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Ein Freundeskreis im Parlament

Tschechiens Präsident Milos Zeman ist der erste direkt vom Volk gewählte Staatschef. Bei der Bildung seiner Regierung setzt er vor allem auf vertraute Gesichter. Doch die Ernennung von Jiri Rusnok zum Premierminister stößt auf Kritik. Viele sehen in ihm nur einen Handlanger des Präsidenten.

Von Gerwald Herter |
    Zum dritten Mal innerhalb weniger Wochen wird Präsident Milos Zeman jetzt ganz im Zentrum der tschechischen Öffentlichkeit stehen. An seinem Amtssitz, in den herrschaftlichen Räumen der Prager Burg, des Hradschin, hatte Zeman schon den Rücktritt des konservativen Regierungschefs Petr Necas entgegengenommen, dann beauftragte der Präsident mit Jiri Rusnok den Premierminister seines Vertrauens, jetzt folgen die Minister.

    Mit der Ernennung dieser Regierung kommt der Präsident seiner Vorstellung der tschechischen Demokratie näher, doch seine Interpretation der Verfassung sorgt für Streit.

    Der neue Regierungschef Rusnok musste sich von Anfang an gegen Vorwürfe wehren, lediglich als verlängerter Arm des Präsidenten zu agieren.

    "Es stört mich nicht, wenn man uns als die "Regierung der Freunde von Zeman" bezeichnet. Ich denke, wenn Freunde regieren, die fähig sind, sich miteinander zu verständigen, ist das immer besser, als Politiker, die in merkwürdigen Beziehungen zueinander stehen. Es ist wichtig, dass wir unsere Aufgabe gut erfüllen. Wir werden die Tschechische Republik so regieren, wie das in den Gesetzen und der Verfassung steht."

    Eine Verfassungsänderung dürften viele, die vor Jahren darauf hingewirkt hatten, inzwischen bereuen: im Januar war mit dem früheren Sozialdemokraten Milos Zeman der erste, direkt vom Volk gewählte Präsident angetreten. Seine Vorgänger waren noch von den Abgeordneten bestimmt worden. Zeman befindet sich in einem Machtkampf mit dem Parlament. Für die Tschechische Republik sei das neu, sagt der Politologe Jiri Priban:

    "Der amtierende Präsident Zeman bildet die neue Regierung rasch und ungewöhnlich, ja unorthodox. Zwar hat bisher kein Verfassungsrechtler gesagt, das sei verfassungswidrig, weil Zeman die einzelnen Bestimmungen der Verfassung tatsächlich achtet. Aber er handelt nicht in ihrem Geist. Ich denke, dass Zeman Schaden anrichtet, weil er den Konflikt zwischen zwei Verfassungsinstitutionen sucht: und zwar zwischen dem Parlament und dem Präsidenten."

    Nach dem Rücktritt von Necas hatte Zeman zunächst mit Vertretern aller im Parlament vertretenen Parteien gesprochen. Den Vorschlag der bisher amtierenden Koalition, die Parlamentspräsidenten Miroslava Nemcova zur neuen Regierungschefin zu machen, schlug er jedoch aus. Dabei hätte sie eine Mehrheit der Abgeordneten hinter sich gehabt.

    Stattdessen also Rusnok, der Vertraute des Präsidenten. Lediglich die Kommunisten und die Abgeordneten einer kleineren Partei haben zu erkennen gegeben, dass sie ihn wählen wollen. Doch sie kommen nicht einmal auf die Hälfte der erforderlichen Stimmen. Auch Rusnok weiß, dass das schwer wird:

    "'"Selbstverständlich, es wird nicht einfach sein, das Vertrauen des Parlaments zu gewinnen, weil Koalitionsabgeordente dort in der Mehrheit sind. Sie sind von der Entwicklung natürlich enttäuscht. Wir werden aber mit allen Parteien verhandeln und unser Programm vorstellen. Ich denke, es wäre nicht normal, gegen eine Regierung zu stimmen, ohne sich vorher mit ihrer Haltung auseinanderzusetzen. Wir werden also sehen.""

    Mit präsidialer Unterstützung dürfte Rusnok versuchen, fraktionslose Abgeordnete umzustimmen, außerdem Zemans frühere Partei, die CSSD, die Sozialdemokraten. Bisher vertreten sie keine einheitliche Linie. Sollte Rusnok scheitern, muss Präsident Zeman wiederrum einen Premier bestimmen und mit der Regierungsbildung beauftragen. Sie könnte sich noch weiter hinziehen.