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Ein gutes Jahr für Lehrlinge?

Onur Kabar reicht seinem Kollegen eine große Zange. Der setzt sie an der Wasserleitung an, versucht, eine Schraube zu lockern. Die Mitarbeiter der Firma Friederici Püttmann renovieren die Sanitäreinrichtungen einer Kirche im Osten von Köln. Zuerst überprüfen sie die Leitungen im Keller. Onur blickt seinem Kollegen interessiert über die Schulter. Vor vier Monaten hat der 17-Jährige seine Lehre begonnen und kennt noch nicht alle Arbeitsschritte bei der Reparatur von Wasserrohren. Dass ihm dieser Job Spaß machen würde, hätte er nicht gedacht, als er im vergangenen Jahr seinen Hauptschulabschluss machte. Zunächst hatte Onur es mit einer Lehre als Koch versucht, aber schnell festgestellt, dass das nichts für ihn war. Im Internet fand er dann das Angebot für ein Praktikum bei der Firma Püttmann, bewarb sich, wurde eingestellt und war begeistert.

Von Friederike Schulz |
    "Da ist der Kundendienst, zum Beispiel reparieren, Austauschen von Armaturen oder Badsanierung. Das sieht schön aus, wenn sie reinkommen in ein Bad, das gar nicht schön ist. Und nach zwei Monaten haben sie es gemacht, und es sieht wunderbar aus, und das ist schon ein schönes Gefühl."

    Onur bückt sich, rollt ein langes Kabel ein, das seine Kollegen im Obergeschoss brauchen. Christian Baumann schleppt ein Bündel Plastikrohre die Treppe hoch. Die beiden jüngsten Mitarbeiter der Firma Püttmann packen überall mit an, wo sie gebraucht werden – ungefragt. Christian Baumann ist im Moment noch Praktikant – doch seinen Lehrvertrag hat er schon unterschrieben. Am 1. August beginnt seine Ausbildung. Genau wie Onur hat er bereits im vergangenen Jahr die Hauptschule abgeschlossen und seitdem mehr als 50 Bewerbungen geschrieben. Als das Angebot der Firma Püttmann für ein Praktikum kam, hatte er schon fast die Hoffnung aufgegeben.

    "Ich habe mich schon die ganze Zeit um Lehrstellen beworben, aber es kamen halt viele Absagen, weil mein Zeugnis auch nicht so gut aussieht, und das ist dann schon irgendwie frustrierend."

    Umso glücklicher ist Christian Baumann jetzt über seinen Lehrvertrag und freut sich, dass ihn sein Chef trotz seiner schlechten Noten eingestellt hat.

    "Er hat gesagt, er guckt nicht so auf die Noten, er guckt sich lieber den Menschen an."

    Christian weiß, dass dies keineswegs selbstverständlich ist. Der Berufsbildungsbericht der Bundesregierung belegt, dass jeder zweite Hauptschulabsolvent im ersten Jahr nach dem Abschluss keine Lehrstelle findet. Wenn morgen die Bundesagentur für Arbeit die Zahlen zur Situation am Lehrstellenmarkt bekannt gibt, wird es daher vor allem auch um die Vermittlungserfolge bei dieser Gruppe gehen. Denn sie macht einen Großteil der rund 300.000 "Altbewerber" aus, also derjenigen, die länger als zwölf Monate eine Ausbildung suchen. Schließlich stellen viele Meister und Unternehmer lieber niemanden ein, als jemanden mit einem schlechten Zeugnis. Der Sanitärbetrieb von Michael Püttmann ist da eine Ausnahme. Der Geschäftsführer achtet weniger auf den Schulabschluss, sondern vielmehr auf die Persönlichkeit und die Motivation. Onur und Christian haben ihn durch ihr freundliches und verbindliches Auftreten überzeugt.

    "Ich sage immer, der Nasenfaktor muss stimmen. Wenn ich merke, einer ist höflich, einer ist ordentlich angezogen, er hat vielleicht nicht so ein kesses Auftreten. Wir versuchen, auch relativ junge Auszubildende zu bekommen, weil die entsprechend noch formbar sind. Ich achte darauf, dass sie noch zu Hause wohnen, dass die familiären Verhältnisse in Ordnung sind. Das hinterfrage ich auch. Daraus kann ich dann ableiten, ob die Jungs den Kopf frei haben, ob alles vom familiären her in Ordnung ist."

    Siebzig Bewerbungen hat der Geschäftsführer im Laufe des vergangenen Jahres auf den Schreibtisch bekommen. Schlechte Erfahrungen aus der Vergangenheit haben Michael Püttmann gelehrt, strenge Kriterien für die Auswahl der Auszubildenden anzulegen. Die Kandidaten müssen zunächst den Eignungstest der Innung bestehen, in dem es vor allem um Fragen der Allgemeinbildung geht. Anschließend führt der Chef persönlich das Bewerbungsgespräch. Wer ihn dabei überzeugt, kann in einem mehrwöchigen Praktikum beweisen, dass er bereit ist, den Job von Grund auf zu lernen. Neun Kandidaten hat Michael Püttmann schließlich eine Lehrstelle angeboten. Auch wenn der Geschäftsführer gern auch solchen Jugendlichen eine Chance gibt, die nicht in allen Fächern gute Noten haben, muss er doch darauf achten, dass seine Mitarbeiter gute Arbeit leisten. Schließlich geht es um den Ruf der Firma bei den Kunden. Ein Problem, mit dem Michael Püttmann nicht alleine dasteht. Die Klagen über das Verhalten der Lehrlinge werden von Jahr zu Jahr lauter. Der Zentralverband des deutschen Handwerks geht davon aus, dass jeder vierte Jugendliche nicht ausbildungsfähig ist. Auch bei der Innung Sanitär Heizung Klima in Köln rufen fast jede Woche wütende Meister an, die nicht wissen, wie viele ermahnende Gespräche sie noch mit ihren Lehrlingen führen sollen, sagt Geschäftsführer Ludwig Winkel.

    "Das sind die meisten Klagen, insbesondere, wenn der Lehrling mit einem Gesellen zu einem Kunden geht, wie der Lehrling sich dann beim Kunden verhält. Einer hat mir mal gesagt, der Lehrling steht dann beim Kunden. Der Geselle arbeitet, und der Lehrling guckt sich dann eben das Badezimmer an oder guckt in der Weltgeschichte rum. Dass das natürlich bei dem Kunden keinen guten Eindruck macht, ist verständlich. Dass dann ein Betrieb sagt, das können wir so nicht länger machen und dass dann ein gegenseitiger Frust aufkommt, ist verständlich."

    Es wird immer schwerer für die Mitglieder der Innung, gute Azubis zu finden. Wer gute Noten hat und sicher auftritt, entscheidet sich meist für einen anderen Job – besonders beliebt ist nach wie vor der Automechaniker. Hinzu kommt, dass immer mehr Lehrstellen im Angebot sind und die Arbeitgeber um die jungen Leute konkurrieren: Im vergangenen Jahr wurden 625.000 neue Ausbildungsverträge abgeschlossen, so viele wie seit sieben Jahren nicht mehr. Die Lücke zwischen den vorhandenen Stellen und den unversorgten Jugendlichen beginne sich zu schließen, freute sich der damalige Bundesarbeitsminister Franz Müntefering im vergangenen Herbst:

    "Das Ziel der Bundesregierung war, dass wir es schaffen, in dieser Legislaturperiode: Kein junger Mann, keine junge Frau von der Schule in die Arbeitslosigkeit. Alle bekommen eine Chance. Wir sind kurz davor, wir können es schaffen, in diesem Jahr hoffentlich dieses Ziel endgültig zu erreichen."

    Die Bundesregierung führt den Erfolg vor allem auf den Ausbildungspakt zurück – die Selbstverpflichtung der Wirtschaft aus dem Jahr 2004. Handwerk und Industrie hatten sich damals verpflichtet, allen ausbildungswilligen und ausbildungsfähigen jungen Menschen ein Angebot zu unterbreiten. 30.000 neue Ausbildungsplätze pro Jahr sollten entstehen. Dazu kam die Zusage für 25.000 Plätze zur Einstiegsqualifikation für diejenigen, die nicht auf Anhieb die Tests der Innung oder der IHK bestehen. Die hat nach Einschätzung des Bundesinstituts für Berufsbildung vielen Jugendlichen den Weg in die Ausbildung geebnet, erklärt der Präsident des Instituts Manfred Kremer:

    "Das war sehr erfolgreich. Über 60 Prozent dieser Jugendlichen finden anschließend einen betrieblichen Ausbildungsplatz. Bei den in Anführungsstrichen ‚normalen’ Vorbereitungsmaßnahmen, die bei Trägern stattfinden, sind das maximal 30 bis 35 Prozent, bei denen es gelingt, dass sie anschließend in eine betriebliche Ausbildung einmünden."

    Der Pakt wirkte besser als die Politik zu hoffen gewagt hatte, so die Zwischenbilanz von Bundeswirtschaftsminister Michael Glos im vergangenen Jahr:

    "Es wird oft die Frage gestellt: Bei wem kommt der Aufschwung an? Er ist angekommen endlich auch ein Stück bei den jungen Menschen. Das ist ganz besonders wichtig, deswegen freue ich mich, dass wir erstmals seit 2001 über 600.000 Auszubildende unterbringen können, und die Nachvermittlungen sind noch nicht rum."

    Der Pakt wurde deshalb auch prompt bis 2010 verlängert. Somit scheint auch die Alternative, die Ausbildungsplatzabgabe, endgültig vom Tisch. Die sollten Betriebe zahlen, die keine Lehrlinge einstellen - was für lauten Protest von Seiten der Wirtschaft gesorgt hatte. Der Pakt schaffe dagegen positive Anreize, erklärt Gregor Berghausen von der Industrie- und Handelskammer Köln.

    "Der Ausbildungspakt war in erster Linie ein sehr, sehr wichtiges Instrument, um staatliche Eingriffe in das Ausbildungssystem zu verhindern. Da hat er auch vollständig funktioniert. Denn es ist eine klare Selbstverpflichtung der Wirtschaft gewesen zu sagen: Wir lösen das Problem in den Strukturen, die bewährt sind, und wir brauchen keine staatlichen Zwangseingriffe. Das hat funktioniert, und ich glaube, man kann heute sagen: Der Ausbildungspakt war das Beste, was dem Berufsbildenden System in Deutschland passieren konnte."

    Auch die Mitgliedsunternehmen der IHK Köln können im Vergleich zum Vorjahr wieder 4,4 Prozent mehr Lehrstellen anbieten. Ein Trend, der jedoch nach Einschätzung von Gregor Berghausen nicht nur dem Ausbildungspakt geschuldet ist, sondern auch der guten Konjunktur und nicht zuletzt der Angst vor dem Fachkräftemangel.

    "Wir sehen in den derzeitigen Strukturen einen deutlichen Rückgang von Bewerbern für eine duale Ausbildung. Das heißt: nicht genügend Bewerber auf die Ausbildungsplätze im Bereich Metall- und Elektroindustrie oder im Handel oder im Gastgewerbe. Dort ist dann spürbar, dass der Fachkräftemangel auch zur Wachstumsbremse wird. Wenn ich nämlich kontinuierlich unterdurchschnittlich ausbilde, weil ich einfach keine Bewerber finde, dann fehlen mir früher oder später die Nachwuchskräfte, die ich brauche, um die Leute, die durch Pensionierung ausfallen, ersetzen zu können."

    Eine Entwicklung, die auch die Handwerkskammern beobachten, Deshalb werben sie verstärkt in Schulen und auf Ausbildungsmessen für ihre Berufe. Eine Lehre im Handwerk abzuschließen lohne sich, erklärt auch Ludwig Winkel von der Sanitärinnung jedem, der sich bei ihm zur Aufnahmeprüfung anmeldet.

    "Viele Lehrlinge werden übernommen, und ich sage den Lehrlingen auch immer wieder: Wer hier eine ordnungsgemäße und gute Gesellenprüfung ablegt, der hat, ich will nicht sagen, für sein Leben ausgesorgt, der wird auch in Zukunft so viel verdienen, dass er damit eine Familie ernähren kann."

    Sorgen bereitet Ludwig Winkel jedoch die hohe Durchfallquote bei den Prüfungen. Fast die Hälfte derjenigen, die einen Lehrvertrag bei einem der Mitgliedsbetriebe der Innung unterschreiben, schafft den Abschluss nicht. Auch Gregor Berghausen von der IHK muss sich immer wieder die Klagen der Meister anhören:

    "Wir stellen fest, dass die Unternehmen die qualitativen Mängel bei den Bewerbern kritisieren, sich aber durchaus auch interessiert zeigen, schwächere Kandidaten gezielt heranzuqualifizieren, auf der anderen Seite auch stärker werbend in den Ausbildungsmarkt hineinzugehen, zu sagen: Hier ist unser Angebot, wir haben eine entsprechende Qualität von Ausbildungsangeboten. Die Bereitschaft der Unternehmen, einerseits mehr für sich zu werben, andererseits aber auch noch nicht vollständig qualifizierte Bewerber heranzubilden."

    Das heißt: Immer mehr Unternehmen bieten Einstiegspraktika für Schulabgänger mit schlechteren Noten an. Diese Gruppe hatte bisher aufgrund der hohen Bewerberzahlen kaum eine Chance auf eine Ausbildung und gehörte schnell zur Kategorie "Altbewerber". Diese Jugendlichen verbrachten oft Jahre in Qualifizierungsmaßnahmen der Arbeitsagentur und fanden anschließend trotzdem nichts. Einer von ihnen ist Denis, der im Büro der "Kompetenzagentur" sitzt, einer Initiative der Caritas, und Beraterin Bianca Göbel seine Geschichte erzählt.

    "Ich bin der Denis aus Köln-Nippes und bin 23 Jahre alt. Ich habe einen Realschulabschluss und hab mich danach erstmal beruflich orientiert oder es zumindest versucht."

    Denis leidet an ADHS, einer Aufmerksamkeitsstörung, die ihm konzentriertes Arbeiten schwer macht. Nach dem Schulabschluss begann er eine Lehre als Fachinformatiker, doch er merkte schnell, dass er in der Berufsschule nicht mitkam, da die meisten in seiner Klasse Abitur hatten.

    "Da habe ich dann versucht, das nachzuarbeiten. Dann bauten sich in der Schule immer mehr Lücken auf, und ich fehlte dann teilweise in der Firma, weil mir das peinlich war. Es kam dann dazu, dass die Firma sich mit mir zusammensetzte und fragte: Was ist denn los Denis, möchtest du die Berufssparte wechseln? Ich wusste das damals nicht zu schätzen und wusste nicht, was ich anderes bei der Firma hätte machen sollen und bin dann erstmal vor lauter Peinlichkeit gegangen."

    Denis schrieb anschließend hunderte von Bewerbungen, jobbte und wurde arbeitslos. Sieben Jahre nach seinem Schulabschluss sitzt er in der Beratungsstelle der Caritas und hofft, dass Bianca Göbel ihm helfen kann. Sie führte zunächst einmal ein langes Einzelgespräch mit Denis und versuchte herauszufinden, wo seine Interessen liegen. Schnell stellte sie fest, dass der 23-Jährige seinen Traumjob eigentlich schon kennt. In den vergangenen anderthalb Jahren hat er als Verkäufer gejobbt, ein Beruf, in dem er auch gern eine Ausbildung machen würde.

    "Also Einzelhandelskaufmann ist schon ein sehr schöner Job, da ich jetzt schon anderthalb Jahre als Verkäufer gearbeitet habe, wollte ich gern in diese Richtung gehen, hatte aber bis jetzt noch nicht die Gelegenheit dazu."

    Bianca Göbel nickt zufrieden. Ihre Aufgabe ist es jetzt, Denis Mut zu machen und ihm zu helfen sich nicht zu verzetteln, wie sie es ausdrückt.

    "Ich habe das Gefühl, so lange kenne ich ihn jetzt auch noch nicht, seit zwei Wochen ist Denis jetzt hier, dass ihm das gut tut, dass er hier einen Ansprechpartner hat, er gleichzeitig in seinem Potenzial unterstützt wird und auch sehr selbständig agieren kann."

    Bereits in der kommenden Woche will Denis wieder Bewerbungen schreiben. Wenn er möchte, wird ihn Bianca Göbel auch zum Vorstellungsgespräch begleiten und ihm, auch wenn er eine Ausbildung gefunden hat, zur Seite stehen. Rund 250 solcher "Kompetenzagenturen" gibt es in ganz Deutschland. Sie werden vom Bundesfamilienministerium finanziert. Die Vermittlungsquoten sind hoch, je nach Programm liegen sie bei fast 100 Prozent. Auch Denis, der eigentlich schon seit Jahren die Hoffnung auf eine Lehrstelle aufgegeben hatte, klingt schon wieder optimistisch.

    "Ich komme mir hier sehr verstanden vor. Es war auch endlich mal jemand da, der gesagt hat: Das und das können wir anbieten, das und das können wir machen, wollen Sie nicht da reinschauen. Für mich gab es einfach wieder eine Perspektive, weil im Moment ist es perspektivlos. Ich sitze zu Hause, schreibe Bewerbungen und kriege nur Absagen nach Hause. Da ist dann einfach diese Perspektive nicht mehr da, man ist dann frustriert, man macht einen Nebenjob, das ist auch nicht das Richtige, man will ja auch einen Grundstein für die Zukunft legen."

    Lebensläufe wie der von Denis sind es, die die Aufmerksamkeit der Berufsberater darauf gelenkt haben, dass die Hilfe früher ansetzen muss - damit die Jugendlichen nicht erst Jahre nach dem ersten Bewerbungsgespräch den Weg in ein Beratungsbüro finden. Die Arbeitsagenturen haben darauf reagiert und bieten Jugendlichen parallel zur Berufsschule Nachhilfekurse an, erklärt Claudia Zimmermann von der Kölner Arbeitsagentur:

    "Wir haben rund 800 Plätze in den Ausbildungsbegleitenden Hilfen. Einige Jugendliche nehmen das einige Monate lang wahr. Es gibt auch Jugendliche, die von Anfang an schlechte Zeugnisnoten aus der Hauptschule mitgebracht haben, die das über den ganzen Verlauf ihrer Ausbildung brauchen. Über das Jahr sind das rund 700, 800 Jugendliche, die über uns eine Art Nachhilfe bekommen. Natürlich gibt es auch Betriebe, die selbst Nachhilfe anbieten, von Azubi zu Azubi."

    Damit auch "Altbewerbern" wie Denis der Einstieg in den Lehrstellenmarkt künftig leichter fällt, hat der Bundestag Anfang des Monats dem so genannten "Ausbildungsbonus" zugestimmt. Eine Prämie für Unternehmen, die schwer vermittelbaren Jugendlichen eine Ausbildung ermöglichen. Diese Betriebe können zukünftig mit einem Zuschuss von 4.000 bis 6.000 Euro rechnen. Die Voraussetzung: Sie müssen einen Jugendlichen einstellen, der einen Sonder- oder Hauptschulabschluss hat oder der die Schule abgebrochen hat. 100.000 zusätzliche Ausbildungsplätze sollen damit in den kommenden zwei Jahren geschaffen werden, erklärt der Unionsabgeordnete Franz Rohmer.

    "Damit werden wir den Sockel der Altbewerber zielsicher abbauen, ohne bestehende Ausbildungsplätze zu gefährden."

    FDP und Wirtschaftsverbände hingegen kritisieren diesen Beschluss. Sie befürchten dadurch Fehlanreize. Sie argumentieren, die Unternehmen könnten sich an den Bonus gewöhnen und nur noch subventionierte Lehrstellen anbieten. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt sprach sich deswegen dafür aus, den Kreis der Berechtigten deutlich einzuschränken und Hauptschulabsolventen von der Förderung ganz auszunehmen. Manfred Kremer, der als Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung die Folgen solcher Programme untersucht, freut sich dagegen über das neue Interesse der Politik an den Jugendlichen, denen sonst bisher oft nur die Alternative Hartz IV blieb.

    "Ich glaube, in der Situation, in der wir sind und in der wir einen großen Berg an Altbewerbern haben, der abgebaut werden muss, ist alles, was dazu beiträgt, erstmal sinnvoll. Dass man eine ordnungspolitische Diskussion führt und fragt, ob Betriebe Auszubildende, die sie eingestellt haben, auch eingestellt hätten, wenn es diese Prämie nicht gäbe, das ist erstmal Spekulation, wie die Größenordnung sein wird, kann man nicht sagen. Aber ich finde es erstmal richtig, dass die Bundesregierung, und das ist wirklich das erste Mal, sagt: Da gibt es ein Problem, und wir wollen das mit einem massiven Einsatz von Finanzmitteln versuchen zu lindern. Warten wir doch mal ab, was dabei herauskommt."

    Auch Denis, der im Büro der Caritas sitzt und langsam wieder Mut fasst, sich doch noch mal zu bewerben, hält den Ausbildungsbonus für eine gute Idee. Endlich nehme die Politik wahr, dass es vielen Jugendlichen so gehe wie ihm, meint der 23-Jährige:

    "Ja, doch, ich finde schon, dass sich was tut, dass sich unser Staat dafür einsetzt, dass mehr Fördermittel und so dafür gegeben werden, dass die Betriebe gefördert werden, die ausbilden, das finde ich schon."