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Ehemaliger US-Botschafter Kornblum
"Bei Trump ist alles ein Handel"

US-Präsident Donald Trump habe verstanden, dass Handelskriege eben doch schädlich seien, glaubt der frühere US-Botschafter in Berlin, John Kornblum. Die Europäer müssten jetzt aber in den weiteren Verhandlungen Zugeständnisse machen, sagte er im Dlf. Etwa im Bereich der Landwirtschaft und der Autoindustrie.

John Kornblum im Gespräch mit Sandra Schulz |
    John Kornblum, ehemaliger US-Botschafter in Deutschland
    John Kornblum, ehemaliger US-Botschafter in Deutschland (imago)
    Sandra Schulz: Über diesen Stopp-Modus jetzt im Handelskonflikt können wir in den kommenden Minuten sprechen. Am Telefon ist der Mann, der ausgeschlossen hat, dass US-Präsident Donald Trump den Europäern entgegenkommen könnte. Am Telefon ist John Kornblum, früherer US-Botschafter in Berlin. Schönen guten Morgen.
    John Kornblum: Guten Morgen!
    Schulz: Helfen Sie uns noch mal, das zu verstehen. Sie haben ja gesagt, die USA seien auf dem Höhepunkt ihrer Macht. Es gäbe keinen Bereich, wo man ihnen wehtun könnte. Warum lenkt Donald Trump denn dann jetzt ein?
    Kornblum: Aus verschiedenen Gründen. Erstens: Allmählich haben wir gelernt, wie er verhandelt. Und die große Überraschung hier ist vielleicht, dass man überrascht ist, dass er eingelenkt hat. Wenn man auf die letzten Tage schaut, oder auf die letzten Wochen, ob es mit Korea ist, oder mit Russland: Man sieht, dass er einen Modus hat, den man eigentlich aus Filmen über die Wall Street etc. kennt. Das heißt: Sehr hart, sehr aggressiv, sogar verletzend am Anfang - und dann zurzeit, wo ein Handel notwendig ist, ziemlich flexibel. Das ist Punkt eins.
    Punkt zwei ist: Es gibt wirklich einen wichtigen Punkt, wo er verletzbar ist, und das ist die Innenpolitik. In den letzten Wochen haben sämtliche Gruppen in den Vereinigten Staaten, ob es die Bauern sind, ob es die Autobauer sind, sogar die Internet-Firmen etc. gesagt, dass diese Handelspolitik, die er jetzt fährt, dem Land selber schaden könnte. Das Land ist sehr stark und die Wirtschaft ist sehr stark, aber gerade Zölle können gewisse Sektoren natürlich stören oder sogar schwach machen. Und da hat er anscheinend sehr, sehr laut gehört von der amerikanischen Industrie, dass er einlenken sollte.
    Trump handelt auf der Basis von Taktik und Atmosphäre
    Schulz: Aber hat Innen nicht auch sehr viel mit Außen zu tun? Wenn wir jetzt an die Sojabohnen denken und an das Problem - Sie skizzieren es ja gerade -, das die Bauern, die Landwirte in den USA haben, denen die Käufer in China fehlen, seitdem auch mit China der Handelskonflikt eskaliert ist. Wie kamen Sie denn darauf zu sagen, die USA seien nicht verletzbar, oder man könne denen nicht wehtun?
    Kornblum: Die USA sind im Allgemeinen nicht verletzbar. Ich habe eben klargestellt, dass der Präsident politisch sehr verletzbar ist. Jeder Politiker kann verletzt werden, wenn seine Politik nicht angenommen wird. Sie haben China angesprochen. Er ist immer noch in einer sehr harten Diskussion mit China. Und China hat zurückgeschlagen, indem man die Käufe von Sojabohnen gekürzt hat oder sogar gestoppt hat. Da bin ich nicht sicher. Deshalb ist es für ihn nicht so wichtig, ob sehr viele Sojabohnen in Europa verkauft werden sollen, sondern wichtig ist, dass er meint, dass er eine neue Quelle, einen neuen Abnehmer für die Sojabohnen gefunden hat, die die Chinesen nicht kaufen.
    Bei ihm ist alles ein Handel und man muss es so sehen. Man muss alle diese Sachen nicht so ernst nehmen. Das haben wir, auch ich persönlich inzwischen gelernt. Er handelt mehr auf einer Basis von Taktik und von Atmosphäre und alle diese Details, die Experten überall durchkauen, sind für ihn nicht so wichtig.
    "Jetzt muss man sehen, wo die Inhalte sind"
    Schulz: Viele Europäer haben vor allem auch deswegen so alarmiert reagiert, weil sie davon überzeugt sind, dass ein Handelskrieg keine Gewinner kennt. Donald Trump hat das zu Beginn des Konflikts ganz anders gesagt. Er hat gesagt, Handelskonflikte, die sind leicht zu gewinnen. Glauben Sie, dass diese Botschaft, dass das vielleicht doch nicht so sein könnte, jetzt bei ihm auch angekommen ist?
    Kornblum: Es sieht so aus. Aber wie gesagt, wie auch Ihr Journalisten gesagt habt: Das hier ist eher eine Absichtserklärung, genau wie er mit Russland und mit Korea und so weiter auch Absichtserklärungen ausgehandelt hat. Jetzt muss man sehen, wo die Inhalte sind. Ich persönlich meine, dass das ein wichtiger Schritt ist, weil die Atmosphäre jetzt viel besser ist und weil man jetzt auf der Basis von einer guten Atmosphäre verhandeln kann.
    Aber es gibt tatsächlich echte Probleme. Er sagte neulich, ich fange keinen Handelskrieg an, wir sind mitten in einem Handelskrieg. Und aus amerikanischer Sicht haben die Europäer tatsächlich einige Punkte hier zu verbuchen. Sie haben zum Beispiel TTIP erwähnt. Wer hat TTIP monate-, jahrelang blockiert? - Die europäische Innenpolitik.
    Europa muss Zugeständnisse machen
    Schulz: Aber versenkt hat es Trump, muss man fairerweise sagen.
    Kornblum: Landwirtschaft ist immer ein wunder Punkt gewesen zwischen den Vereinigten Staaten und Europa, etc. etc. Das heißt, es gibt echte Punkte. Es ist nicht so, als ob das nur seine Laune ist. Es gibt echte Punkte und ich hoffe jetzt, dass Europa auch einsehen wird, dass es echte Punkte gibt. Man hat zum Beispiel sehen, wie schlecht Frankreich reagiert hatte wegen der Landwirtschaft.
    Schulz: Lassen Sie mich den Punkt mal aufgreifen mit dem Abbau der Zölle, der jetzt geplant ist, und dem Abbau der Handelshemmnisse. Werden wir in der Sache nicht wieder auf genau dieselben Probleme stoßen, die auch die Verhandlungen um TTIP so schwer gemacht haben? Dass wir zum Beispiel in Europa sagen, wir haben das Vorsorgeprinzip, die Produkte können erst auf den Markt, wenn klar ist, dass sie keinen Schaden anrichten, was in den USA ja genau umgekehrt gehandhabt wird. Werden wir nicht genau auf diese Probleme wieder zusteuern?
    Kornblum: Das kann sein. Ich weiß es nicht. Wie gesagt, wir werden sehen. Nur mein Punkt hier ist: man darf das alles nicht als Laune von Trump sehen, sondern es gibt echte Probleme. Seine Verhandlungsmethoden sind nicht meine, nicht Ihre, aber inzwischen kennen wir sie. Und es ist sehr wichtig, dass man jetzt diesen Fortschritt nimmt und tatsächlich konkret handelt, und da ist Europa tatsächlich auch angesprochen. Es gibt mehrere Gebiete, wo Europa auch Zugeständnisse machen muss.
    Trump will jetzt einen Deal haben
    Schulz: Welche sind das?
    Kornblum: Zum Beispiel in der Landwirtschaft, zum Beispiel die deutsche Handelsbilanz, Automobilzölle, viele Dinge könnte man nennen. Die Handelsbeziehungen sind sehr, sehr gut und auch sehr, sehr erfolgreich, aber es gibt seit Jahren Punkte. Es gibt auch Sachen, die die Europäer von Amerika haben möchten. So ist das nicht.
    Schulz: Aber das sind auch gleich wieder die sensiblen Punkte, Herr Kornblum. Wir haben diesen riesen Konflikt um die Gentechnik. Glauben Sie, dass die Europäer von jetzt auf gleich ihre Haltung, ihre skeptische Haltung dort ablegen?
    Kornblum: Ich weiß es nicht. Ich habe keine Ahnung. Ich weiß nur, dass sie jetzt klar gehört haben von den Vereinigten Staaten, dass sie wahrscheinlich härter verhandeln werden als unter Obama und dass es notwendig sein wird, auch in einen Handel zu gehen. Man hört das immer wieder. Das Prinzip von Trump ist ein Handel, ein Deal, und er will jetzt einen Deal haben, ohne Frage. Und die Frage ist, ob die Europäer flexibel genug sein können, um in einen Deal einzutreten.
    Schulz: Der frühere US-Botschafter John Kornblum heute Morgen hier in den "Informationen am Morgen" bei uns im Deutschlandfunk. Danke Ihnen ganz herzlich!
    Kornblum: Danke.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.