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Ehemaliger Münchner OB
Ude berät türkischen Genossen

Ali Kilic ist Sozialdemokrat und seit Kurzem Bürgermeister des boomenden Istanbuler Stadtteils Maltepe. Er ist mit dem früheren Münchner Oberbürgermeister Christian Ude befreundet. Der berät ihn nun, unter anderem zum Thema Städtebau.

Von Gunnar Köhne |
    Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) an seinem letzten Arbeitstag im Rathaus.
    Münchens ehemaliger Oberbürgermeister Christian Ude berät seinen Istanbuler Kollegen Ali Kilic. (picture alliance / dpa - Felix Hörhager)
    Abseits der lauten Verkehrsachsen macht Maltepe einen beinahe beschaulichen Eindruck. Cafés und Restaurants, die sich um einen begrünten Platz gruppieren, und gleich dahinter die Uferpromenade am Marmara-Meer. Christian Ude geht in Maltepes Nebenstraßen gerne mit seiner Frau spazieren. Dabei fällt sein Blick auf halb fertige Häuser und bedrohlich schiefe Balkone:
    "Es wohnt zwar jeder irgendwo, aber die meisten, die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung, lebt in Schwarzbauten, die nicht in erdbebensicherer Bauweise errichtet worden sind. Das ist eigentlich das größte Problem hier."
    Von München nach Maltepe: Der ehemalige Oberbürgermeister der bayerischen Metropole hat eine neue Aufgabe: Er ist ehrenamtlicher Berater des Bürgermeisters des Istanbuler Stadtteils Maltepe, einer wuchernden Gemeinde auf der asiatischen Seite des Bosporus, erst vor 20 Jahren nach Groß-Istanbul eingemeindet und inzwischen eine halbe Million Einwohner groß. Der neu gewählte Bürgermeister von Maltepe, Ali Kilic, ist nicht bloß ein langjähriger Münchner Freund der Familie Ude, sondern als Mitglied der Oppositionspartei CHP auch sozialdemokratischer Genosse.
    Ende März griff Kilic zum Hörer
    Ude erinnert sich an den Anruf aus Maltepe: "Am 30. März, das war derselbe Tag, an dem er in Maltepe gewählt worden ist und in München mein Nachfolger gewählt wurde. Und dann sagte er am Telefon: Ich bin jetzt Bürgermeister, du nicht mehr, also hast du jetzt Zeit, mich zu beraten."
    Besprechung in Ali Kilics Büro. Die beiden Herren versinken nebeneinander in schweren Ledersesseln. Kilic arbeitete in München 25 Jahre lang als Journalist und engagierte sich im türkisch-deutschen Kulturaustausch, bevor es ihn in die Politik seines Geburtslandes zog. München, sagt der stets lächelnde Kilic, sei immer noch seine Heimat. Und der 17 Jahre ältere Ude sein politisches Vorbild:
    "Ich habe bei ihm beobachtet, dass man jahrelang Oberbürgermeister sein und trotzdem noch Mensch bleiben kann. Dass man Kabarett spielen kann, als Anwalt auftreten kann, dass er tagsüber mit Jugendlichen demonstriert und abends die Sicherheitskonferenz eröffnet. Also ich habe von ihm viel gelernt. Er ist mein Idol."
    Die drängendsten Probleme Maltepes hat Kilic schnell aufgezählt: Jugendarbeitslosigkeit, Drogenprobleme, fehlende Kindergärten, Autoverkehr, illegale Bauten. Gleichzeitig hat er nicht viel Geld in der Kasse und weniger zu sagen als der Oberbürgermeister von Groß-Istanbul - und der ist von der regierenden AKP. Deren rücksichtsloser Städtebaupolitik - siehe Gezi-Park - wollen Kilic und Ude einen grünen Musterstadtteil entgegensetzen:
    "Durch die zahlreichen Militärareale, die zum Teil schon freigegeben wurden - das sind natürlich auch wieder viele Nutzungsinteressen da, aber da muss man darauf achten, dass Parkanlagen und Grünflächen geschaffen werden, dass Maltepe grüner wird."
    Kilic will Vertrauen in seine Partei erarbeiten
    Auch wirtschaftlich soll es Maltepe mit bayerischer Unterstützung bald besser gehen. Die Messe München will helfen, ein internationales Messegelände auf die Beine zu stellen.
    Der ehrenamtliche Helfer Christian Ude hat ein eigenes Büro bekommen. Alle drei Monate will er nach Istanbul kommen und nach dem Rechten sehen. Und Ali Kilic liebäugelt schon ein wenig mit einer höheren politischen Karriere nach seiner Zeit in Maltepe:
    "Wenn die CHP wirklich einmal die Regierung übernehmen möchte, dann muss sie erst einmal bei den Kommunalwahlen erfolgreich sein, und jeder Bürgermeister muss so fleißig sein, dass die Bürger hinterher sagen: Denen trauen wir auch die Regierung zu."
    Doch die AKP abzulösen, das weiß auch Kilic, wird mindestens so schwierig sein wie in Bayern die CSU von der Macht zu vertreiben.