"Das Echo der Zeit ist schon seine Art Insitution."
"Wir versuchen, den Menschen, unseren Hörerinnen und Hörern, die Welt nach Hause zu bringen."
"Und ich denke, da die Sendezeit zu beschneiden oder uns abzuschaffen - das würde keinem Chef in den Sinn kommen."
Das Rauschen im oft aufgeregten Radio-Äther kann dem "Echo der Zeit" offenbar nichts anhaben - keine andere Sendung im deutschsprachigen Raum ist älter. Auch im Schweizer Rundfunk kommen und gehen Sendungen, doch das Flaggschiff des Deutschschweizer Radios sticht allabendlich seit 1945 in See.
"Radio SRF - Echo der Zeit. Mit Simone Hulliger" Die 42-Jährige ist eine der Moderatorinnen der Sendung und erst seit neun Monaten dabei. Kein Job wie jeder andere, sagt die Frau mit den wachen Augen. Gerade in einer Zeit, in der die Grenzen zwischen Fakten und "Fake News" drohen zu verschwimmen. "Wir haben den Anspruch, unseren Hörerinnen und Hörern ein Ort zu sein, wo sie sich darauf verlassen können, dass hier keine 'Fake News' gesendet werden. Und dass wir dem gerecht werden, das ist jeder Tag unser Ziel."
Großes Vertrauen
Ein Ziel, das das "Echo der Zeit" immer für sich beansprucht hat. An der Grundidee hat sich wenig geändert: Die Sendung will mehr liefern als Informationshäppchen. Die Macher wollen die Welt erklären. Damals wie heute geht es um Zusammenhänge und nicht darum, jeder aktuellen Meldung hinterherzuhecheln. Für Redaktionsleiter Beat Soltermann ist das Lust und Last zugleich: "Manchmal habe ich auch etwas Bammel, gebe ich ehrlich zu. Dann denke ich: Wir müssen die Qualität produzieren, wir dürfen sie auch produzieren."
Qualität trauen die Schweizer der Sendung zu - in einer Umfrage erhielt sie die besten Noten aller untersuchten Medien. Vielleicht auch, weil das "Echo der Zeit" einfach schon so lange besteht. Die erste Sendung von 1945 steht ganz im Zeichen des jungen Friedens in Europa - sie widmet sich der Landung der Alliierten ein Jahr zuvor. Eine Aufnahme ist nicht erhalten. Doch die zweite Ausgabe der Sendung vermittelt einen Eindruck, wie grundsätzlich die Themen damals waren. Ein Reporter berichtet aus Rom: "Italien steht heute an der Schwelle zur Demokratie. Die Schwierigkeiten mit denen es zu kämpfen hat, sind die einer jeden Geburt."
Es klingt wie aus der Zeit gefallen
Doch auch das Echo der Zeit hatte eine durchaus schwierige Geburt. Eine Zangengeburt, so beschreibt es Hanspeter Gschwend. Denn, so sagt es der langjährige Redakteur des Schweizer Rundfunks, die Macher der ersten Stunde, waren skeptisch. "Die zuständigen Mitarbeiter fanden zuerst, sie hätten gar nicht genügend Stoff, um jeden Tag eine Aktualitätensendung zu machen. Zur Sicherheit hatte man sich vorgenommen, falls nicht genügend Aktualität zur Verfügung stehen würde, Unterhaltungsmusik zu spielen."
Soweit ist es freilich nie gekommen - es gab immer genug zu berichten und zu erzählen: Eine knappe Dreiviertelstunde in der Woche, am Wochenende 30 Minuten. Keine Musik, praktisch keine Elemente moderner Format-Radios. Dazu eine unaufgeregte Sprache, so sehr sich die Welt auch ändern mag, wie am 11.September 2001. "Es begann um 9.00 Uhr amerikanischer Zeit, um 15.00 Uhr Schweizer Zeit, als das unfassbare passierte. Nämlich, dass ein Flugzeug in einen der beiden World-Trade-Center hineingeflogen wurde."
Die Sendung mag für junge Ohren ein bisschen wie aus der Zeit gefallen klingen, doch täglich hören fast 700.000 Menschen zu. Bei knapp vier Millionen Einwohnern in der deutschsprachigen Schweiz eine beachtliche Anzahl.
Hoher Anspruch
Bei der morgendlichen Redaktionskonferenz im Berner Funkhaus geht es ebenso ruhig zu. Die Themen des Tages werden besprochen, Ideen geboren und geprüft. Manche schaffen es in die Sendung, andere Themen werden verworfen. Hier arbeitet ein eingespieltes Team, das eine gute Sendung auf die Antenne schicken will, sagt Redaktionsleiter Beat Soltermann. "Wir versuchen, dass alle Stimmen zu Wort kommen bei uns. Wir befragen alle kritisch: Links, Rechts, Mitte. Das ist schon ein Anspruch, den wir heute haben und der gerade in Zeiten von 'Fake News' denke ich sehr wichtig ist."
Exakte Recherche, gutes journalistisches Handwerk - die Macher des "Echos der Zeit" haben einen hohen Anspruch an ihre Sendung und sich selbst. Da passt es wohl, dass Moderatorin Simone Hulliger wie aus der Pistole geschossen antwortet auf die Frage: Wann sie mit sich zufrieden ist. "Nie! Ehrlich gesagt: Nach der Sendung habe ich immer das Gefühl, das war nicht gut. Also nicht wegen der Beiträge, sondern wegen mir."
Doch mit ein bisschen Abstand, sagt Hulliger, erkennt sie dann doch: Es war gar nicht so schlimm. Manches braucht eben Zeit und Ruhe - so wie eine gelungene Ausgabe der ältesten deutschsprachigen Radiosendung.