Den feierlichen Marsch kennt jeder, auch wenn nicht alle wissen, dass ihn der Brite Edward Elgar komponiert hat, um 1900. Nun, der Schöpfer des gefühlten Gassenhauers "Pomp and Circumstance" ist hierzulande recht wenig bekannt. Die Engländer verehren Elgar als ihren großen Komponisten des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. In Deutschland gilt er mehr als der spätromantische Epigone von Wagner, Liszt und Brahms. Edward Elgar starb am 23. Februar 1934.
Genau genommen sind es fünf Märsche, die sich "Pomp and Circumstances" nennen. Dahinter steckt britischer Kulturstolz, der Titel stammt aus dem dritten Akt von Shakespeares "Othello", in dem der tragische Held sich verabschiedet von "Pomp und Rüstung" eines glorreichen Kriegs. Für die Briten ist der Marsch eine Art Nationalhymne neben "God Save the Queen" - und die Aufführung bei der Last Night of the Proms in London wird jedes Jahr zum heiligen Ritual. König Edward VII. wünschte sich den Marsch zu seinen Krönungsfeierlichkeiten, unterlegt mit den Worten: "Land of Hope and Glory". So wurde Edward Elgar selbst zur nationalen Symbolfigur. Aber ein Komponist nur für die Briten? Daniel Barenboim, der Elgar häufiger dirigiert hat und die Musiknation England genau kennt, ist da ganz anderer Ansicht.
"In dem Moment, dass man sagt: englischer Komponist, na ja, die Engländer haben ja zwischen Purcell und Elgar keine großen Komponisten gehabt - das ist nicht eine so musikalische Nation, da kommt so ein bisschen eine Überheblichkeit über dieses Thema. Und für mich ist Elgar nicht ein englischer Komponist, oder nicht nur ein englischer Komponist, das ist ein universaler Komponist. Nicht alle englischen Komponisten sind universal, nicht alle französischen Komponisten sind universal und nicht alle deutschen Komponisten sind universal. Aber die Großen: Ja! Und Elgar gehört in diese Kategorie."
Der Komponist Edward Elgar stand oft am Dirigentenpult. Erhalten geblieben ist eine Aufnahme aus dem Jahr 1927: Elgar probt mit dem London Symphony Orchestra seine zweite Symphonie.
Elgars zweite Symphonie aus dem Jahr 1911 ist auch schon sein letztes symphonisches Werk, mit dem Tod seiner Frau wenige Jahre später versiegte seine Kreativität. Auch diese Symphonie gehört zu seiner leidenschaftlichen Bekenntnismusik, wie er einer Brieffreundin anvertraute: "Ich habe meine Seele ausgebreitet im Violinkonzert, der Ode (gemeint ist mein Chorwerk 'The Music Makers') und der zweiten Symphonie, und Du weißt es: In diesen drei Werken habe ich mich selbst offenbart."
Die sogenannten Enigma-Variationen sind neben dem berühmten Marsch das populärste Werk Edward Elgars.
Elgar wurde am 2. Juni 1857 bei Worcester als Sohn eines Musikalienhändlers geboren. Er spielte schon früh eine Vielzahl von Instrumenten, das Komponieren brachte er sich relativ spät selbst bei. Bis heute weltweit gespielt sind sein Cello- und sein Violinkonzert. Man kann sich fragen, wieso auf dem europäischen Festland Elgars großzügig inspirierte Musik so wenig beachtet wird.
"Nur in England selber kann man erfahren und ermessen, was Elgar für England bedeutet." Die Ansicht vertrat der deutsche Musikwissenschaftler Alfred Einstein, der ab 1933 im angelsächsischen Exil lebte. Die Frage bleibt, ob Edward Elgar doch noch irgendwann in unserem Musikhorizont einen Platz findet.