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Ein Fall für die Ethikkommission

Nach dem alarmierenden Bericht über die katastrophalen Arbeitsbedingungen auf den Baustellen zur Fußball-WM 2022 in Katar werden Stimmen nach einem Boykott oder einer neuen WM-Vergabe lauter.

Von Arnulf Boettcher |
    Der Bauboom im Emirat Katar am Persischen Golf hat zu einer katastrophalen Lage vor allem der nepalesischen Gastarbeiter geführt. Das jedenfalls berichtet die englische Tageszeitung "Guardian". Allein in den vergangenen zwei Monaten sind demnach 40 Arbeiter auf den WM-Baustellen gestorben. Und bis zum Beginn der WM im Jahr 2022, so schätzen es Gewerkschaftsexperten, könnten 4000 Menschen für das Fußballfest ihr Leben verloren haben.

    FIFA-Funktionär Theo Zwanziger fordert daher ein Einschreiten der Ethikkommission des Fußball-Weltverbandes. Im Gesamtkomplex Katar sei dies ein weiterer Gesichtspunkt, bei dem vor allem die FIFA-Ethikkommission nun einmal tätig werden müsste, so Zwanziger gegenüber dem Deutschlandfunk. Er empfahl zugleich eine genaue Lektüre der Präambel. Der ehemalige DFB-Präsident gilt als klarer Gegner der umstrittenen WM.

    Eher beschwichtigend reagierte Guido Tognoni, der frühere FIFA-Direktor und Kritiker von Präsident Sepp Blatter – hier in den Informationen am Mittag.

    "Ich finde diese Spekulationen im Moment ein bisschen übertrieben Ich habe in Katar gelebt. Ich weiß, wie schlecht es den Arbeitern dort geht. Die Situation hat eigentlich nichts mit der WM zu tun, weil die Arbeitsbedingungen für die Handwerker dort natürlich schlecht sind, sehr schlecht. Die sind auch in den Emiraten schlecht. Aber das an der FIFA festzumachen, finde ich falsch."

    Zur Frage, ob die FIFA angesichts der Situation die WM überhaupt nach Katar hätte vergeben dürfen, meinte Tognoni gegenüber dem Deutschlandfunk weiter:

    "Man hat jetzt acht oder neun Jahre Zeit, um die Sache zu verbessern. Ich wäre dafür, dass die FIFA in aller Form in Katar interveniert, das Prestige, das die FIFA hat, jetzt wirklich einmal ausspielt und nicht nur sagt man sei überrascht, erstaunt oder besorgt, sondern das man wirklich das Gespräch mit Katar sucht. Dann gebe es am Schluss vielleicht nur Gewinner: Die Katari, die FIFA und auch die Arbeiter da unten."

    Einen WM-Boykott regte das englische Parlamentsmitglied Damian Collins an. Im "Guardian" sagte er, der englische Fußballverband FA sollte in Betracht ziehen, bei der WM 2022 nicht zu spielen.