Vor über eineinhalb Jahrzehnten veröffentlichte die Schriftstellerin und Literaturwissenschaftlerin Ruth Klüger den Essay "Frauen lesen anders", in dem sie die These vertrat, es gäbe zwar keinen Geschlechterunterschied in der Ästhetik der Literatur, durchaus aber in ihrer Rezeption. Frauen läsen seit je ganz selbstverständlich von Männern verfasste Bücher, während sich Männer weitaus weniger für die Bücher von Frauen, von Schriftstellerinnen wie Sylvia Plath, Virginia Woolf, Jane Austen und deren Erzählwelten interessierten.
An diesem Befund hat sich in den vergangenen Jahren schon deshalb einiges geändert, weil sich - gleichsam als Begleiterscheinung der Emanzipation - die Zahl der Schriftstellerinnen so stetig und konsequent erhöht hat wie die weiblicher Nobelpreisträger. Das erfolgreichste literarische Werk aller Zeiten stammt aus der Fantasie und der Feder einer Frau: Die Harry-Potter-Heptalogie, verfasst von Joanne K. Rowling.
In Ruth Klügers neuem Essayband "Was Frauen schreiben" haben Rowling und ihr bebrillter Zauberlehrling einen heimlichen Ehrenplatz, denn die in Amerika ebenso wie in Europa renommierte, transatlantische Germanistin Ruth Klüger gehört der Gemeinde bekennender Harry-Potter-Junkies an. Das erstaunt nur auf den ersten Blick. Wer Klügers Aufsätze, Rezensionen und ihre Lyrikinterpretationen kennt, ist mit ihrem unakademischen, undogmatischen, so lebens- wie lesernahen Zugriff auf Literatur vertraut.
Sie gilt als eine Art Elke Heidenreich der Literaturwissenschaft, das Spektrum ihrer Lektüreleidenschaften reicht von Shakespeare bis Rowling, von Herta Müller bis Henning Mankell. Krimis haben es der im südkalifornischen Irvine lebenden Wissenschaftlerin besonders angetan. In diesem literarischen Pluralismus liegt auch der Reiz des Bandes "Was Frauen schreiben", der drei Dutzend Rezensionen Ruth Klügers zwischen Buchdeckeln versammelt. Zweierlei ist diesen Texten gemeinsam: Sie erschienen im vergangenen Jahrzehnt in deutschen Zeitungen, und sie befassen sich ausschließlich mit Büchern von Frauen.
Es finden sich Klassikerinnen der Moderne wie Agota Kristof und Nadine Gordimer, international bekannte Schriftstellerinnen wie Margaret Atwood, Doris Lessing, Margriet de Moor und Namen, die weniger dem breiten als dem Insiderpublikum der literarischen Öffentlichkeit bekannt sind, Namen wie Regina Ullmann, Bettina Balaka, Inge Merkel. Es finden sich tote und lebende Autorinnen, es sind mehrere Jahrhunderte und mehrere Kontinente in der Sammlung vertreten, die weder einer Generalthese noch einem speziellen Erkenntnisziel folgt, sondern sich dem Prinzip der ungebundenen Neugier verdankt.
Eine Antwort auf die so oft gestellte Frage, was weibliches Schreiben denn nun sei und ob es ein solches, nachweisbar unterschieden vom männlichen Schreiben, überhaupt gibt, liefert Ruth Klüger nicht. Typisch weiblich, so lässt sich aus Klügers verstreuten Anmerkungen entnehmen, sind weder ein bestimmter Sprachstil, ein bestimmter Ton oder eine unverwechselbare Rhetorik, sondern eher die im literarischen Stoff enthaltenen geschlechtsspezifischen Erfahrungen. "Was Frauen schreiben" liefert keine Ansätze zur feministischen Literaturtheorie, sondern eine Summe intellektuell klarer und unterhaltsamer Einzelstudien zu Büchern von Frauen.
Die theoretische Erkenntnis liegt - wenn man so will - in der Summe selbst: Es gäbe sie nicht, wenn sich in der Geschichte der Literatur nicht einiges in den vergangenen Jahrzehnten verändert hätte zugunsten des weiblichen Hälfte des Himmels.
Ruth Klüger: "Was Frauen schreiben". Zsolnay Verlag, Wien 2010, 261 Seiten, 19.90 Euro.
An diesem Befund hat sich in den vergangenen Jahren schon deshalb einiges geändert, weil sich - gleichsam als Begleiterscheinung der Emanzipation - die Zahl der Schriftstellerinnen so stetig und konsequent erhöht hat wie die weiblicher Nobelpreisträger. Das erfolgreichste literarische Werk aller Zeiten stammt aus der Fantasie und der Feder einer Frau: Die Harry-Potter-Heptalogie, verfasst von Joanne K. Rowling.
In Ruth Klügers neuem Essayband "Was Frauen schreiben" haben Rowling und ihr bebrillter Zauberlehrling einen heimlichen Ehrenplatz, denn die in Amerika ebenso wie in Europa renommierte, transatlantische Germanistin Ruth Klüger gehört der Gemeinde bekennender Harry-Potter-Junkies an. Das erstaunt nur auf den ersten Blick. Wer Klügers Aufsätze, Rezensionen und ihre Lyrikinterpretationen kennt, ist mit ihrem unakademischen, undogmatischen, so lebens- wie lesernahen Zugriff auf Literatur vertraut.
Sie gilt als eine Art Elke Heidenreich der Literaturwissenschaft, das Spektrum ihrer Lektüreleidenschaften reicht von Shakespeare bis Rowling, von Herta Müller bis Henning Mankell. Krimis haben es der im südkalifornischen Irvine lebenden Wissenschaftlerin besonders angetan. In diesem literarischen Pluralismus liegt auch der Reiz des Bandes "Was Frauen schreiben", der drei Dutzend Rezensionen Ruth Klügers zwischen Buchdeckeln versammelt. Zweierlei ist diesen Texten gemeinsam: Sie erschienen im vergangenen Jahrzehnt in deutschen Zeitungen, und sie befassen sich ausschließlich mit Büchern von Frauen.
Es finden sich Klassikerinnen der Moderne wie Agota Kristof und Nadine Gordimer, international bekannte Schriftstellerinnen wie Margaret Atwood, Doris Lessing, Margriet de Moor und Namen, die weniger dem breiten als dem Insiderpublikum der literarischen Öffentlichkeit bekannt sind, Namen wie Regina Ullmann, Bettina Balaka, Inge Merkel. Es finden sich tote und lebende Autorinnen, es sind mehrere Jahrhunderte und mehrere Kontinente in der Sammlung vertreten, die weder einer Generalthese noch einem speziellen Erkenntnisziel folgt, sondern sich dem Prinzip der ungebundenen Neugier verdankt.
Eine Antwort auf die so oft gestellte Frage, was weibliches Schreiben denn nun sei und ob es ein solches, nachweisbar unterschieden vom männlichen Schreiben, überhaupt gibt, liefert Ruth Klüger nicht. Typisch weiblich, so lässt sich aus Klügers verstreuten Anmerkungen entnehmen, sind weder ein bestimmter Sprachstil, ein bestimmter Ton oder eine unverwechselbare Rhetorik, sondern eher die im literarischen Stoff enthaltenen geschlechtsspezifischen Erfahrungen. "Was Frauen schreiben" liefert keine Ansätze zur feministischen Literaturtheorie, sondern eine Summe intellektuell klarer und unterhaltsamer Einzelstudien zu Büchern von Frauen.
Die theoretische Erkenntnis liegt - wenn man so will - in der Summe selbst: Es gäbe sie nicht, wenn sich in der Geschichte der Literatur nicht einiges in den vergangenen Jahrzehnten verändert hätte zugunsten des weiblichen Hälfte des Himmels.
Ruth Klüger: "Was Frauen schreiben". Zsolnay Verlag, Wien 2010, 261 Seiten, 19.90 Euro.