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EEG-Novelle
"Gabriel bremst den Ausbau erneuerbarer Energien"

Dass die Bundesregierung mit ihrer Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) die Förderung des Ökostrom-Ausbaus deckelt, sei "überhaupt keine gute Idee", kritisierte Hans-Josef Fell, der am ursprünglichen EEG mitgewirkt hat, im DLF. Er wirft Energie- und Wirtschaftsminister Gabriel schwere Fehler vor.

Hans-Josef Fell im Gespräch mit Georg Ehring |
    Der Propeller eines Windrades wird am 31.03.2014 nahe Visselhövede (Niedersachsen) montiert.
    Mit der EEG-Novelle würde der Ausbau der Erneuerbaren Energien ausgebremst, kritisiert Hans-Josef Fell. (picture alliance / dpa / Daniel Reinhardt)
    Georg Ehring: Für Investoren war es zeitweise eine Lizenz zum Gelddrucken: Das Erneuerbare-Energien-Gesetz, abgekürzt EEG, gibt Betreibern von Windrädern, Solar- und Biogasanlagen garantierte Einspeisevergütungen, die Energieversorger müssen den Strom abnehmen, ob sie wollen oder nicht. Das Gesetz hat, wie gewünscht, für einen enormen Anstieg des Marktanteils der Erneuerbaren gesorgt. In der ersten Hälfte dieses Jahres kamen sie auf über 28 Prozent des Stroms. Die Bundesregierung will diesen Anstieg jetzt bremsen und die Erneuerbaren an den Markt von Angebot und Nachfrage heranführen. Das entsprechende Gesetz, die Neufassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, tritt heute in Kraft. Hans-Josef Fell ist einer der Autoren des ursprünglichen EEG, heute Präsident der Wissenschaftsvereinigung Energy Watch Group. Ich habe ihn vor dieser Sendung gefragt, ob es eine gute Idee der Bundesregierung ist, den Ausbau der Erneuerbaren jetzt abzubremsen.
    Hans-Josef Fell: Nein, das ist überhaupt keine gute Idee. Die Energy Watch Group macht eben genaue Blicke auf diese Verhältnisse. Wir haben beispielsweise auch gesehen, dass es die Lizenz zum Gelddrucken im Energiegeschäft 40, 50 Jahre lang gesetzlich unterlegt nur für Kohlekraftwerke, für die klimazerstörende Ölwirtschaft, für die Atomkraftwerke gegeben hat und das EEG hat hier eine Veränderung gebracht. Endlich konnte man auch Renditen mit dem Klimaschutz, mit dem Investment in erneuerbare Energien geben. Dies hätte eigentlich auch sehr schnell weiterlaufen müssen, weil wir ja eine starke Klimaveränderung haben und die Menschen immer mehr unter diesen Schäden leiden. Und dies nun zu bremsen und zu stoppen, ist die schlechte Idee dieser Bundesregierung.
    Ehring: Die Umlage für die erneuerbaren Energien ist aber immer weiter gestiegen. Ist es denn jetzt richtig, wie die Bundesregierung das vorhat, Wind- und Solarstrom auch damit zu belasten, damit werden die Lasten ja gleichmäßiger verteilt.
    Fell: Also zunächst ist mal festzustellen, dass die Umlage ja steigt, nicht wegen dem neuen Zubau von Erneuerbaren-Energien-Anlagen, sondern wegen einer falschen Gesetzorientierung aus 2009, die der damalige Umweltminister Gabriel zu verantworten hat. Seit dieser Zeit ist die EEG-Umlage um den Faktor fünf gestiegen, aber die Vergütungssätze nur um den Faktor zwei. Da läuft etwas schief. Es ist nicht der Ausbau der erneuerbaren Energien, sondern es sind die uferlosen Ausweitungen der Privilegien für immer mehr Industriezweige, die die EEG-Umlage belasten, und es ist vor allem ein falscher Berechnungsmodus, der wegen der sinkenden Wirkung der Kosten der erneuerbaren Energien auch noch die EEG-Umlage steigert. Das hätte korrigiert werden müssen, das hatte Gabriel aber nicht korrigiert. Er bremst stattdessen den Ausbau erneuerbarer Energien und belastet sogar die erneuerbaren Energien mit der EEG-Umlage, was diesen Ausbau noch weiter bremsen wird. Wir werden dadurch die Probleme bekommen, dass wir noch stärker und länger in der Abhängigkeit der fossilen Energiequellen sind und damit eben auch nicht die Versorgungssicherheit bekommen, die wir bräuchten, um Unabhängigkeit von russischem Erdgas, Erdöl, aber auch raus aus der Atomkraft schnell leisten zu können.
    Fell: 100 Prozent Ökostrom wären in 15 bis 20 Jahren möglich
    Ehring: Wie können denn die schwankungsanfälligen Erneuerbaren ihren Anteil weiter steigern und irgendwann auf 100 Prozent kommen, das ist ja langfristig vorgesehen – geht das technisch überhaupt?
    Fell: Ja, das geht sogar mittelfristig. Also in eineinhalb bis zwei Jahrzehnten könnte man das leicht schaffen, technisch ist das überhaupt keine Frage, es sind alle Technologien vorhanden. Es ist der Mix, der hier wichtig ist. Wir brauchen eben zu dem starken Anteil, der hauptsächlich aus Solar- und aus Windstrom kommen wird, aber auch flexible Stromquellen aus erneuerbaren Energien, die dann eingeschaltet werden können, wenn zu wenig Wind und Sonne vorhanden sind. Das ist Bioenergie, das ist Wasserkraft, das kann Geothermie sein, aber wir müssen auch schauen, dass wir eben die Nachfrage besser steuern und eben eine solche Energiewirtschaft orientieren, wo eben der Kunde belohnt wird, wenn er in starken Windlastzeiten den Strom abnimmt und in schwachen Windlastzeiten dann eben auch seinen Stromverbrauch drosselt. Zusammen mit Speichern und mit dem Ausbau von Netzen können wir das wunderbar organisieren. Wir haben schon viele Investitionen in dieser Richtung, diese gehören gesetzlich besser unterstützt, aber das fehlt leider. Eine Frage ist es nicht, ob das geht, sondern es ist eine Frage, ob man das politisch will. Und hier vermisse ich den politischen Willen.
    Ehring: Die garantierte Abnahme von Strom nach dem bisherigen Erneuerbare-Energien-Gesetz, muss das nicht irgendwann abgeschafft werden, um die Erneuerbaren in den Markt zu integrieren?
    Fell: Also wenn wir von einem Markt reden, müssen wir ja erst mal sehen, dass wir einen völlig verzerrten Markt haben. Wir haben noch weiterhin massive Unterstützung steuerlicher Art – weiterhin ist die größte Einzelsubvention im Bundeshaushalt immer noch die Kohlesubvention. Wir haben keine Umlage der externen Schadenskosten, die durch beispielsweise Klimaveränderung oder durch die atomaren, radioaktiven Belastungen auch von den konventionellen Energien verursacht werden. Insofern haben wir einen völlig verzerrten Markt, wo die sauberen Energien, die klimaschützenden Energien der Erneuerbaren auf einen Markt treffen, wo die alten Energien ihre Lasten, die sie verursachen, ja gar nicht selbst tragen. Insofern müsste man das erst mal umsetzen, also völlige Abschaffung der Subventionen für die alten Energien und Umlegung der externen Schadenskosten, dann würde niemand mehr von teuren erneuerbaren Energien reden, die übrigens in den letzten Jahren so billig geworden sind, dass jedes Neuinvestment in erneuerbare Energien, vor allem bei Wind- und Solarstrom, billiger ist als ein Neuinvestment in Kohle- oder in Erdgaskraftwerke.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.