Es war am frühen Vormittag eine der ersten Pressemitteilungen der noch jungen Woche: Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel setzt seine Ankündigung von gestern in die Tat um und kämpft nun mit allen Rechtsmitteln für seine Sondererlaubnis der Supermarktketten Kaiser’s Tengelmann und Edeka.
Nein, man habe sich nichts vorzuwerfen. So verteidigte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums wieder einmal das Vorgehen bei der Genehmigung und warf den Vorwurf der Befangenheit zurück: "Das ist ein Kartellverfahren, die Regularien stehen fest, und an genau diese haben wir uns auch gehalten."
Sie äußerte sich auch zu den weiteren Details der Rechtsmittel, die der Wirtschaftsminister einsetzt: "Er hat sich dazu entschieden, vollumfänglich Rechtsmittel einzulegen. Das heißt, die beiden Mittel, die wir auch in der Pressemitteilung erwähnen. Also namentlich Nichtzulassungsbeschwerde und die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof. Er möchte damit deutlich machen, dass er den Vorwurf der Befangenheit zurückweisen und zeigen möchte, worum es ihm bei der Ministererlaubnis ging, nämlich die Sicherung der Arbeitnehmerrechte und der Arbeitsplätze und die Qualität dieser."
Ein Fall mit grundsätzlicher Bedeutung
Zu den Beweggründen hieß es, dass der Vorgang über den Einzelfall hinaus Bedeutung habe, dadurch, so die Sprecherin, "dass es für uns schon Gemeinwohlgründe sind. Für das OLG Düsseldorf offensichtlich nicht. Dies gilt es zu klären."
Die Gemeinwohlfrage hat Wirtschaftsminister Gabriel auch bislang als ein zentrales Argument für die Erteilung der Sondererlaubnis angeführt. Gabriel selbst hatte sich gestern im ARD-Sommerinterview so geäußert: "Ich bin nicht in die Politik gekommen, um zu schauen, wie Menschen etwas angetan wird, sondern ich bin in die Politik gekommen, um Menschen zu helfen, etwas für sie zu tun. Und was wir hier haben, ist eine Situation, dass 16.000 Arbeitsplätze in Gefahr sind, davon 8.000 ganz akut. Das sind Verkäuferinnen, das sind Packer, das sind Lagerarbeiter. Das sind Leute, die nicht viel Geld verdienen und die es ohnehin nicht einfach haben."
Hintergrund des Rechtsstreits ist eine Eilentscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 12. Juli. Damit setzten die Richter die Sondererlaubnis Gabriels aus, mit der dieser ein Fusionsverbot des Bundeskartellamtes ausgesetzt hatte. Auch Edeka hatte in der vergangenen Woche eine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt.
Gabriel weist OLG-Vorwürfe zurück
In der Hauptsache hat das OLG Düsseldorf noch nicht entschieden, bislang gibt es nur die Eilentscheidung von Mitte Juli. Auch ist völlig unklar, wann der Bundesgerichtshof über die Beschwerden entscheidet. Bereits Mitte Juli hatte Wirtschaftsminister Gabriel sein Vorgehen verteidigt: "Weder die vom Gericht genannten Termine sind richtig. Noch die Behauptung, ich hätte sie alleine im Geheimen geführt, entspricht nicht den Tatsachen. Natürlich sind die verfahrensführenden Beamten des Bundeswirtschaftsministeriums anwesend gewesen."
Der Streit um die Fusion der Supermarkt-Ketten ist nicht nur ein Rechtsstreit, sondern beschäftigt auch während der Sommerpause das politische Berlin. Die Grünen haben den Minister mittlerweile aufgefordert, eine, so wörtlich, "rechtssichere Kompromisslösung" zu suchen. Zuvor war die kleinste Oppositionspartei mit einem Antrag für eine Sondersitzung des Wirtschaftsausschusses des Bundestags gescheitert. Die grüne Bundestagsabgeordnete Katharina Dröge sprach von einem "schlechtem Management", die lange juristische Auseinandersetzung gehe nun erst recht zulasten der Mitarbeiter.
Denn wie es mit der angeschlagenen Supermarktkette Kaiser’s Tengelmann weitergeht, ist offen. Denn es steht immer noch die Entscheidung im Hauptsacheverfahren an. Dieses Verfahren könnte sich zwei oder drei Jahre hinziehen. Es ist nicht auszuschließen, dass Edeka in der Zwischenzeit das Interesse an einer Übernahme verliert.