"Es kann nicht sein, dass wir alte Menschen reduzieren, sie kriegen den Funkfinger des Notrufs um den Hals gehängt, dann wird das Essen irgendwie vom Roboter serviert, und vielleicht in der Früh kommt mal eine Sozialstation und... Ja, nee, die Medikamente bringt auch der Roboter, stimmt. Ja, also irgendwann weiß ich nicht... Also, ich halte das für grausam."
Wer sich mit Claus Fussek unterhält, merkt schnell: Er kann besser mit Menschen als mit Maschinen. Der Münchner engagiert sich mit der "Vereinigung Integrationsförderung" für mehr Menschlichkeit in der Pflege Alter und Behinderter. Das Thema Pflege steht gerade auf der politischen Agenda und Fussek ist ein gefragter Gesprächspartner. Unter "Pflegeexperte" oder "Pflegekritiker" scheint er im Telefonbuch vieler Journalisten abgespeichert zu sein. Deshalb möchte auch ich von ihm wissen, was er denkt. Lässt sich der Pflegenotstand mit Robotern mildern?
"Inzwischen habe ich weit über 50.000 Beschwerden, E-Mails, Briefe, Anrufe von Pflegekräften, Angehörigen, die mir die Situation vor Ort schildern. Und die Situation ist dramatisch."
Ein Beispiel?
"Also mir sagte eine – merkwürdigerweise noch aus einem christlichen Verband – eine Pflegedienstleitung sagte: 'Wir stehen so unter Zeitdruck, dass wir unseren Mitarbeitern empfehlen, bei der Morgenschicht die alten Menschen nicht mehr zu fragen, wie's ihnen geht, wie sie geschlafen haben, weil sie keine Zeit haben, die Antwort auszuhalten.'"
Claus Fussek hat immer wieder klar gemacht, dass Roboter nichts in Pflegeheimen zu suchen haben. Doch Wissenschaftler, Ingenieure sind anderer Meinung. Ich möchte mir ein eigenes Bild machen. Sind Roboter wirklich Unheil bringende Maschinen, die menschliche Wärme durch technische Kühle ersetzen?
Care-O-Bot sieht tatsächlich nicht gerade zum Liebhaben aus. Ein grauer Korpus auf Rollen, ohne Kopf. Birgit Graf entwickelt ihn seit vielen Jahren in ihrem Labor im Stuttgarter Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung.
"Care-O-Bot wird gerade als Demonstrator im WiMiCare-Projekt eingesetzt. Das ist ein Projekt, das vom Bundesforschungsministerium gefördert wird. In diesem Projekt geht es darum, neue technische Hilfen, insbesondere Service-Roboter zu untersuchen, die für stationäre Pflegeeinrichtungen dazu dienen können, das Personal in seiner täglichen Arbeit zu unterstützen."
Unterstützen solle Care-O-Bot das Personal, nicht ersetzen. Den Pflegern mehr Zeit für die Dinge verschaffen, für die sie wirklich gebraucht werden. Ob das funktioniert, muss sich allerdings noch zeigen. Graf:
"Wir hatten 2010 die ersten Benutzertests in einem Altenheim durchgeführt. Da ging es jetzt natürlich primär darum, auch die technische Machbarkeit zu evaluieren. Das Szenario, das wir da umgesetzt haben, da ging es darum, Getränke an die Bewohner auszuschenken. Das ist eine sehr typische Aufgabe, weil alte Menschen dafür bekannt sind, dass sie zu wenig trinken. Und das Pflegepersonal muss sehr viel Zeit investieren, um die adäquate Wasserversorgung sicherzustellen."
Während Birgit Graf das sagt, vertrocknet im Besprechungsraum, in der Ecke zwischen den beiden Sofas, auf denen wir sitzen, eine dieser typischen Institutspflanzen. Care-O-Bot liefert gerade kein Wasser aus. Unbeweglich steht er im Labor. Die Forscher haben ihn aufgeschraubt, die Verkleidung entfernt und den Rechner, der ihn steuert, herausgenommen. Neben seiner Rechenintelligenz sind die wichtigsten Bausteine des Roboters seine beiden Arme. Der rechte Arm ist ein flexibler, in alle Richtungen drehbarer Greifer. Der linke Arm ist viel kürzer, statt einer Hand findet sich an seinem Ende ein Tablett, das der Roboter sich vor seinen Kunststoffbauch halten kann. Das Tablett ist die Schnittstelle zum Menschen. Wie Care-O-Bot seine Aufgaben meistert, wie er sich bewegt und mit Menschen agiert, das zeigen Videos im Internet. Ohne Ton, aber man sieht, wie der Roboter Wasser aus einem Spender zapft und langsam zu einer Person fährt. Während der fünf Test-Tage lieferte der Roboter insgesamt 20 Getränke erfolgreich aus. - Getrunken haben die Senioren das Wasser aber nur selten. Graf:
"Wir planen demnächst weitere Benutzertests. Was dann auch integriert werden soll, ist zum Beispiel eine Datenbank-Anbindung, sodass wir genau wissen, wer noch nicht getrunken hat, gekoppelt mit einer Personenerkennung, sodass wirklich die Personen, die noch den Bedarf haben, was zu trinken, dass die auch explizit angesprochen werden können."
Dabei müssen die Wissenschaftler noch am sicheren Auftreten des Roboters arbeiten, damit die Senioren ihn ernst nehmen. Und nicht nur an den Manieren wird gefeilt:
"Zur Zeit haben wir uns relativ stark auf Hol- und Bringdienste fokussiert, aber wir denken natürlich auch darüber nach, das ganze zu erweitern, zum einen, die Hol- und Bringdienste zu erweitern, dass wir noch mehr Gegenstände holen können, dass es nicht mehr nur darum geht, Getränke zu servieren, sondern vielleicht auch die Wohnung aufzuräumen oder zum Beispiel den Menschen dann in der Küche zu unterstützen."
Sowohl zu Hause als auch in Heimen könnte ein solcher Roboter für mehr Lebensqualität sorgen. Er würde darauf achten, dass es den Menschen gut geht, und er würde dafür sorgen, dass das teure, gut ausgebildete Pflegepersonal sich auf seine wesentlichen Aufgaben konzentrieren kann. Am Schluss sagt Frau Graf noch, sie sehe ihren Service-Roboter als Weiterentwicklung heutiger Haushaltsgeräte wie Waschmaschine oder Mikrowelle.
"Also ich seh den Roboter jetzt in diesen Einsatzbereichen wirklich einfach als Weiterführung von anderen Haushaltsgeräten wie Waschmaschine, Mikrowelle."
Claus Fussek, der so betitelte Pflegekritiker, hat nichts gegen Waschmaschinen, Mikrowellen oder Spülmaschinen in Pflegeheimen. Ist es denn dann nicht auch sinnvoll, wenn das Geschirr nicht nur von einem Automat gereinigt, sondern wenn das schmutzige Geschirr auch von einem Roboter in den Reinigungsautomat gestellt wird?
"Ich kenne das in vielen Einrichtungen, wo man eine ganz andere Haltung hat. Wo viele Menschen tätig sind, man sagt dann 'die das Herz auf dem rechten Fleck haben'. Ich weiß, das wird oft unprofessionell beurteilt, diese Formulierung. Aber das sind oft die Dinge, die die alten Menschen brauchen. Und dann ist eben nicht der Pflegeroboter, der den Tisch abräumt, sondern ist vielleicht eine Ehrenamtliche, eine Besucherin da, oder die ein bisschen Geld verdient, die dann mit der alten Frau zusammen den Tisch abräumt, die zusammen die Spülmaschine einräumt. Das sind Dinge, die für viele alte Menschen... die dann eine Aufgabe haben."
Wenn die Ingenieure also Recht haben mit ihrer Behauptung, ein Roboter könne Pfleger nicht ersetzen, ersetzt dann der Roboter anderes Personal? Ehrenamtliche? Zivildienstleistende? Reinigungskräfte, mit denen die alten Menschen auch kommunizieren? Die Pflegewissenschaftlerin Barbara Klein von der Fachhochschule Frankfurt sieht jedenfalls in der Pflege Veränderungsbedarf.
"Wenn man sieht, dass viele unzufrieden damit sind, wie hier Dienstleistungen erbracht werden, und dass es doch in vielen Bereichen ein Verbesserungspotenzial gibt, dann kann es doch eine sehr berechtigte Frage sein: Warum macht man sich nicht hier, wie auch im Büro-Bereich oder im Produktionsbereich das Potenzial neuer Technologien zu nutze?"
Fussek:
"Ich kann nur sagen, dass wir mit diesem Produkt sehr, sehr, sehr verantwortungsvoll umgehen müssen. Wir müssen es wirklich einer ethischen Bewertung unterziehen. Und müssen uns eigentlich immer fragen: Wollen wir das für uns? Wollen wir das für unsere Eltern?"
Ich möchte nicht aus einem Reflex heraus antworten. Ich möchte einen Realitätscheck. Mit den Fragen von Claus Fussek im Kopf sehe ich mir den ersten Roboter an, der in mehreren deutschen Pflegeheimen Einzug gehalten hat: Paro. Paro ist eine robotische Robbe. Vor mehr als vier Jahren schon begann Wilma Rita Falk, Pflegerin im Christinen-Stift in Baden-Baden, Paro als Therapieroboter einzusetzen.
Wilma Rita Falk sitzt mit einer Handvoll Bewohnern in der Guten Stube der Wohngruppe an einem Tisch, darauf liegt die Robbe, wackelt mit den Plüsch-Flossen, bewegt den Kopf und quiekt. Die demente Frau Merz lacht plötzlich permanent, der nuschelnde Herr Kühne nimmt sich eine weiße Bürste und betreibt Fellpflege. Die zurückhaltende Frau Wedig lässt sich nicht so rasch ablenken. Andauernd will sie vom Tisch aufstehen, sie wartet auf den Besuch ihrer Schwester Doris. Doch Pflegerin Falk weiß genau: Doris wird auch heute nicht kommen. Wie es sonst Angehörige tun, versucht sie mittels Paro Gespräche über längst vergangene Zeiten anzustoßen. Sie animiert die Senioren zu Interaktion und Kommunikation – und kontrolliert die Situation.
"Es ist immer jemand dabei. Eine ganz wichtige Sache, sag ich immer: Unser Paro ist kein Personal-Ersatz. Wenn ich mit Paro arbeite, das ist genauso, als wenn ich mit den Bewohnern eine andere Aktivierung oder Tätigkeit mache. Ich kann auch nicht sagen: 'So, bitte schön, die Damen, da habt ihr fünf Kartoffeln, da sind Messer, die schält ihr jetzt mal. Ich komme in 20 Minuten wieder.' Das geht auch nicht. Ich muss immer dabei sein und so muss ich auch bei Paro dabei sein."
Zufriedene Gesichter bei der Pflegerin und bei den Bewohnern. Und bei Claus Fussek?
"Warum dieses Gerät? Also ich bin fassungslos, dass wir das brauchen. Ich kann immer nur sagen, aus den Pflegeheimen, die ich positiv erlebe, dort sind Tiere selbstverständlich. Da ist nicht die künstliche Robbe, sondern da ist die lebende Ziege, das Meerschweinchen, das Kaninchen, die alte Katze, der alte Hund. Die lebenden Tiere sind doch das entscheidende. Und mit den lebenden kommen ja auch Menschen rein."
Vielleicht hat beides seine Berechtigung. Vielleicht muss man sich gar nicht entscheiden zwischen natürlichen und künstlichen Lebewesen. Vielleicht ist das Christinen-Stift in Baden-Baden der erste Ort, wo Tier, Mensch und Roboter friedlich miteinander leben können. Heimleiterin Monika Kimmig:
"Wir haben auch mit lebenden Tieren gearbeitet, und arbeiten heute noch. Wir haben eine Hundebesuchsgruppe, wir haben zwei eigene Zwergkaninchen, aber Paro ist einfach ein Tier, was immer zur Verfügung steht. Das heißt, wenn ein Bewohner, wenn es ihm mal nicht gut geht oder er ist mal unsicher - Paro ist was, was einem Bewohner was zurückgibt, was man bei einem lebenden Tier nicht erlebt."
Ein Roboter, der Emotionen anspricht, polarisiert besonders, erzeugt Ängste – vor allem in Deutschland. Wollen wir das für uns? Wollen wir das für unsere Eltern, hat Claus Fussek gefragt. Und dabei schwingt doch immer mit: Wenn wir einen niedlichen Kuschelroboter zulassen, lässt sich dann der nächste Schritt noch verhindern? Entstehen ökonomische Zwänge, wodurch schleichend immer mehr Aufgaben an Roboter übertragen werden, für die sie gar nicht gedacht waren? Vielleicht ist es kein Zufall, dass Paro in Deutschland ausgerechnet im Christinen-Stift zuerst im Einsatz ist. Das Haus ist im Prinzip eine Filiale eines Pflege-Konzerns. "Ein Unternehmen der Maternus-Gruppe" steht wörtlich auf der Website. Mehr als 2000 Mitarbeiter an 26 Standorten.
Angst ist ein deutsches Wort, das weltweit bekannt ist. Es scheint etwas deutsch zu sein an dieser Angst. Speziell die Angst vor Robotern ist in Japan dagegen unbekannt. Hier sind Roboter eher Begleiter oder Freunde. Paro, die flauschige Robbe, kommt aus Japan. Eine Pflegerin fährt Frau Ijima im Rollstuhl an einen großen Tisch im Aufenthaltsraum des Pflegeheims in Tsukuba, nicht weit von Tokio. Wohnlich wie im Christinen-Stift ist es hier nicht. Der Raum groß und hell, mit vielen Fenstern, aber karg. Die flauschige, mechanische Robbe ist das einzige, was eine gewisse Wärme in den Saal mit dem braungrauen Linoleumboden bringt. Frau Ijima scheint ein Lächeln über ihre eingefallenen, dunklen Augen zu huschen. Paro liegt vor der kleinen alten Frau auf dem Tisch. Einmal in der Woche holt die Robbe die 90-Jährige aus ihrer Einsamkeit. Trotz Demenz erkennt sie Paro wieder, tätschelt sofort seinen Kopf.
Der sei ganz brav, sagt Frau Ijima. Genauso brav wie ihre Kinder. Aber wenn er verärgert sei, dann schaue er ganz streng. Ob ich auch Hunde mögen würde, will sie wissen. Paro ist kein Hund, sondern eine Roboter-Robbe. Aber wenn Paro Frau Ijima an einen Hund aus ihrem vergangenen Leben außerhalb des Heims erinnert und an ihre Kinder, dann hat Paro seine Aufgabe schon erfüllt.
"Paro stimulates the people to associate with having a baby or grandchildren or having real animals. And such kind of association is very important."
Wie Paro das macht, was sein Erfinder Takanori Shibata beschreibt, ist unmittelbar erkennbar. Rundliche Formen, ein großer Kopf, große Augen: Kindchenschema. Wenn die Robbe dann noch mit den Flossen wackelt oder den Kopf neigt, dann löst sie unweigerlich einen Streichelreflex aus. Dabei passiert anscheinend noch mehr. Takanori Shibata erzählt von einer Patientin in Dänemark, die ursprünglich aus Osteuropa stammte, aber die dänische Sprache gelernt hatte, bevor sie an Demenz erkrankte.
"We have a patient in Denmark, she is from eastern Europe, originally. Before becoming demented, she could speak Danish and her original language. But after becoming demented, she could not speak Danish, but only the original language. But when she interacts with Paro, she can speak with Paro in Danish. And only at the time, she can communicate with other people in Danish."
Nur während Paro bei ihr war, konnte sie Dänisch sprechen. Eine beeindruckende Schilderung – ich hatte von solchen Fällen gehört. Grundsätzlich, erklärt Shibata, funktioniere die Arbeit mit Paro genau wie Tiertherapie, nur ohne die Nachteile, die Tiere mit sich bringen: sie lösen keine Allergien aus, haben unbeschränkt Kondition und verlangen für die Haltung nicht noch zusätzlich Pflegeaufwand. In der Tiertherapie gibt es laut Shibata drei wichtige Effekte, die sich auch mit der Robotertherapie mit Paro erzielen lassen.
"We can summarize three kinds of effects in animal therapy. Basically they are the same as robot therapy by Paro. First is the psychological effect. People are cheered or motivated. Second is physiological effect: People reduce their stress. When we measured the brain activity of the people, who interacted with Paro, some people, who have dementia, they improved their brain activity. And also we measured hormones of the urine of the elderly people, who interacted with Paro. The result showed, that people reduced their stress. The third is the social effect. Existence of Paro encourages communication amongst people."
Erstens einen psychologischen Effekt, der die Menschen motiviere. Zweitens einen physiologischen Effekt: Stress werde abgebaut, bei einigen Demenzpatienten nehme die Hirnaktivität zu. Auch Hormonkonzentrationen im Urin habe er mit seinem Team untersucht und daraus einen Stressabbau abgeleitet. Der dritte sei der soziale Effekt. Paro fördere die Kommunikation zwischen den Menschen.
Shibatas Forschung wird von Wissenschaftlern in Europa durchaus kritisch betrachtet. Vor allem, weil er, Paros Erfinder, beinahe der einzige ist, der Studien über Paro veröffentlicht. Hinzu kommt, dass die Studien immer nur mit wenigen Probanden arbeiten. Trotzdem scheint klar zu sein: Paro triggert Gespräche. Offen bleibt, ob er dafür all die Technik braucht: Ob er Stimmen erkennen können muss, ob er merken muss, wenn er mit seinem Namen angesprochen wird und ob er sehen können muss, wer sich ihm nähert. All das kann Paro und vielleicht trägt es dazu bei, dass er einem echten Tier weitaus näher kommt als eine Plüschrobbe. Die positiven Effekte scheinen jedenfalls auf der Hand zu liegen – und zwar nicht nur für die Patienten, meint Shibata. Auch bei Pflegern hat er eine größere Zufriedenheit festgestellt, wenn sie mit Paro arbeiten. Als nächstes will Shibata spezialisiertere Therapieroboter entwickeln.
"At the next step, I will develop some specialized Paro. For example Paro A is good for people with dementia, Paro B is good for children with autism, Paro C is good for people with psychological problem."
Einen Paro für Demente, einen Paro für autistische Kinder und einen Paro für psychisch Kranke zum Beispiel. Das würde Shibatas deutschen Kunden wahrscheinlich gut gefallen. In Deutschland müssten Roboter immer eine Funktion haben, sagen die Japaner. In Japan können sie auch einfach nur zur Unterhaltung dienen. Der Roboter-Hund Aibo beispielsweise oder der Roboter-Dinosaurier Pleo. Beide sind im Prinzip weiter entwickelte Tamagotchis, die nach permanenter Zuwendung und Pflege von ihren Besitzern verlangen.
Toshiharu Mukai vom Forschungsinstitut Riken entwickelt dennoch einen funktionellen Roboter. Einen, der wirklich in der Pflege mit anpackt. Toshiharu Mukai zeigt – wie viele andere japanische Roboterforscher auch – Gästen gerne eine Grafik mit der prognostizierten demographischen Entwicklung in Japan. Die Alten werden immer mehr, lautet die Botschaft. Im Jahr 2025 sollen 30 Prozent der Japaner älter als 64 sein. 20 Jahre später sollen es schon bis zu 40 Prozent sein. Es werde schwierig, in Zukunft Pflegekräfte für all die Alten zu finden, sagt Mukai. Roboter also sollen den Mangel beheben. Ri-Man hieß Mukais erster Prototyp, im Jahr 2010 stellte er die Nachfolgerin Riba vor, Robot for Interactive Body Assistance. Stolz präsentiert er sie in seinem Labor nahe der Stadt Nagoya.
"This is our robot Riba. It can lift up a human and transfer from bed to a wheelchair."
Riba soll eine Person aus dem Bett in einen Rollstuhl heben können, erklärt er. Vor uns steht ein 1,40 Meter hohes, weißes, knubbeliges Gerät, dessen Aussehen an einen niedlichen Eisbären erinnert.
"Usually it speaks, but speaker is off. I'm sorry."
Eine freundliche Begrüßung ist dem Roboter an diesem Tag leider nicht zu entlocken, der Lautsprecher ist abgeklemmt, weil auch an diesem Roboter permanent weiter entwickelt wird. Die Mikrofone allerdings funktionieren und so kann Riba die Anweisungen des Entwicklers verstehen.
"Heb die Prinzessin hoch", sagt Mukai auf Japanisch zu dem Roboter. Die Prinzessin, das ist ein 18,5 Kilo schwerer Dummy im Nachthemd. Das Hochheben bewerkstelligt Riba bei der Demonstration nicht selbstständig. Mukai berührt sanft ihre Unterarme von hinten und führt sie so unter die Prinzessin.
"Okay, lifting up finished now."
Die Arme des Roboters fühlen sich weich an; ein weicher, weißer, hygienischer Kunststoff. Man kann vermutlich durchaus einigermaßen bequem darin liegen. Auch wenn Riba über 60 Kilo heben können soll – bisher hat nur der Dummy das Vergnügen. Aus Sicherheitsgründen und um das Material zu schonen. Riba ist noch ein wenig gebrechlich.
Wir überlassen Riba und die Prinzessin ihrem Schicksal und wechseln das Gebäude. Wie in Japan üblich heißt das zunächst: Schuhe wechseln. Vorm Betreten des Gebäudes die Straßenschuhe in ein Schließfach stellen und rein in die Kunststoffschläppchen. Dann nennt der Forscher mehr Details über das Projekt Pflegeroboter. Im Moment könne Riba Menschen aus dem Bett in den Rollstuhl heben und umgekehrt. Sie könne aber auch vertraut mit Menschen werden, indem sie einfache Gespräche führe. Riba sei in einer Pflegeeinrichtung ausprobiert worden. Und die Rückmeldungen seien sehr positiv gewesen. Es sei schließlich sehr schwer, Menschen zu heben. Dennoch gebe es noch viel Entwicklungsarbeit zu leisten.
Wie viele Roboter-Ingenieure hält Mukai Sicherheit für eines der wichtigsten Themen. Die Kraft des Roboters darf nicht zum Verletzungsrisiko werden. Sicherheitsvorschriften und Versicherungen müssen mit ihrer Arbeit Schritt halten, fordern die Entwickler. Man erzählt sich von Forschern, die aus Not ihren Roboter als Mofa angemeldet hätten.
Wenn die Probleme auf diesen Nebenschauplätzen geklärt sind, dann sollen Riba und Konsorten in die Pflegeheime einziehen. Nicht nur in Japan. Auch Deutschland wird sich allen Prognosen zufolge daran gewöhnen müssen. Bis zum Jahr 2050 soll sich der Bedarf an Vollzeitarbeitskräften in der Altenpflege auf 1,3 Millionen verdoppeln. So viele Menschen ließen sich dafür nicht gewinnen, sagen Fachleute. Roboter sollen die Lücke stopfen. Vielleicht würden wir uns damit leichter tun, wenn der Roboter nicht Roboter hieße? Toshiharu Mukai hat versucht, Riba ein freundliches Äußeres zu geben, aber das R von Riba steht immer noch für Roboter. Wenn nun aber nicht die Rede von einem Roboter wäre, sondern von einer automatischen Hebevorrichtung – wäre das nicht eine zulässige Vorgehensweise, um die Diskussion zu versachlichen? Claus Fussek:
"Es gibt natürlich sehr sinnvolle Hilfsmittel: Hebegeräte, verstellbare Betten und so weiter. Dort wo Hilfsmittel sinnvoll und segensreich sind und vielleicht auch entlastend, ich denke, man darf da nichts generalisieren."
Ein Riba-Roboter wie er heute in dem Labor in Nagoya steht, vielleicht noch etwas kräftiger und sicherer, damit könnte Claus Fussek wohl leben. Ein Roboter, der Werkzeug des Pflegers ist. Und auch die Frankfurter Pflegewissenschaftlerin Barbara Klein hat gegen solcherlei Unterstützung keine grundsätzlichen Bedenken.
"Wir haben ja gerade im Pflegebereich ein riesiges Problem. Hier in Deutschland werden zum Teil die technischen Hilfsmittel zu selten eingesetzt, sie sind zu selten da, sie sind umständlich zu bedienen. Und wenn es da einen Fortschritt gibt, dass Pflegekräfte diese wirklich sehr, sehr, sehr schwierigen Tätigkeiten, dass sie da eine Unterstützung bekommen, ich denke, da ist den Pflegekräften sehr geholfen."
Doch Toshiharu Mukai will den Pflegekräften nicht nur unter die Arme greifen. Riba soll nach seiner Vorstellung eines Tages durchaus auch ohne Anwesenheit eines Pflegers ihre Dienste tun. Solche Entwicklungen beobachtet Claus Fussek schon heute.
"Ich kenne das ja, wenn alte Menschen einen Hausnotruf haben, das ist ja eine sehr segensreiche Einrichtung. Aber wie oft wird argumentiert: Sie haben doch den Hausnotruf, sie brauchen nicht so viel. Man weiß genau, der Hausnotruf ist nur für den Notruf da. Was meinen Sie, wie viele alte Menschen den Hausnotruf auslösen, weil sie einsam sind? Hier wird auch von Kostenträgern oft argumentiert: Wir können hier Personal einsparen und die Frau kriegt einen Hausnotruf. Das heißt: Die Versorgung wird auf das absolute Minimum reduziert, auf das Notwendigste, und das war's dann."
Die VDE-Studie "Mein Freund, der Roboter", die demnächst veröffentlicht wird, zeigt genauer, wann Roboter von Senioren akzeptiert werden: Wenn die Maschinen ihre Selbstständigkeit und Autonomie erhöhen. Wenn Roboter allerdings nicht auf die Bedürfnisse der Alten, Kranken und Behinderten, sondern auf die Bedürfnisse des Pflegepersonals zugeschnitten werden, dann fürchten die befragten 70- bis 87-Jährigen, dass ihre Autonomie dadurch eher weiter eingeschränkt wird.
Roboter werden kommen. Mehr als elf Millionen Roboter im Wert von fünf Milliarden Dollar sollen zwischen 2010 und 2013 weltweit an Privathaushalte verkauft werden, schätzt die International Federation of Robotics: Zunächst einmal Staubsaugerroboter, Rasenmäherroboter, Spielzeugroboter und Lernroboter. Pflege- oder Service-Roboter als selbstständige Haushaltshelfer, möglicherweise mit medizinischen Überwachungsaufgaben - das erwarten die Experten in etwa zehn Jahren. Dann sollen Serviceroboter so viel kosten wie ein Mittelklassewagen – manche Ökonomen gehen davon aus, dass sie sich dann im Vergleich mit einer Pflegekraft schon fast rechnen werden. Für Fussek eine Schreckensvision.
"Ich habe selbst in der Pflege gearbeitet. Und wenn wir nicht unter absolutem Zeitdruck arbeiten mussten – was leider der Fall ist, aber das wollen wir ja in den Griff kriegen – dann muss ich sagen, war auch hier die menschliche Zuwendung, das Gespräch beim Anziehen, beim in den Rollstuhl Setzen – ich weiß, das findet oft wortlos statt, aber auch hier ist es ein Zeitraum, wo man Gespräche führen kann, wo oft die Zeit genutzt wird, für ein paar freundliche Worte und tröstende Worte. Ich nenn das mal so etwas pathetisch."
Nicht, dass die Ingenieure das nicht wüssten. Sie planen sogar damit. Roboter sollen Menschen nicht nur dienen, ihnen helfen und sie unterstützen. Roboter sollen Menschen auch unterhalten und sich mit ihnen unterhalten. Der deutsche getränkeverteilende Care-O-Bot könnte in Zukunft einen Touchscreen bekommen, auf dem sich seniorengerechte Gedächtnisspiele spielen lassen. Die japanische Riba eine Internetverbindung, um die Wettervorhersage abzurufen oder Telefonate zu ermöglichen.
Es zeichnet sich ab: Roboter kommen zuerst zum Staubsaugen und Rasenmähen in unsere Häuser und Heime. Dann aber könnten sie nicht nur Dienstleistungen übernehmen, sondern auch die simple Anwesenheit von Menschen ersetzen. Das ist es, wovor Claus Fussek permanent warnt. Seit Jahren. Zu nützen scheint es wenig:
"Ich bin Realist genug: Wenn wir nicht genügend Pflegekräfte finden und wenn eine Gesellschaft nicht bereit ist, zum Beispiel auch besser zu bezahlen, dann bleibt uns ja nur die Antwort... Die Alternative wäre dann vielleicht noch die aktive Sterbehilfe. Aber die Menschen sind da, sie überleben dank Medizin und wir müssen sie irgendwie versorgen. Und wenn wir das menschlich nicht schaffen, dann bleibt nur der Roboter, möglicherweise."
Zynismus, Angst und Dogmatismus sind schlechte Berater. Vielleicht kommt doch noch alles ganz anders? Versuche aus Großbritannien zur Akzeptanz von Robotern kommen zum Schluss, dass Menschen die neuen Roboter mit offenen Armen empfangen werden. Einige ältere Menschen hätten einem Roboter in ihrem Haushalt schnell einen Namen gegeben und sich mit ihm unterhalten – selbst dann, wenn der Roboter keinen Nutzen hatte und gar nicht antwortete.
Wer sich mit Claus Fussek unterhält, merkt schnell: Er kann besser mit Menschen als mit Maschinen. Der Münchner engagiert sich mit der "Vereinigung Integrationsförderung" für mehr Menschlichkeit in der Pflege Alter und Behinderter. Das Thema Pflege steht gerade auf der politischen Agenda und Fussek ist ein gefragter Gesprächspartner. Unter "Pflegeexperte" oder "Pflegekritiker" scheint er im Telefonbuch vieler Journalisten abgespeichert zu sein. Deshalb möchte auch ich von ihm wissen, was er denkt. Lässt sich der Pflegenotstand mit Robotern mildern?
"Inzwischen habe ich weit über 50.000 Beschwerden, E-Mails, Briefe, Anrufe von Pflegekräften, Angehörigen, die mir die Situation vor Ort schildern. Und die Situation ist dramatisch."
Ein Beispiel?
"Also mir sagte eine – merkwürdigerweise noch aus einem christlichen Verband – eine Pflegedienstleitung sagte: 'Wir stehen so unter Zeitdruck, dass wir unseren Mitarbeitern empfehlen, bei der Morgenschicht die alten Menschen nicht mehr zu fragen, wie's ihnen geht, wie sie geschlafen haben, weil sie keine Zeit haben, die Antwort auszuhalten.'"
Claus Fussek hat immer wieder klar gemacht, dass Roboter nichts in Pflegeheimen zu suchen haben. Doch Wissenschaftler, Ingenieure sind anderer Meinung. Ich möchte mir ein eigenes Bild machen. Sind Roboter wirklich Unheil bringende Maschinen, die menschliche Wärme durch technische Kühle ersetzen?
Care-O-Bot sieht tatsächlich nicht gerade zum Liebhaben aus. Ein grauer Korpus auf Rollen, ohne Kopf. Birgit Graf entwickelt ihn seit vielen Jahren in ihrem Labor im Stuttgarter Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung.
"Care-O-Bot wird gerade als Demonstrator im WiMiCare-Projekt eingesetzt. Das ist ein Projekt, das vom Bundesforschungsministerium gefördert wird. In diesem Projekt geht es darum, neue technische Hilfen, insbesondere Service-Roboter zu untersuchen, die für stationäre Pflegeeinrichtungen dazu dienen können, das Personal in seiner täglichen Arbeit zu unterstützen."
Unterstützen solle Care-O-Bot das Personal, nicht ersetzen. Den Pflegern mehr Zeit für die Dinge verschaffen, für die sie wirklich gebraucht werden. Ob das funktioniert, muss sich allerdings noch zeigen. Graf:
"Wir hatten 2010 die ersten Benutzertests in einem Altenheim durchgeführt. Da ging es jetzt natürlich primär darum, auch die technische Machbarkeit zu evaluieren. Das Szenario, das wir da umgesetzt haben, da ging es darum, Getränke an die Bewohner auszuschenken. Das ist eine sehr typische Aufgabe, weil alte Menschen dafür bekannt sind, dass sie zu wenig trinken. Und das Pflegepersonal muss sehr viel Zeit investieren, um die adäquate Wasserversorgung sicherzustellen."
Während Birgit Graf das sagt, vertrocknet im Besprechungsraum, in der Ecke zwischen den beiden Sofas, auf denen wir sitzen, eine dieser typischen Institutspflanzen. Care-O-Bot liefert gerade kein Wasser aus. Unbeweglich steht er im Labor. Die Forscher haben ihn aufgeschraubt, die Verkleidung entfernt und den Rechner, der ihn steuert, herausgenommen. Neben seiner Rechenintelligenz sind die wichtigsten Bausteine des Roboters seine beiden Arme. Der rechte Arm ist ein flexibler, in alle Richtungen drehbarer Greifer. Der linke Arm ist viel kürzer, statt einer Hand findet sich an seinem Ende ein Tablett, das der Roboter sich vor seinen Kunststoffbauch halten kann. Das Tablett ist die Schnittstelle zum Menschen. Wie Care-O-Bot seine Aufgaben meistert, wie er sich bewegt und mit Menschen agiert, das zeigen Videos im Internet. Ohne Ton, aber man sieht, wie der Roboter Wasser aus einem Spender zapft und langsam zu einer Person fährt. Während der fünf Test-Tage lieferte der Roboter insgesamt 20 Getränke erfolgreich aus. - Getrunken haben die Senioren das Wasser aber nur selten. Graf:
"Wir planen demnächst weitere Benutzertests. Was dann auch integriert werden soll, ist zum Beispiel eine Datenbank-Anbindung, sodass wir genau wissen, wer noch nicht getrunken hat, gekoppelt mit einer Personenerkennung, sodass wirklich die Personen, die noch den Bedarf haben, was zu trinken, dass die auch explizit angesprochen werden können."
Dabei müssen die Wissenschaftler noch am sicheren Auftreten des Roboters arbeiten, damit die Senioren ihn ernst nehmen. Und nicht nur an den Manieren wird gefeilt:
"Zur Zeit haben wir uns relativ stark auf Hol- und Bringdienste fokussiert, aber wir denken natürlich auch darüber nach, das ganze zu erweitern, zum einen, die Hol- und Bringdienste zu erweitern, dass wir noch mehr Gegenstände holen können, dass es nicht mehr nur darum geht, Getränke zu servieren, sondern vielleicht auch die Wohnung aufzuräumen oder zum Beispiel den Menschen dann in der Küche zu unterstützen."
Sowohl zu Hause als auch in Heimen könnte ein solcher Roboter für mehr Lebensqualität sorgen. Er würde darauf achten, dass es den Menschen gut geht, und er würde dafür sorgen, dass das teure, gut ausgebildete Pflegepersonal sich auf seine wesentlichen Aufgaben konzentrieren kann. Am Schluss sagt Frau Graf noch, sie sehe ihren Service-Roboter als Weiterentwicklung heutiger Haushaltsgeräte wie Waschmaschine oder Mikrowelle.
"Also ich seh den Roboter jetzt in diesen Einsatzbereichen wirklich einfach als Weiterführung von anderen Haushaltsgeräten wie Waschmaschine, Mikrowelle."
Claus Fussek, der so betitelte Pflegekritiker, hat nichts gegen Waschmaschinen, Mikrowellen oder Spülmaschinen in Pflegeheimen. Ist es denn dann nicht auch sinnvoll, wenn das Geschirr nicht nur von einem Automat gereinigt, sondern wenn das schmutzige Geschirr auch von einem Roboter in den Reinigungsautomat gestellt wird?
"Ich kenne das in vielen Einrichtungen, wo man eine ganz andere Haltung hat. Wo viele Menschen tätig sind, man sagt dann 'die das Herz auf dem rechten Fleck haben'. Ich weiß, das wird oft unprofessionell beurteilt, diese Formulierung. Aber das sind oft die Dinge, die die alten Menschen brauchen. Und dann ist eben nicht der Pflegeroboter, der den Tisch abräumt, sondern ist vielleicht eine Ehrenamtliche, eine Besucherin da, oder die ein bisschen Geld verdient, die dann mit der alten Frau zusammen den Tisch abräumt, die zusammen die Spülmaschine einräumt. Das sind Dinge, die für viele alte Menschen... die dann eine Aufgabe haben."
Wenn die Ingenieure also Recht haben mit ihrer Behauptung, ein Roboter könne Pfleger nicht ersetzen, ersetzt dann der Roboter anderes Personal? Ehrenamtliche? Zivildienstleistende? Reinigungskräfte, mit denen die alten Menschen auch kommunizieren? Die Pflegewissenschaftlerin Barbara Klein von der Fachhochschule Frankfurt sieht jedenfalls in der Pflege Veränderungsbedarf.
"Wenn man sieht, dass viele unzufrieden damit sind, wie hier Dienstleistungen erbracht werden, und dass es doch in vielen Bereichen ein Verbesserungspotenzial gibt, dann kann es doch eine sehr berechtigte Frage sein: Warum macht man sich nicht hier, wie auch im Büro-Bereich oder im Produktionsbereich das Potenzial neuer Technologien zu nutze?"
Fussek:
"Ich kann nur sagen, dass wir mit diesem Produkt sehr, sehr, sehr verantwortungsvoll umgehen müssen. Wir müssen es wirklich einer ethischen Bewertung unterziehen. Und müssen uns eigentlich immer fragen: Wollen wir das für uns? Wollen wir das für unsere Eltern?"
Ich möchte nicht aus einem Reflex heraus antworten. Ich möchte einen Realitätscheck. Mit den Fragen von Claus Fussek im Kopf sehe ich mir den ersten Roboter an, der in mehreren deutschen Pflegeheimen Einzug gehalten hat: Paro. Paro ist eine robotische Robbe. Vor mehr als vier Jahren schon begann Wilma Rita Falk, Pflegerin im Christinen-Stift in Baden-Baden, Paro als Therapieroboter einzusetzen.
Wilma Rita Falk sitzt mit einer Handvoll Bewohnern in der Guten Stube der Wohngruppe an einem Tisch, darauf liegt die Robbe, wackelt mit den Plüsch-Flossen, bewegt den Kopf und quiekt. Die demente Frau Merz lacht plötzlich permanent, der nuschelnde Herr Kühne nimmt sich eine weiße Bürste und betreibt Fellpflege. Die zurückhaltende Frau Wedig lässt sich nicht so rasch ablenken. Andauernd will sie vom Tisch aufstehen, sie wartet auf den Besuch ihrer Schwester Doris. Doch Pflegerin Falk weiß genau: Doris wird auch heute nicht kommen. Wie es sonst Angehörige tun, versucht sie mittels Paro Gespräche über längst vergangene Zeiten anzustoßen. Sie animiert die Senioren zu Interaktion und Kommunikation – und kontrolliert die Situation.
"Es ist immer jemand dabei. Eine ganz wichtige Sache, sag ich immer: Unser Paro ist kein Personal-Ersatz. Wenn ich mit Paro arbeite, das ist genauso, als wenn ich mit den Bewohnern eine andere Aktivierung oder Tätigkeit mache. Ich kann auch nicht sagen: 'So, bitte schön, die Damen, da habt ihr fünf Kartoffeln, da sind Messer, die schält ihr jetzt mal. Ich komme in 20 Minuten wieder.' Das geht auch nicht. Ich muss immer dabei sein und so muss ich auch bei Paro dabei sein."
Zufriedene Gesichter bei der Pflegerin und bei den Bewohnern. Und bei Claus Fussek?
"Warum dieses Gerät? Also ich bin fassungslos, dass wir das brauchen. Ich kann immer nur sagen, aus den Pflegeheimen, die ich positiv erlebe, dort sind Tiere selbstverständlich. Da ist nicht die künstliche Robbe, sondern da ist die lebende Ziege, das Meerschweinchen, das Kaninchen, die alte Katze, der alte Hund. Die lebenden Tiere sind doch das entscheidende. Und mit den lebenden kommen ja auch Menschen rein."
Vielleicht hat beides seine Berechtigung. Vielleicht muss man sich gar nicht entscheiden zwischen natürlichen und künstlichen Lebewesen. Vielleicht ist das Christinen-Stift in Baden-Baden der erste Ort, wo Tier, Mensch und Roboter friedlich miteinander leben können. Heimleiterin Monika Kimmig:
"Wir haben auch mit lebenden Tieren gearbeitet, und arbeiten heute noch. Wir haben eine Hundebesuchsgruppe, wir haben zwei eigene Zwergkaninchen, aber Paro ist einfach ein Tier, was immer zur Verfügung steht. Das heißt, wenn ein Bewohner, wenn es ihm mal nicht gut geht oder er ist mal unsicher - Paro ist was, was einem Bewohner was zurückgibt, was man bei einem lebenden Tier nicht erlebt."
Ein Roboter, der Emotionen anspricht, polarisiert besonders, erzeugt Ängste – vor allem in Deutschland. Wollen wir das für uns? Wollen wir das für unsere Eltern, hat Claus Fussek gefragt. Und dabei schwingt doch immer mit: Wenn wir einen niedlichen Kuschelroboter zulassen, lässt sich dann der nächste Schritt noch verhindern? Entstehen ökonomische Zwänge, wodurch schleichend immer mehr Aufgaben an Roboter übertragen werden, für die sie gar nicht gedacht waren? Vielleicht ist es kein Zufall, dass Paro in Deutschland ausgerechnet im Christinen-Stift zuerst im Einsatz ist. Das Haus ist im Prinzip eine Filiale eines Pflege-Konzerns. "Ein Unternehmen der Maternus-Gruppe" steht wörtlich auf der Website. Mehr als 2000 Mitarbeiter an 26 Standorten.
Angst ist ein deutsches Wort, das weltweit bekannt ist. Es scheint etwas deutsch zu sein an dieser Angst. Speziell die Angst vor Robotern ist in Japan dagegen unbekannt. Hier sind Roboter eher Begleiter oder Freunde. Paro, die flauschige Robbe, kommt aus Japan. Eine Pflegerin fährt Frau Ijima im Rollstuhl an einen großen Tisch im Aufenthaltsraum des Pflegeheims in Tsukuba, nicht weit von Tokio. Wohnlich wie im Christinen-Stift ist es hier nicht. Der Raum groß und hell, mit vielen Fenstern, aber karg. Die flauschige, mechanische Robbe ist das einzige, was eine gewisse Wärme in den Saal mit dem braungrauen Linoleumboden bringt. Frau Ijima scheint ein Lächeln über ihre eingefallenen, dunklen Augen zu huschen. Paro liegt vor der kleinen alten Frau auf dem Tisch. Einmal in der Woche holt die Robbe die 90-Jährige aus ihrer Einsamkeit. Trotz Demenz erkennt sie Paro wieder, tätschelt sofort seinen Kopf.
Der sei ganz brav, sagt Frau Ijima. Genauso brav wie ihre Kinder. Aber wenn er verärgert sei, dann schaue er ganz streng. Ob ich auch Hunde mögen würde, will sie wissen. Paro ist kein Hund, sondern eine Roboter-Robbe. Aber wenn Paro Frau Ijima an einen Hund aus ihrem vergangenen Leben außerhalb des Heims erinnert und an ihre Kinder, dann hat Paro seine Aufgabe schon erfüllt.
"Paro stimulates the people to associate with having a baby or grandchildren or having real animals. And such kind of association is very important."
Wie Paro das macht, was sein Erfinder Takanori Shibata beschreibt, ist unmittelbar erkennbar. Rundliche Formen, ein großer Kopf, große Augen: Kindchenschema. Wenn die Robbe dann noch mit den Flossen wackelt oder den Kopf neigt, dann löst sie unweigerlich einen Streichelreflex aus. Dabei passiert anscheinend noch mehr. Takanori Shibata erzählt von einer Patientin in Dänemark, die ursprünglich aus Osteuropa stammte, aber die dänische Sprache gelernt hatte, bevor sie an Demenz erkrankte.
"We have a patient in Denmark, she is from eastern Europe, originally. Before becoming demented, she could speak Danish and her original language. But after becoming demented, she could not speak Danish, but only the original language. But when she interacts with Paro, she can speak with Paro in Danish. And only at the time, she can communicate with other people in Danish."
Nur während Paro bei ihr war, konnte sie Dänisch sprechen. Eine beeindruckende Schilderung – ich hatte von solchen Fällen gehört. Grundsätzlich, erklärt Shibata, funktioniere die Arbeit mit Paro genau wie Tiertherapie, nur ohne die Nachteile, die Tiere mit sich bringen: sie lösen keine Allergien aus, haben unbeschränkt Kondition und verlangen für die Haltung nicht noch zusätzlich Pflegeaufwand. In der Tiertherapie gibt es laut Shibata drei wichtige Effekte, die sich auch mit der Robotertherapie mit Paro erzielen lassen.
"We can summarize three kinds of effects in animal therapy. Basically they are the same as robot therapy by Paro. First is the psychological effect. People are cheered or motivated. Second is physiological effect: People reduce their stress. When we measured the brain activity of the people, who interacted with Paro, some people, who have dementia, they improved their brain activity. And also we measured hormones of the urine of the elderly people, who interacted with Paro. The result showed, that people reduced their stress. The third is the social effect. Existence of Paro encourages communication amongst people."
Erstens einen psychologischen Effekt, der die Menschen motiviere. Zweitens einen physiologischen Effekt: Stress werde abgebaut, bei einigen Demenzpatienten nehme die Hirnaktivität zu. Auch Hormonkonzentrationen im Urin habe er mit seinem Team untersucht und daraus einen Stressabbau abgeleitet. Der dritte sei der soziale Effekt. Paro fördere die Kommunikation zwischen den Menschen.
Shibatas Forschung wird von Wissenschaftlern in Europa durchaus kritisch betrachtet. Vor allem, weil er, Paros Erfinder, beinahe der einzige ist, der Studien über Paro veröffentlicht. Hinzu kommt, dass die Studien immer nur mit wenigen Probanden arbeiten. Trotzdem scheint klar zu sein: Paro triggert Gespräche. Offen bleibt, ob er dafür all die Technik braucht: Ob er Stimmen erkennen können muss, ob er merken muss, wenn er mit seinem Namen angesprochen wird und ob er sehen können muss, wer sich ihm nähert. All das kann Paro und vielleicht trägt es dazu bei, dass er einem echten Tier weitaus näher kommt als eine Plüschrobbe. Die positiven Effekte scheinen jedenfalls auf der Hand zu liegen – und zwar nicht nur für die Patienten, meint Shibata. Auch bei Pflegern hat er eine größere Zufriedenheit festgestellt, wenn sie mit Paro arbeiten. Als nächstes will Shibata spezialisiertere Therapieroboter entwickeln.
"At the next step, I will develop some specialized Paro. For example Paro A is good for people with dementia, Paro B is good for children with autism, Paro C is good for people with psychological problem."
Einen Paro für Demente, einen Paro für autistische Kinder und einen Paro für psychisch Kranke zum Beispiel. Das würde Shibatas deutschen Kunden wahrscheinlich gut gefallen. In Deutschland müssten Roboter immer eine Funktion haben, sagen die Japaner. In Japan können sie auch einfach nur zur Unterhaltung dienen. Der Roboter-Hund Aibo beispielsweise oder der Roboter-Dinosaurier Pleo. Beide sind im Prinzip weiter entwickelte Tamagotchis, die nach permanenter Zuwendung und Pflege von ihren Besitzern verlangen.
Toshiharu Mukai vom Forschungsinstitut Riken entwickelt dennoch einen funktionellen Roboter. Einen, der wirklich in der Pflege mit anpackt. Toshiharu Mukai zeigt – wie viele andere japanische Roboterforscher auch – Gästen gerne eine Grafik mit der prognostizierten demographischen Entwicklung in Japan. Die Alten werden immer mehr, lautet die Botschaft. Im Jahr 2025 sollen 30 Prozent der Japaner älter als 64 sein. 20 Jahre später sollen es schon bis zu 40 Prozent sein. Es werde schwierig, in Zukunft Pflegekräfte für all die Alten zu finden, sagt Mukai. Roboter also sollen den Mangel beheben. Ri-Man hieß Mukais erster Prototyp, im Jahr 2010 stellte er die Nachfolgerin Riba vor, Robot for Interactive Body Assistance. Stolz präsentiert er sie in seinem Labor nahe der Stadt Nagoya.
"This is our robot Riba. It can lift up a human and transfer from bed to a wheelchair."
Riba soll eine Person aus dem Bett in einen Rollstuhl heben können, erklärt er. Vor uns steht ein 1,40 Meter hohes, weißes, knubbeliges Gerät, dessen Aussehen an einen niedlichen Eisbären erinnert.
"Usually it speaks, but speaker is off. I'm sorry."
Eine freundliche Begrüßung ist dem Roboter an diesem Tag leider nicht zu entlocken, der Lautsprecher ist abgeklemmt, weil auch an diesem Roboter permanent weiter entwickelt wird. Die Mikrofone allerdings funktionieren und so kann Riba die Anweisungen des Entwicklers verstehen.
"Heb die Prinzessin hoch", sagt Mukai auf Japanisch zu dem Roboter. Die Prinzessin, das ist ein 18,5 Kilo schwerer Dummy im Nachthemd. Das Hochheben bewerkstelligt Riba bei der Demonstration nicht selbstständig. Mukai berührt sanft ihre Unterarme von hinten und führt sie so unter die Prinzessin.
"Okay, lifting up finished now."
Die Arme des Roboters fühlen sich weich an; ein weicher, weißer, hygienischer Kunststoff. Man kann vermutlich durchaus einigermaßen bequem darin liegen. Auch wenn Riba über 60 Kilo heben können soll – bisher hat nur der Dummy das Vergnügen. Aus Sicherheitsgründen und um das Material zu schonen. Riba ist noch ein wenig gebrechlich.
Wir überlassen Riba und die Prinzessin ihrem Schicksal und wechseln das Gebäude. Wie in Japan üblich heißt das zunächst: Schuhe wechseln. Vorm Betreten des Gebäudes die Straßenschuhe in ein Schließfach stellen und rein in die Kunststoffschläppchen. Dann nennt der Forscher mehr Details über das Projekt Pflegeroboter. Im Moment könne Riba Menschen aus dem Bett in den Rollstuhl heben und umgekehrt. Sie könne aber auch vertraut mit Menschen werden, indem sie einfache Gespräche führe. Riba sei in einer Pflegeeinrichtung ausprobiert worden. Und die Rückmeldungen seien sehr positiv gewesen. Es sei schließlich sehr schwer, Menschen zu heben. Dennoch gebe es noch viel Entwicklungsarbeit zu leisten.
Wie viele Roboter-Ingenieure hält Mukai Sicherheit für eines der wichtigsten Themen. Die Kraft des Roboters darf nicht zum Verletzungsrisiko werden. Sicherheitsvorschriften und Versicherungen müssen mit ihrer Arbeit Schritt halten, fordern die Entwickler. Man erzählt sich von Forschern, die aus Not ihren Roboter als Mofa angemeldet hätten.
Wenn die Probleme auf diesen Nebenschauplätzen geklärt sind, dann sollen Riba und Konsorten in die Pflegeheime einziehen. Nicht nur in Japan. Auch Deutschland wird sich allen Prognosen zufolge daran gewöhnen müssen. Bis zum Jahr 2050 soll sich der Bedarf an Vollzeitarbeitskräften in der Altenpflege auf 1,3 Millionen verdoppeln. So viele Menschen ließen sich dafür nicht gewinnen, sagen Fachleute. Roboter sollen die Lücke stopfen. Vielleicht würden wir uns damit leichter tun, wenn der Roboter nicht Roboter hieße? Toshiharu Mukai hat versucht, Riba ein freundliches Äußeres zu geben, aber das R von Riba steht immer noch für Roboter. Wenn nun aber nicht die Rede von einem Roboter wäre, sondern von einer automatischen Hebevorrichtung – wäre das nicht eine zulässige Vorgehensweise, um die Diskussion zu versachlichen? Claus Fussek:
"Es gibt natürlich sehr sinnvolle Hilfsmittel: Hebegeräte, verstellbare Betten und so weiter. Dort wo Hilfsmittel sinnvoll und segensreich sind und vielleicht auch entlastend, ich denke, man darf da nichts generalisieren."
Ein Riba-Roboter wie er heute in dem Labor in Nagoya steht, vielleicht noch etwas kräftiger und sicherer, damit könnte Claus Fussek wohl leben. Ein Roboter, der Werkzeug des Pflegers ist. Und auch die Frankfurter Pflegewissenschaftlerin Barbara Klein hat gegen solcherlei Unterstützung keine grundsätzlichen Bedenken.
"Wir haben ja gerade im Pflegebereich ein riesiges Problem. Hier in Deutschland werden zum Teil die technischen Hilfsmittel zu selten eingesetzt, sie sind zu selten da, sie sind umständlich zu bedienen. Und wenn es da einen Fortschritt gibt, dass Pflegekräfte diese wirklich sehr, sehr, sehr schwierigen Tätigkeiten, dass sie da eine Unterstützung bekommen, ich denke, da ist den Pflegekräften sehr geholfen."
Doch Toshiharu Mukai will den Pflegekräften nicht nur unter die Arme greifen. Riba soll nach seiner Vorstellung eines Tages durchaus auch ohne Anwesenheit eines Pflegers ihre Dienste tun. Solche Entwicklungen beobachtet Claus Fussek schon heute.
"Ich kenne das ja, wenn alte Menschen einen Hausnotruf haben, das ist ja eine sehr segensreiche Einrichtung. Aber wie oft wird argumentiert: Sie haben doch den Hausnotruf, sie brauchen nicht so viel. Man weiß genau, der Hausnotruf ist nur für den Notruf da. Was meinen Sie, wie viele alte Menschen den Hausnotruf auslösen, weil sie einsam sind? Hier wird auch von Kostenträgern oft argumentiert: Wir können hier Personal einsparen und die Frau kriegt einen Hausnotruf. Das heißt: Die Versorgung wird auf das absolute Minimum reduziert, auf das Notwendigste, und das war's dann."
Die VDE-Studie "Mein Freund, der Roboter", die demnächst veröffentlicht wird, zeigt genauer, wann Roboter von Senioren akzeptiert werden: Wenn die Maschinen ihre Selbstständigkeit und Autonomie erhöhen. Wenn Roboter allerdings nicht auf die Bedürfnisse der Alten, Kranken und Behinderten, sondern auf die Bedürfnisse des Pflegepersonals zugeschnitten werden, dann fürchten die befragten 70- bis 87-Jährigen, dass ihre Autonomie dadurch eher weiter eingeschränkt wird.
Roboter werden kommen. Mehr als elf Millionen Roboter im Wert von fünf Milliarden Dollar sollen zwischen 2010 und 2013 weltweit an Privathaushalte verkauft werden, schätzt die International Federation of Robotics: Zunächst einmal Staubsaugerroboter, Rasenmäherroboter, Spielzeugroboter und Lernroboter. Pflege- oder Service-Roboter als selbstständige Haushaltshelfer, möglicherweise mit medizinischen Überwachungsaufgaben - das erwarten die Experten in etwa zehn Jahren. Dann sollen Serviceroboter so viel kosten wie ein Mittelklassewagen – manche Ökonomen gehen davon aus, dass sie sich dann im Vergleich mit einer Pflegekraft schon fast rechnen werden. Für Fussek eine Schreckensvision.
"Ich habe selbst in der Pflege gearbeitet. Und wenn wir nicht unter absolutem Zeitdruck arbeiten mussten – was leider der Fall ist, aber das wollen wir ja in den Griff kriegen – dann muss ich sagen, war auch hier die menschliche Zuwendung, das Gespräch beim Anziehen, beim in den Rollstuhl Setzen – ich weiß, das findet oft wortlos statt, aber auch hier ist es ein Zeitraum, wo man Gespräche führen kann, wo oft die Zeit genutzt wird, für ein paar freundliche Worte und tröstende Worte. Ich nenn das mal so etwas pathetisch."
Nicht, dass die Ingenieure das nicht wüssten. Sie planen sogar damit. Roboter sollen Menschen nicht nur dienen, ihnen helfen und sie unterstützen. Roboter sollen Menschen auch unterhalten und sich mit ihnen unterhalten. Der deutsche getränkeverteilende Care-O-Bot könnte in Zukunft einen Touchscreen bekommen, auf dem sich seniorengerechte Gedächtnisspiele spielen lassen. Die japanische Riba eine Internetverbindung, um die Wettervorhersage abzurufen oder Telefonate zu ermöglichen.
Es zeichnet sich ab: Roboter kommen zuerst zum Staubsaugen und Rasenmähen in unsere Häuser und Heime. Dann aber könnten sie nicht nur Dienstleistungen übernehmen, sondern auch die simple Anwesenheit von Menschen ersetzen. Das ist es, wovor Claus Fussek permanent warnt. Seit Jahren. Zu nützen scheint es wenig:
"Ich bin Realist genug: Wenn wir nicht genügend Pflegekräfte finden und wenn eine Gesellschaft nicht bereit ist, zum Beispiel auch besser zu bezahlen, dann bleibt uns ja nur die Antwort... Die Alternative wäre dann vielleicht noch die aktive Sterbehilfe. Aber die Menschen sind da, sie überleben dank Medizin und wir müssen sie irgendwie versorgen. Und wenn wir das menschlich nicht schaffen, dann bleibt nur der Roboter, möglicherweise."
Zynismus, Angst und Dogmatismus sind schlechte Berater. Vielleicht kommt doch noch alles ganz anders? Versuche aus Großbritannien zur Akzeptanz von Robotern kommen zum Schluss, dass Menschen die neuen Roboter mit offenen Armen empfangen werden. Einige ältere Menschen hätten einem Roboter in ihrem Haushalt schnell einen Namen gegeben und sich mit ihm unterhalten – selbst dann, wenn der Roboter keinen Nutzen hatte und gar nicht antwortete.