Einfache, archaische Architektur hat Hubert Kiecol von Anfang an fasziniert. Bereitwillig gibt der Bildhauer in der Ausstellung die Quellen preis, aus denen er schöpft. Wesentliche Impulse hatte er in jüngeren Jahren bei einem längeren Aufenthalt in Afrika empfangen. Auf einigen Tischen liegen Fotografien von einer monolithischen Kirche in Äthiopien, die im 12. Jahrhundert aus dem rohen Fels gehauen worden war. Aber es sind nicht nur namhafte Bauten wie die berühmte Felsenkirche von Lalibela, für die sich der Künstler begeistert. Die Kamera richtet er auch auf gesichtslose Hochbunker, die als kompakte Blöcke aus dem Boden emporragen, oder auf Rohbauten aus Beton, die irgendwo in der Welt auf ihre Fertigstellung warten und wie Skulpturen die Straße säumen.
Dann wiederum sind es die Grundelemente des Bauens, die Kiecol in Fotos und grafischen Blättern festhält: der Giebel, die Treppe, das Fenster. Untergemischt sind all diesen Fundstücken aus dem Atelier Plakate früherer Ausstellungen und einige andere autobiografische Hinweise – wie zum Beispiel eine Fotografie, die sein Vater im Zweiten Weltkrieg in einer Bombennacht aufgenommen hatte. Oder – in diesem Zusammenhang durchaus überraschend – der entblößte Busen einer Frau, die nur als Torso auf dem Foto auftaucht und deren Identität verborgen bleibt. So fügen sich die Materialien zu einer kleinen Retrospektive eines Werkes, mit dem Kiecol in den 1980er-Jahren bekannt geworden war.
Anstatt Formen erfinden zu wollen, greift Kiecol auf reale Gegenstände zurück wie eben Häuser, Bänke, Tore oder Leitern und macht daraus schweigsame autonome Skulpturen, die bisweilen an ähnliche Ansätze wie bei Isa Genzken oder Rita McBride denken lassen. Auch in den Objekten, die er für seine Ausstellung im Albers-Museum ausgewählt hat, vermeidet er alles Erzählerische oder gar Anekdotische. Der Weg zum Resultat war für ihn durchaus nicht ganz einfach, wie Museumsdirektor Heinz Liesbrock schildert: "Er war vollkommen von den Socken, sagte: Das ist einfach ein großer, schwerer Raum mit diesem dunklen Boden, da kann ich nichts machen. Der nächste Schritt war, dass er da eine temporäre Architektur reinsetzte; das hat Wochen gedauert, bis er gesehen hat, wie das ungefähr stehen könnte, wie viele Elemente wo zu platzieren wären, und dann sagte er: So, das alleine reicht noch nicht, da hänge ich jetzt einen Typus von Arbeit – nur einen Typus, nichts anderes. Ich will keine Überblicksausstellung machen, sondern das Ganze soll ein Gesamtklang von Raum, temporärer Architektur und einigen Arbeiten geben."
Den Saal für Wechselausstellungen bestückt Kiecol also mit Wandelementen, die den Raum gliedern und vage eine eigene Landschaft andeuten. In eine der Wände ist ein Fenster geschnitten, das den Blick in den Museumspark freigibt. Damit kommt ein reales Naturbild in den Raum. Der angestrebte Gesamtklang ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass die Gitterstrukturen der Arbeiten Kiecols mit dem Deckenraster des Ausstellungsraumes ins Zwiegespräch kommen.
Die eingestellten Wände dienen zugleich als Träger von Objekten. Die sehen auf den ersten Blick aus wie eine etwas aus der Spur geratene Minimal Art: Da hängen Raster aus Holz- und Stahlrahmen wie Fenster an der Wand, deren zahlreiche kleine Flügel sich nach rechts und links, nach oben und unten öffnen. Mit solchen Arbeiten hat in den letzten Jahren ein expressiver Charakter in das Werk Kiecols Einzug gehalten. Es bricht aus der eigenen Ordnung aus und entlockt der einfachen Form Momente von spielerischer Unruhe und Nervosität. Vielleicht keine grundstürzend neue Erfindung von Installation, aber das Neue als solches hat der Kölner Künstler ohnehin nie für sich in Anspruch genommen.