?
    Franziska Badenschier: Es geht um den Impfstoff, der von dem Pharma-Unternehmen GlaxoSmithKline entwickelt wurde in Zusammenarbeit mit dem US-amerikanischen Institut für Allergien und infektiöse Erkrankungen. Der ist bei Primaten schon sehr erfolgreich getestet worden und jetzt hat man erstmals geprüft, ob der auch bei Menschen wirklich sicher ist. Dazu hat man 20 Menschen in den USA eine Spritze in den Muskel der Schulter gegeben, und diese 20 Menschen haben es alle gut vertragen. Zwei haben Fieber bekommen, einer sogar fast 40 Grad Celsius, aber mit einem Medikament konnte man das senken und nach einem Tag war wieder alles gut. Und was auch wichtig ist an der Studie, die jetzt gerade veröffentlicht wurde, ist: Man hat gesehen, fast alle Versuchsteilnehmer haben Antikörper gegen das Ebola-Virus hergestellt, auch die Immunzellen haben reagiert. Sprich, das Immunsystem dieser Probanden wappnet sich wirklich gegen Ebola.
    Seynsche: Das klingt ja erst einmal ganz gut. Gibt es ein "aber"?
    Durchbruch steht noch aus
    Badenschier: Es gibt sogar mehrere "aber". Man muss erst immer vorsichtig sein. Die Forscher schreiben selbst im Titel ihrer Fachpublikation, es ist ein vorläufiger Bericht. In den Medien heute ist ein bisschen von "Durchbruch" und "Sensation" die Rede. Das klingt so, als ob man einen Impfstoff gefunden habe, den man morgen allen Menschen irgendwie impfen könne, und übermorgen ist die ganze Welt vor Ebola geschützt. Das ist nicht so. Also hier hat man noch gar nicht nachgewiesen, ob oder inwiefern der Impfstoff wirklich wirkt, also wirklich Menschen vor Ebola geschützt sind. Es ging erst einmal nur um die Sicherheit. Wenn ein Impfstoff nicht sicher ist, braucht man die Wirksamkeit auch gar nicht erst in Studien ausprobieren und testen.
    Seynsche: Es gab, haben Sie eben gesagt, bei zwei Patienten oder bei zwei von diesen Probanden ist Fieber aufgetreten. Ist das denn wirklich sicher, der Impfstoff?
    Badenschier: Man kennt das ja von anderen Schutzimpfungen, also Grippe oder ähnlichem. Da geht durchaus mal die Temperatur hoch, man hat auch mal Schmerzen, dort, wo die Spritze gesetzt wurde. Das sind aber keine schwerwiegenden Nebenwirkungen. Insofern ist der Impfstoff sehr sicher. Das Problem bei Ebola ist jetzt allerdings, Fieber ist ja eines der zentralen Symptome. Gerade vor Ort, jetzt aktuell in Westafrika, wäre es jetzt so: Wenn jemand eine Impfung bekommt und zwei Tage später Fieber entwickelt, muss man sich fragen, ist das eine Reaktion auf die Impfung, oder ist es so, dass der Patient, der Mensch sich einfach Tage vorher mit dem Ebola-Virus infiziert hat und jetzt gerade krank wird und das Fieber eigentlich ein Symptom der Krankheit ist, keine Reaktion auf die Impfung.
    Seynsche: Und wie will man das klären?
    Badenschier: Es wird weitere Studien geben. Im Januar zum Beispiel beginnt man mit diesem Impfstoff von GlaxoSmithKline ungefähr 15.000 Menschen zu impfen in Liberia und Sierra Leone. Und dann wird man sehen, was da sich tut.
    Bislang nur Sicherheit des Impfstoffs getestet
    Seynsche: Welche anderen Einschränkungen gibt es denn zu dieser Erfolgsmeldung? Sie sagten, es gäbe mehrere "aber"?
    Badenschier: Genau. Man hat auch festgestellt, also man hat zwei verschiedene Dosierungen getestet. Und man hat gesehen, bei jenen Versuchsteilnehmern, die die geringere Dosierung bekommen haben, dass da das Immunsystem schwächer reagiert. Das bedeutet: wenn man jetzt diesen Impfstoff herstellt, man hat ja nur gewisse Kapazitäten, und man muss den Menschen dann die höhere Dosierung geben, dann können insgesamt halt einfach weniger Menschen geimpft werden. Und was man auch noch gesehen hat: Der aktuelle Impfstoff, der getestet wurde, das war gegen zwei Stämme. In Westafrika ist ein Virus Stamm von Ebola gerade virulent, und wenn man ein Stamm in dem Impfstoff hat, lässt er sich einfach schneller herstellen. Und man beeilt sich ja gerade mit dieser Impfstoffentwicklung so sehr, weil man den Impfstoff jetzt noch in der aktuellen Epidemie in Westafrika einsetzen möchte.
    Seynsche: Es ist sicher nicht der einzige Impfstoff, der getestet wird. Es laufen in Hamburg auch noch andere Tests mit einem anderen Impfstoff. Wie weit ist man da?
    Badenschier: Die Wissenschaftler in Hamburg sind in einer ähnlichen Situation. Auch da führt man gerade eine sogenannte Phase-I-Studie durch, also man nimmt gesunde Menschen, testet erst einmal wie sicher ist der Stoff, wird er gut vertragen und ob das Immunsystem ganz prinzipiell ein Schutz aufbaut. Und der Stand der Dinge ist: Zehn von 30 geplanten Versuchsteilnehmern wurden in den vergangenen Tagen geimpft, und in einer ganz aktuellen Mitteilung heißt es: bisher wurde der Impfstoff gut vertragen und es gab auch keine unerwarteten Ereignissen. Und die ersten Zwischenergebnis aus Hamburg sollen Anfang 2015 kommen.