Archiv


Ein Deutschland ohne Atomkraft ist möglich

Geht es auch ohne Atomkraft? Und kann dann unsere Stromversorgung ohne zusätzliche Kohlekraftwerke gesichert sein ? Die Klima-Allianz, ein Zusammenschluss deutscher Umwelt- und Entwicklungsorganisationen, sagt "Ja" und hat das heute erneut vor der Presse bekräftigt.

Von Dieter Nürnberger |
    Die Klima-Allianz - hier sind Dutzende von Umweltverbänden und auch regionale Initiativen unter einem Dach vereint - sieht sich derzeit im Aufwind. Man war ja angetreten mit dem Ziel, eine Energiewende in Deutschland einzuleiten. Das heißt vor allem, dass die Versorgung dezentraler werden soll, weg von den Großkraftwerken, hin vor allem zu den Erneuerbaren Energien und zu einer effizienteren Kraft-Wärme-Kopplung. Man zeigte sich heute Vormittag sehr selbstsicher, weil in den vergangenen Wochen vor allem die Argumente der großen Stromanbieter ins Wanken geraten sind. Ein Beispiel ist die Berliner Situation – hier wollte der Betreiber Vattenfall ein Steinkohlekraftwerk errichten, nach massiven Protesten ist man nun umgeschwenkt, Vattenfall will nun auf Erdgas und Biomasse setzen. Das werde eine Signalwirkung haben, sagt Jürgen Maier, er ist Geschäftsführer des Forums Umwelt und Entwicklung.

    "Vattenfall hat ja lange behauptet, es ginge nicht anders, man brauche die Kohle. Und jetzt stellt sich heraus, es gibt doch eine Alternative. Wenn das Vattenfall sagt, ist dies sicherlich ein Zeichen dafür, dass es auch die anderen Kohlekraftwerksbetreiber so sagen können. Wenn sie nur wollen. Die Hauptstadt ist sicherlich nur ein Beispiel. Es gibt ja auch noch andere verhinderte Kohlekraftwerke – in Bremen, im Saarland, zwei in Nordrhein-Westfalen. Berlin wird nicht das letzte sein."

    Derzeit seien noch rund 25 neue Kohlekraftwerke für Deutschland in Planung. Aus Klimaschutzgründen will die Klima-Allianz auch diese verhindern. Die Klima-Allianz setzt dabei auf die Erneuerbaren Energien, diese könnten im Jahr 2020 einen Anteil von 47 Prozent an der Stromversorgung in Deutschland haben. Die Klima-Allianz sagt auch, dass trotz Atomausstiegsbeschluss in Deutschland keine künftige Stromlücke zu befürchten sei. Dies sei Panikmache der großen Unternehmen.

    "Das sind die gleichen Leute, die vor 30 Jahren gesagt haben, wenn wir im Jahr 2000 nicht 200 Atomkraftwerke hier in Deutschland haben, gehen die Lichter aus. Wir haben heute nicht mal mehr 30 – und die Lichter sind weit entfernt davon auszugehen. Auf diese Experten der konventionellen Strombranche würde ich nicht allzu viel geben."

    Die Klima-Allianz sieht auch schon weitere geplante Kohlekraftwerke am wackeln. Carl-Christian Müller ist Rechtsanwalt, er engagiert sich im "Bündnis für eine kohlekraftwerksfreie Region Mainz-Wiesbaden".

    "Bei uns stellt sich die Alternativenfrage noch einmal ganz anders: denn hier am Standort besteht bereits das modernste Gaskraftwerk der Welt. Das sagt das kommunale Unternehmen selbst! Es soll ersetzt werden durch eine veraltete Kohltechnik. Da stellt sich zuallererst die Vernunftfrage. Es geht hier also nicht um Versorgungssicherheit, sondern es ist das Ziel, mit dem Kohlekraftwerk Geld zu verdienen. Es geht auch darum, einen generell verschuldeten Haushalt zu sanieren."

    Solche Projekte, mit einer eindeutig negativen Klimabilanz, will man also künftig verhindern. Und auch in der Region Mainz-Wiesbaden wachse inzwischen der politische Widerstand gegen ein solches Kohlekraftwerk. Jürgen Maier vom Forum Umwelt und Entwicklung sieht zudem auch generell Kostenargumente, die künftig gegen weitere Kohlekraftwerke sprechen würden.

    "Wir haben die Situation, dass für solche Kohlekraftwerke kein Bedarf ist. Zum einen wegen der erneuerbaren Energien, die wachsen ja kräftig. Wir haben zudem den Emissionshandel, der wird Kohle künftig verteuern. Und wenn sie letztendlich ein Kohlekraftwerk haben, welches nur noch 3000 Betriebsstunden hinkriegt, dann kann es die Kapitalkosten auch nicht wieder einspielen."

    Deutschland exportiere derzeit sogar Strom in andere Länder, laut Klima-Allianz rund 3,5 Prozent des erzeugten Stroms. Zudem wolle man, dass die Bundesregierung ihre formulierten Klimaschutzziele auch erreicht, das heißt konkret, bis zum Jahr 2020 rund 40 Prozent der Emissionen – gegenüber dem Stand von 1990 – einzusparen.