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EFSA-Entscheidung zu Glyphosat
Endloser Streit um Unkrautvernichtungsmittel

"Wahrscheinlich krebserregend", so hat die Weltgesundheitsorganisation WHO den Unkrautvernichter Glyphosat eingestuft. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat mit dem Pestizid aber kein Problem und empfiehlt jetzt sogar, die geltenden Grenzwerte nach oben zu setzen. Was die Pestizidhersteller freut, ärgert die Fachwelt. Der Bund für Umwelt und Naturschutz fordert sogar ein Verbot der Substanz.

Von Daniela Siebert |
    Ein Landwirt fährt mit einer Dünger- und Pestizidspritze über ein Feld mit jungem Getreide nahe Neuranft im Oderbruch (Brandenburg).
    Ein Landwirt fährt mit einer Dünger- und Pestizidspritze über ein Feld mit jungem Getreide nahe Neuranft im Oderbruch (Brandenburg). (picture alliance / dpa / Patrick Pleul)
    Die Pestizidhersteller freuen sich über die EFSA-Entscheidung. Das ist kaum überraschend, denn damit hat die Wiederzulassung glyphosathaltiger Pflanzenschutzmittel in der EU eine weitere entscheidende Hürde genommen. Ursula Lüttmer-Ouazane , die Monsanto-Repräsentantin in Deutschland äußert sich entsprechend im Glyphosat-Infoportal im Internet, das vom Interessenverband der Herstellerfirmen "Glyphosat Task Force" betrieben wird:
    "Wir freuen uns, dass die beteiligten Bewertungsbehörden sich die nötige Zeit nehmen konnten, um den Wirkstoff Glyphosat umfänglich neu zu bewerten und sehen uns durch das Ergebnis erneut bestätigt. Wir gehen davon aus, dass nunmehr eine faktenbasierte Debatte die bisherigen, teilweise ideologischen und unsachlichen Kampagnen ablöst."
    In der kritischen Fachwelt herrscht hingegen Empörung über die EFSA-Entscheidung. Peter Clausing vom Pestizid-Aktions-Netzwerk PAN würde die EFSA am liebsten verklagen, wenn das ginge, denn sie verdrehe die Fakten.
    "Die EFSA verwendet ähnlich wie das BfR ein veraltetes statistisches Verfahren, um signifikante Krebseffekte in vier Mäusestudien wegzudiskutieren, die EFSA lügt, wenn sie behauptet, die Bewertung sei durch sogenannte historische Kontrollen abgedeckt und die EFSA beruft sich darauf, dass Krebs nur bei extrem hohen Dosierungen auftreten würde, obwohl in vier Studien mit Effekten die höchste Dosis unterhalb des Limits von tausend Milligramm pro Kilogramm lag."
    Empörung über die EFSA-Entscheidung
    Die EU überlasse nun den Mitgliedsstaaten den Schwarzen Peter, bei der Zulassung einzelner glyphosathaltiger Produkte deren genotoxisches Potenzial zu bewerten, anstatt EU-weit klar zu empfehlen, dass Glyphosat nicht mehr zugelassen werden soll, kritisiert PAN außerdem.
    Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz ist mit dem EFSA-Urteil unzufrieden. Denn er will ein möglichst rasches Verbot der Substanz:
    "Trotz der Einstufung von Glyphosat durch Krebsforscher der Weltgesundheitsorganisation als wahrscheinlich krebserzeugend hat die EFSA leider verharmlosende Bewertungen des Wirkstoffes durch das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) kritiklos übernommen. Offenbar wollte sich kein EU-Mitgliedstaat mit den Glyphosat-Herstellern und den Bauernverbänden anlegen und den Glyphosat-Einsatz unterbinden." Künftig darf noch mehr davon auf den Feldern ausgebracht werden und in die Nahrungsmittelkette gelangen. Die EU-Mitgliedstaaten und damit auch Bundesagrarminister Christian Schmidt müssen den EFSA-Bericht zurückweisen."
    Krebsverdacht steht im Raum
    Harald Ebner, der als Bundestagsabgeordneter der Bündnisgrünen seit Monaten den Kampf gegen eine Wiederzulassung von Glyphosat anführt ist ebenfalls frustriert. Die EFSA-Einstufung sei grundfalsch. Sie stütze sich maßgeblich auf die Einschätzung des BfR, die ja massiv in der Kritik stehe. Bedenklich findet er auch, dass die EFSA die zulässige Tagesdosis an Glyphosat erhöhen will.
    "Das finde ich das Hanebüchenste, was man überhaupt tun kann. Dieser Vorschlag kommt im Übrigen nicht von der EFSA, sondern vom Bundesinstitut für Risikobewertung, die haben diesen Vorschlag schon im Januar 2013 veröffentlicht, allerdings auf einer rein toxikologischen Bewertung, da stand der Krebsverdacht noch nicht im Raum."
    Das sei nun anders, deshalb müsse der Grenzwert auf Null gesetzt werden fordert Harald Ebner.
    Gefährlicher Giftcocktail
    Das Gen-ethische Netzwerk kritisiert zudem, die EFSA habe nur den Wirkstoff Glyphosat bewertet und nicht die zahlreichen giftigen Beistoffe in den Produkten, die ausgebracht werden, es müssten jedoch auch die Effekte dieser Cocktails berücksichtigt werden.
    Entschieden ist über die Wiederzulassung jedoch noch nicht, der Ball liegt nun bei der EU-Kommission. Bis Mitte nächsten Jahres darf Glyphosat durch eine Interimslösung weiterverwendet werden.