Archiv


EHEC gibt Rätsel auf

Der EHEC-Keim ist inzwischen identifiziert, doch wie er in Salat und Tomate gelangt, ist noch immer unklar. Auch wenn die Bauern sich schon gewehrt haben auf den Verdacht hin, die Gülle könnte das Übel sein, gibt es offenbar auch ohne direktes Düngen Wege, wie über Gülle die Verunreinigung passiert sein könnte. Ist da was dran?

Von Susanne Kuhlmann |
    Das weiß man noch nicht. Peter Muss, der stellvertretende Geschäftsführer des Provinzialverbandes rheinischer Obst- und Gemüsebauern in Bonn sagt, dass Gülle zwar von Anfang Februar bis Mitte November ausgebracht werden darf, aber keinesfalls auf Obst und Gemüse gesprüht wird.

    "Auf Obst und Gemüse wird grundsätzlich keine Gülle ausgebracht. Selbst vor der Saat und Pflanzung von Gemüse wird keine Gülle ausgebracht, so dass hier keine direkte Kontamination stattgefunden haben kann. Es kann nur sein, dass Gemüse im Folgejahr nach Getreide oder Mais oder Rüben angebaut wird und dass zu diesen Vorkulturen dann Gülle ausgebracht worden ist."

    Denkbar wäre aber, dass Gülle versehentlich auf Gemüse- und Salatkulturen gekommen ist.

    ""Wenn, könnte es nur sein, dass ein benachbarter Landwirt eine andere Kultur mit Gülle düngen wollte, dass der die Gülle ein bisschen weit über seine Grenze hinaus gespritzt hat. Das ist reine Hypothese. Das ist relativ unwahrscheinlich, dass die Infektion dadurch zustande kommt."

    Vorstellbar wäre auch noch, dass Regen die Gülle von einen Mais- oder Rübenfeld in einen Bach oder Teich wäscht, aus dem später die Kulturen beregnet werden. Aber auch das halten Fachleute aus der Landwirtschaft für eher unwahrscheinlich, weil fast immer mit Brunnenwasser oder Wasser aus der kommunalen Trinkwasserleitung beregnet wird. Außerdem gehören die meisten Obst- und Gemüsebauern Zertifizierungssystemen an. In diesem Rahmen wird zum Beispiel einmal im Jahr das Beregnungswasser auf Keime untersucht.

    Ursula Mense: Das Robert Koch Institut rät im Moment davon ab, Salat, Tomaten und Gurken aus Norddeutschland zu essen. Warum?

    Danach habe ich eben Axel Boese gefragt, den Geschäftsführer des Wirtschaftsverbandes Gartenbau in Bremen:

    "Zustande gekommen ist der Verdacht durch die Befragung von kranken und von nicht erkrankten Menschen, die angegeben haben, die Kranken hätten mehr Gemüse, und zwar Gurken und Tomaten und Blattsalate, gegessen. Das ist die einzige Schnittstelle, woraus man ableitet, der Erreger müsse daher gekommen sein. Wir aus der Branche können es uns überhaupt nicht erklären, denn Gurken und Tomaten werden in Gewächshäusern produziert, und von daher ist es uns völlig unerklärlich, wie da ein Zusammenhang bestehen soll."

    Ursula Mense: Was sagt die Wissenschaft?

    Auch hier herrscht Ratlosigkeit, wenn man die Güllespur weiter verfolgt, sagt Wolfgang Müller, ehemaliger Professor für Tier- und Umwelthygiene an der Freien Universität Berlin:

    "Das Gemüse, was wir essen, wird weitgehend in Treibhäusern gemacht, und da kommt Gülle überhaupt nicht zur Anwendung. Die Gülle wird ausgebracht auf den Boden. Es gibt eine Zeit zwischen dem 1. November und dem 31. Januar wo keine Gülle aufgebracht werden kann. Da ist keine Vegetation da, die das abnehmen kann. Im Allgemeinen wird Gemüse nie mit Gülle behandelt."

    Gülle kommt also nicht mit Gemüse und Salat in Berührung, schon alleine, weil man das später riechen und schmecken würde. Wenn die Verunreinigung also mit Gemüse und Salat zu tun haben sollte, was wäre dann denkbar? Noch einmal der Tierhygieniker Wolfgang Müller:

    "Wenn man das jetzt in diesem frühen Stadium mal ventiliert, müsse man daran denken, dass es eigentlich später passiert ist. Dass es in irgendeiner Weise, wenn es dem denn zuzuordnen ist, dass es von Rindern oder Schweinen käme, dass es irgendwie in der Produktionskette zu einer Kontamination gekommen wäre."