Ein kleiner Raum. Sieben junge Menschen sitzen an einer Tischgruppe in U-Form. Vor ihnen ihre Laptops. Sie tippen, was das Zeug hält.
"Es ist tatsächlich 'ne kleine Textfabrik hier."
Ingrid Scherübl leitet die Teilnehmer durch den 'Sweatshop'. Die meisten von ihnen promovieren und arbeiten als Wissenschaftliche Mitarbeiter an einer Uni, wie die Soziologin Lucia Schmidt, die gerade an einem Artikel für eine Fachzeitschrift arbeitet.
"Es ist tatsächlich ein bisschen schwierig mit dem ins Schreiben kommen, weil so viele Sachen dann irgendwie im Büro... das Telefon, und die E-Mails und dann irgendwie kommen Anfragen und studentische Hilfskräfte..."
Oder die Wissenschaftshistorikerin Nina Held, die ein Unterkapitel ihrer Dissertation abschließen will:
"Ich hab in 'nem Forschungsprojekt gearbeitet, in dem ich auch meine Dissertation angefangen habe. Natürlich sind da auch noch andere Aufgaben zu erledigen und dann ist die eben am Ende auch nicht fertig geworden, als das Projekt ausgelaufen ist."
Zwei Klassiker aus dem Arbeitsalltag des akademischen Nachwuchses. An der Arbeitshaltung der hervorragenden Studienabsolventen kann es kaum liegen, dass sie es nur mit großer Mühe schaffen, sich hinzusetzen und zu schreiben. Eher liegen die Gründe in den universitären Arbeitsbedingungen: Überlastete Professoren versuchen sich etwas Freiraum zu schaffen, indem sie möglichst viele Arbeiten ihren Mitarbeitern übergeben: Die arrangieren fleißig Konferenzen, organisieren Sammelbände, schultern einen großen Teil der Lehre, betreuen Studierende und Abschlussarbeiten.
Und da die Arbeitszeit selten vorstrukturiert ist, muss der Mitarbeiter permanent entscheiden, welche der vielen Arbeiten er wann erledigt.
"Das ist dann auch die Aufgabe, die einem dann schon so viel Energie nimmt, dass es einfach nicht mehr so in die Inhalte gehen kann, und unser Angebot, ein Stück weit ist es auch Drill, ermöglicht den Leuten sich komplett in ihre Inhalte fallen zu lassen."
Eine klare Struktur für den Feinschliff zuhause
Die Trainerin gestaltet den achtstündigen Workshop spielerisch und gibt zugleich eine strenge Struktur vor. Mit kleinen und stetig wachsenden Aufgaben versetzt sie die Teilnehmer in den Schreibmodus. Ein softer Drill.
"Schreib's einfach mal runter, wir haben am Nachmittag noch Zeit zu überarbeiten. Jetzt produzierst Du erst mal Text. Ihr habt zwölf Minuten Zeit, ab jetzt!"
"Ich finde, es fördert zum einen das Schreiben, zu wissen, ich bin nicht alleine, es gibt andere, die hadern auch manchmal mit ihrem Schreiben und das ist auch total ok so, das gehört zum Schreiben dazu, und das gönn ich mir jetzt auch mal, mich hier mit anderen Leuten zu treffen, gemeinsam zu schreiben, sich auch über das Schreiben auszutauschen."
"Es ist natürlich schon schwer, durchzuhalten, ich merk schon, dass ich jetzt schon Kopfschmerzen habe und zum Glück wird man dann gezwungen und setzt sich hin und schreibt wieder. Zu Hause hätte ich jetzt schon aufgegeben wahrscheinlich."
Ein ganzes Paper schreiben die Teilnehmer an diesem einen Tag nicht. Die meisten gehen mit einer klaren Struktur und mit rohen Textblöcken zum Feinschleifen aus dem Sweatshop. Der Name des Workshops ist angelehnt an den von Fabriken, in denen Arbeiter zu Niedriglöhnen schuften.
"Insofern ist sozusagen die Sweatshop-Metapher auf das harte, getaktete Produzieren gemünzt, allerdings unter menschenwürdigen Bedingungen."
Menschenwürdige Arbeitsbedingungen würde sich Ingrid Scherübl, die selbst einmal als wissenschaftliche Mitarbeiterin angestellt war, auch für Hochschulen wünschen. Aber die Realität dort sähe anders aus:
"Da wird nicht wirklich systematisch darüber nachgedacht, wie können wir das lösen, dass wir uns würdige Arbeitszusammenhänge schaffen, wie kriegen wir unser Schreiben gut hin? Ich glaub, dass an dem Punkt die Uni gerade noch keine Ideen hat, die auch in den Institutionen angekommen wären."