Michael Köhler: Der Regisseur nicht als Dompteur, Zirkusdirektor, sondern als dramatischer Beistand, mehr noch als Tragiker selber vielleicht. Das könnte die Arbeiten von Dimiter Gotscheff beschreiben, der vergangene Nacht im Alter von 70 Jahren in Berlin gestorben ist. Ich habe mit Thomas Oberender gesprochen, Intendant der Berliner Festspiele. Er war Schauspielchef in Salzburg, ist Regisseur und Dramaturg, und ich habe ihn gefragt: Dimiter Gotscheff war ein Regisseur des Tragischen überwiegend und selber auch ein tragischer Regisseur?
Thomas Oberender: Gotscheff hatte ja selber von sich doch, glaube ich, immer ein sehr klares Bewusstsein als ein Künstler aus dem Ausland im deutschen Sprachraum gehabt. Obwohl er die Tragödie suchte, war er ein Regisseur, der das Komische gleichermaßen betont hat. Seine Schauspielertruppe – und er hat ja immer aus einer bestimmten Familie heraus gearbeitet, über Jahrzehnte hinweg – sind ja auch gleichzeitig Schauspieler von hoher Gabe zur Komik und zum Grotesken, und das war bei Gotscheff immer eins.
Köhler: Er war gebürtiger Bulgare, hat in der DDR gelebt, hat ganz viel Heiner-Müller-Stücke gemacht. Ist das prägend für ihn gewesen, also auch die Erfahrung mit den totalitären Regimen des Ostens?
Oberender: Ich glaube, er war ein wirklich sehr gesellschaftlich robuster Künstler. Ich habe ihn ja noch wenige Jahre vor seinem Tod mit Peter Handke in Berührung gebracht. Auch da war die Geschichte des slowenischen Volkes etwas, wo er mir sagte, Thomas, vergiss nicht, - ich mache ihn jetzt nicht nach -, Thomas, vergiss nicht: Ich bin kein Deutscher. Ich bin jemand – und das hat er auch eingefordert -, der seinen Platz immer noch, trotz 25 Jahre Arbeitsgeschichte, in Deutschland suchen muss, in diesem Land, und verteidigen muss. So hat er es zumindest empfunden, auch wenn er für viele natürlich eine große etablierte Regiegröße war. Gotscheff selber hat sich, glaube ich, immer als jemand betrachtet, der aus dem Widerstand arbeitet. Deshalb auch diese Stoffe, die Geschichte anders lesen. Er war jemand, für den das Wort neben der narrativen, der semantischen Bedeutung immer auch eine Form gesetzt hat im Raum, und das hat er bei Schauspielern gesucht. Ich kenne ihn nicht als jemanden, der schreit. Ich weiß, dass er es getan hat, aber er ist eigentlich ja auch ein großer Liebender gewesen.
Köhler: …, sagt Thomas Oberender, Intendant der Berliner Festspiele, über den verstorbenen Regisseur Dimiter Gotscheff, …
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Thomas Oberender: Gotscheff hatte ja selber von sich doch, glaube ich, immer ein sehr klares Bewusstsein als ein Künstler aus dem Ausland im deutschen Sprachraum gehabt. Obwohl er die Tragödie suchte, war er ein Regisseur, der das Komische gleichermaßen betont hat. Seine Schauspielertruppe – und er hat ja immer aus einer bestimmten Familie heraus gearbeitet, über Jahrzehnte hinweg – sind ja auch gleichzeitig Schauspieler von hoher Gabe zur Komik und zum Grotesken, und das war bei Gotscheff immer eins.
Köhler: Er war gebürtiger Bulgare, hat in der DDR gelebt, hat ganz viel Heiner-Müller-Stücke gemacht. Ist das prägend für ihn gewesen, also auch die Erfahrung mit den totalitären Regimen des Ostens?
Oberender: Ich glaube, er war ein wirklich sehr gesellschaftlich robuster Künstler. Ich habe ihn ja noch wenige Jahre vor seinem Tod mit Peter Handke in Berührung gebracht. Auch da war die Geschichte des slowenischen Volkes etwas, wo er mir sagte, Thomas, vergiss nicht, - ich mache ihn jetzt nicht nach -, Thomas, vergiss nicht: Ich bin kein Deutscher. Ich bin jemand – und das hat er auch eingefordert -, der seinen Platz immer noch, trotz 25 Jahre Arbeitsgeschichte, in Deutschland suchen muss, in diesem Land, und verteidigen muss. So hat er es zumindest empfunden, auch wenn er für viele natürlich eine große etablierte Regiegröße war. Gotscheff selber hat sich, glaube ich, immer als jemand betrachtet, der aus dem Widerstand arbeitet. Deshalb auch diese Stoffe, die Geschichte anders lesen. Er war jemand, für den das Wort neben der narrativen, der semantischen Bedeutung immer auch eine Form gesetzt hat im Raum, und das hat er bei Schauspielern gesucht. Ich kenne ihn nicht als jemanden, der schreit. Ich weiß, dass er es getan hat, aber er ist eigentlich ja auch ein großer Liebender gewesen.
Köhler: …, sagt Thomas Oberender, Intendant der Berliner Festspiele, über den verstorbenen Regisseur Dimiter Gotscheff, …
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