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"Ein Angebot, das es so noch nicht gibt"

Ab Montag, dem 8. April 2013, reformiert der Deutschlandfunk sein Nachtprogramm: Die "Radionacht" bietet werktags ab Mitternacht bis fünf Uhr morgens ein Wortprogramm, das die publizistischen Markenzeichen des Senders neu einbettet. "Qualität in Dunkelblau", verspricht Chefredakteurin Birgit Wentzien.

Birgit Wentzien im Gespräch mit Adalbert Siniawski |
    Adalbert Siniawski: Was werden wir in der Radionacht hören?

    Birgit Wentzien: Das wird ruhiger im Ton von der Moderation her sein, mit Zeit und Muße zum Hören. Mit Sendungen vom Tag in der Wiederholung, einer aktuellen Moderation in der Nacht und einer eigenen, sehr eigenen Musik, das verspreche ich Ihnen. Und es wird ein Angebot sein, das es so noch nicht gibt. Und die Sendungen, ganz klar, das sind prägende Sendungen des Deutschlandfunks wie "Hintergrund", wie "Forschung aktuell", das sind aber auch Hörereignisse, Preziosen unseres Programms wie "Sternzeit" und "Kalenderblatt". Das sind aber auch, weil wir eben nicht nur Politik machen, "Essay und Diskurs", "Kulturfragen". Das sind die "Lesezeit", die "Studiozeit" beispielsweise auch in der Mittwochsausgabe. Von daher also eine dunkelblaue, nachtblaue Nacht mit den Sendungen des Tages und einer frischen Moderation.

    Siniawski: Warum diese Reform?

    Wentzien: Es ist eine Profilschärfung unseres Hauses, denn der Sender Deutschlandfunk als seriöser Anbieter und Vermittler von Informationen und von Hintergrund zu allen Bereichen, die wir genannt haben und setzt an dieser Stelle noch mal einen ganz bewussten Akzent. Wir haben die Musik konzentriert jetzt am Wochenende, am Samstag und am Sonntag. Also das ist eine klare Strukturierung der Nacht mit den Produkten des Tages, beider Säulen dieses Hauses. Das ist die Kultur mit der Musik auf der einen Seite, und das ist natürlich die Politik.

    Siniawski: Wo Sie von Musik sprechen: Das bisherige "Nachtkonzert" bot ja wirklich eine große Vielfalt an erlesener klassischer Musik für alle. Der Deutsche Musikrat hat gegen den Wegfall der Nachtkonzerte scharf protestiert. Wird hier wirklich nicht bei der Kultur gespart beim Deutschlandfunk?

    Wentzien: Nein, wir setzen andere Akzente jetzt. Wir machen in der werktäglichen Nacht mit den Wiederholungen unserer Sendungen vom Tag und der frischen Moderation und mit dem Wochenende als Musik in Köln klar, dass das unser Profil ist in der Summe, und wir verweisen mit dem sogenannten Reißverschlussverfahren, also immer, wenn in Köln, im Deutschlandfunk, Musik ist respektive Wort, gibt es etwas anderes im Deutschlandradio Kultur in Berlin.

    Siniawski: Die Radio-Wortnacht soll ein Alleinstellungsmerkmal des Deutschlandfunks sein, Sie haben es ja auch gesagt, Profilschärfung. Es gibt aber doch schon qualitative Wortstrecken in der Nacht, zum Beispiel in der gemeinsamen ARD-Infonacht der Landesrundfunkanstalten. Wie setzt sich der DLF da ab?

    Wentzien: Das ist kein Gegenangebot zu der aktuellen ARD-Infonacht, sondern es sind unsere Tagessendungen mit dem Mut zum Hintergrund, mit dem Mut auch zum längeren Gedanken, mit dem Mut auch zum Nachdenken über Fakten des Tages, und so quasi ein Angebot schöpfen, das es noch nicht gibt, ergänzend auch zu dem, was an ARD-Infonacht schon existiert.

    Siniawski: Wiederholung ist auch ein Stichwort. Wirklich aktuell sieht das Angebot jetzt aber nicht aus auf den ersten Blick. Bis auf die Nachrichten.

    Wentzien: Die Moderatorinnen und Moderatoren, die werden dafür sorgen, dass die Beiträge, die wir wiederholen, nochmals anders klingen werden. Die werden durch ihre aktuelle Moderation, durch Ereignisse, die nachts passieren, dafür sorgen, dass beispielsweise eine Reportage im Hintergrund zur Situation im Gazastreifen weiterhin aktuell ist, aber noch mal frisch angefasst, weil möglicherweise Wahlergebnisse von spät schließenden Wahllokalen in Israel vorliegen.

    Siniawski: Zuvor hieß es, die Radionacht solle kostenneutral im Vergleich zu den bisherigen Musikstrecken, die da waren, sein. Nun wird sie doch etwas teurer, wie es heißt, als gewünscht. Kann der Deutschlandfunk sich das leisten, jetzt da alle über die Höhe des Rundfunkbeitrags diskutieren?

    Wentzien: Wir stehen in der Nacht genau unter der Lupe unserer Hörerinnen und Hörer, unter der wir am Tag stehen. Wir wollen Qualität liefern. Und Qualität eben dunkelblau oder in hellblau, im klaren Tages- und Morgenblau, die wird den Preis haben, den unsere Hörer bereit sind zu zahlen und den wir auch gewährleisten.
    Birgit Wentzien (Deutschlandfunk - Chefredakteurin)
    Birgit Wentzien (Deutschlandfunk - Chefredakteurin) (Deutschlandradio - Bettina Fürst-Fastré)