"Ich bin Sozialdemokrat geworden, weil ich gespürt habe, dass die SPD es ernst meinte mit der Einheit", erinnert sich Egon Bahr im Gespräch mit Rainer Burchardt. Und doch habe sich sein Eintreten für die deutsche Einheit mit seiner Arbeit als Chefkommentator beim amerikanischen RIAS vertragen. Denn "ich war auch ein Kalter Krieger", unterstreicht Bahr. Doch zwei Dinge trugen dazu bei, dass sich die Position Bahrs und Brandts änderte: zum einen die Erkenntnis, dass sich auch die westlichen Besatzungsmächte im Status Quo der Teilung einzurichten begannen; und zum anderen der Mauerbau 1961, "dieser Scheiß-Mauer", wie Bahr sagt.
In den folgenden Jahren entstanden die Konturen jener neuen Ostpolitik, die Brandt und Bahr mit dem Eintritt der SPD in die Regierung ab 1966 auch umzusetzen begannen. Bis heute rechne er den USA an, dass sie die Politik der Annäherrung nicht aufhielten, so Bahr. Zugleich habe die DDR-Führung anfänglich "hysterisch" erleben müssen, wie Bahr etwa in Moskau von Regierungschef Kossygin empfangen wurde.
"Habe Brandt zum Rücktritt geraten"
Mit Blick auf das Ende der Kanzlerschaft Willy Brandts im Zuge der Spionage-Affäre um Günter Guillaume betont Bahr, er habe von Beginn an vor Guillaume gewarnt. "Ich habe Brandt zum Rücktritt geraten", sagte Bahr. So habe dieser sein politisches Erbe retten können.
Die deutsche Einheit beurteilte Bahr 2007 zwiespältig: "Wir haben bei der äußeren Einheit keine Fehler gemacht. Wir haben schreckliche Fehler bei der inneren Einheit gemacht."
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