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Ein 94 Jahre alter Blecheimer

Langsam läuft die Petrine in den Hafen von Stralsund ein. Routiniert und mit Fingerspitzengefühl legt Skipper Jochen Storbeck an der Kaimauer an. Seit mittlerweile zwölf Jahren veranstaltet das Bildungswerk Mensch und Meer aus Arnis bei Schleswig meist einwöchige Fahrten, Jochen Storbeck war vom ersten Tag an dabei. Sechs- bis achthundert Gäste pro Jahr schippern mit ihm über Ost und Nordsee, maximal zwanzig pro Törn. Für die meisten ein völlig neues Naturerlebnis, weil es nicht in der Einsamkeit stattfindet, sagt er:

Von Martin Koch |
    Hier kann man doch sehr schön beides miteinander verbinden, also die unberührte Natur und dann trotzdem in einer großen Gruppe unterwegs sein. Der ganze Tagesablauf und das ganze Leben ist auf sehr wesentliche Dinge reduziert, und wenn man auf einer kleinen Insel Brötchen gebacken hat, weiß man, wie gut Brötchen schmecken können oder wenn es so furchtbar schaukelt, dass man nur noch Kartoffeln aufsetzen kann, dann weiß man, wie gut eine Kartoffel schmecken kann, wenn man sie in die Hand gedrückt kriegt.

    Die Fahrt des Bio-Leistungskurses eines Eutiner Gymnasiums verlief ohne Wetterkapriolen. Lehrer Christian Günther war früher selbst vier Jahre lang Seminarleiter auf der Petrine. Er kennt die meereskundlichen Geräte an Bord und weiß um die Vorteile einer solchen "Lerneinheit auf hoher See":

    Immer wieder beeindruckend ist, wenn wir Bodenproben nehmen aus zehn bis fünfzehn Metern: Dort bildet sich ein schwarzer Faulschlamm, der einen Hinweis gibt, dass zu viele Mineralsalze in die Ostsee gelangt sind, diese massenhafte Algenvermehrung wird dann am Boden abgebaut und bildet dann den Faulschlamm, das kann man alles im Vorfeld theoretisch in der Schule erörtern, aber dann das Erlebnis, diesen Faulschlamm hier zu sehen, zu riechen und dann auch zu fühlen, mit den Fingern anzufassen, ist ein herausragendes Erlebnis für die Schülerinnen und Schüler.

    Auf dem Umweltbildungsschiff erfahren die Teilnehmer in Theorie und Praxis, wie der Lebensraum Ostsee funktioniert. Wie intensiv, kann jede Gruppe vorher mit der Besatzung absprechen. Doch alle lernen ganz nebenbei, ein Segelschiff zu fahren.

    So sind Tomke, Max und Lena nach einer Woche fast schon alte Seehasen. Angeleitet hat sie neben dem Skipper auch Hanna von Minckwitz. Sie hat ihr freiwilliges ökologisches Jahr auf der Petrine absolviert. Dies war ihr letzter Törn. Ihr Eindruck:

    Total spannend, weil man so viel sieht die ganze Zeit und erlebt, so viel mit den Menschen zurechtkommen muss. Und bei mir hat das auch immer irgendwie geklappt mit den Leuten. Und irgendwie ist es auch anstrengend, find ich. Also acht Uhr ist Frühstück, da geht der Tag los, neben den ganzen körperlichen Tätigkeiten, die es so gibt auch die ganze Zeit die Fragen von den Gästen, auch wenn man sich irgendwo hinsetzt und ein Buch liest, kann man immer wieder gefragt und gebraucht werden.

    Hanna wird sicher wiederkommen, die Petrine ist eben ein besonderes Schiff – auch wenn Skipper Jochen Storbeck sie eher pragmatisch sieht:

    Also, ich hab da ein eher unsentimentalisches Verhältnis zu dem Blecheimer, aber dann ist es so, als sozialer Mittelpunkt für so viele Leute, die hier gerne hinkommen, die sich freuen, wenn sie das Schiff sehen, da ist es schon auch für mich ne ganz großartige Sache und so was wie ne Erfüllung und das freut mich, dass ich daran mitgearbeitet habe, und dass mit dem Blecheimer darf ich sagen, weil Schiffe ja keine Ohren haben, sondern nur Augen, also sie hören nicht was man über sie sagt, sondern sie merken nur sehr genau, was man mit ihnen macht.

    Für dieses Jahr endet die Saison des Umweltbildungsschiffes "Petrine" im Oktober, die nächste beginnt im kommenden März. Vorher stehen aber noch ein internationales Projekt zum Thema "Flucht über die Ostsee" und einige Wochen-Törns auf dem Programm.

    Nähere Informationen über die Petrine und die Angebote finden Sie im Internet unter www.petrine.de.