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"Ein Haus für alle"

Angesichts der Grundsteinlegung zur neuen Elbphilharmonie in Hamburg, hat sich die Kultursenatorin Karin von Welck von der Spendenbereitschaft der Bürger der Hansestadt begeistert gezeigt. 64 Millionen Euro seien bislang aus privater Hand für das Projekt gesammelt worden. Daher sei es wichtig, dass das neue Konzerthaus "ein Haus für alle" werde, meinte die parteilose Senatorin.

Moderation: Jochen Spengler |
    Jochen Spengler: Hamburg will kulturell gesehen ganz nach vorne. Sichtbares Zeichen dafür der Bau eines Musiktempels am Rande des Hafens. Vor der Kulisse aus Containerschiffen und Verladeterminals will die Hansestadt ein Konzerthaus bauen, das zu den zehn besten der Welt gehören soll: die neue Elbphilharmonie. Sie soll entstehen auf einem massiven roten Backsteinklotz, der früher als Kakao-Speicher genutzt wurde. Die eigentliche Philharmonie sieht aus wie eine gigantische Welle aus Glas, erdacht vom Architekturduo Herzog und de Meuron, das schon die Allianzarena in München entworfen hat. Heute wird der Grundstein für die Elbphilharmonie gelegt, einem Jahrhundertbauwerk, das zum neuen Wahrzeichen Hamburgs werden soll. Am besten Sie machen sich im Internet selbst ein Bild des wahrlich imposanten Äußeren. Einfach in einer Suchmaschine Elbphilharmonie und Bilder eingeben. Am Telefon ist Hamburgs parteilose Kultursenatorin Professor Karin von Welck. Einen schönen guten Morgen Frau von Welck!

    Karin von Welck: Guten Morgen!

    Spengler: Heute wird der Grundstein zur Elbphilharmonie gelegt. 2010 soll es das erste Konzert geben. Braucht die Hansestadt einfach einen neuen Konzertsaal oder neben dem Michel ein neues Wahrzeichen?

    von Welck: Wir brauchen beides. Hamburg hatte mal bis zum Zweiten Weltkrieg einen zweiten großen Konzertsaal und seitdem hatten wir nur die zwar sehr schöne, aber nicht mehr ausreichende Laeiszhalle. Insofern freuen wir uns auf diese großen Möglichkeiten für die Musik. Zugleich ist es aber natürlich ein architektonisches Highlight und wird sicherlich das neue Wahrzeichen neben dem Michel werden.

    Spengler: Da reiht sich ja ein Superlativ an den nächsten. Der Prestigebau soll ein Leuchtturm werden heißt es, ein lebendiges Wahrzeichen, eine kulturelle Kathedrale, Hamburg zur Weltkulturmetropole werden lassen. Wie verträgt sich dieses Klotzen statt Kleckern eigentlich mit der hanseatischen Bescheidenheit?

    von Welck: Sie haben schon Recht: Es ist einfach ein spektakuläres Gebäude, ein spektakuläres Projekt. Es gibt so ein schönes Wort von dem ehemaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt, der gesagt hat, Hamburg ist eine schlafende Schöne. Irgendwie ist die schlafende Schöne jetzt aufgewacht und macht auf sich aufmerksam. Ich glaube es ist auch notwendig, denn im Wettbewerb der Metropolen müssen wir wirklich auch etwas zu bieten haben und darüber reden. Es muss ja auch jemand hingucken und von daher werben wir jetzt ganz kräftig für unser Projekt, was übrigens nicht nur ein Repräsentativbau sein soll, sondern wirklich auch ein Haus für alle. Das ist uns ganz, ganz wichtig: einmal von dem Programm her, aber auch von der Begehbarkeit her. Von dieser Aussichtsplattform, von der schon die Rede war, hat man wirklich einen unglaublich schönen Blick auf die ja nun wirklich auch wahnsinnig schöne Stadt. Insofern sind später alle eingeladen, dort hinzukommen.

    Spengler: Ein Haus für alle haben Sie gesagt. Christoph von Dohnanyi, der Chefdirigent des NDR-Symphonieorchesters, warnt vor zu niedrigen Eintrittspreisen. Was nichts koste, könne auch nichts sein sagt er. Also doch ein Spielort der Hochkultur für die oberen 10.000?

    von Welck: Nein, ganz sicher nicht. Es wird aber sicher so sein, dass die teueren Karten auch die preiswerten mitfinanzieren. Was wir zudem anbieten werden ist ein sehr großes musikpädagogisches Programm mit ganz viel für Kinder und Jugendliche, mit dem klingenden Museum, das dort auch einziehen wird, und mit vielen, vielen Projekten, die wir schon jetzt langsam anfangen können Dank auch großzügiger Spenden, hier insbesondere durch den Körper-Zukunftsfonds. Da können wir jetzt schon in der Laeiszhalle und aufbauend zur Elbphilharmonie hin neue Formate anbieten mit Gesprächen für Kinder vor und nach den Konzerten mit den Musikern, die hier durch die Stadt ziehen, und ähnliches mehr. Das ist wirklich auch eine große Herausforderung für uns alle.

    Spengler: Bemerkenswert finde ich, dass die Idee gar nicht aus der Politik kam, also auch nicht von Ihnen, obwohl Sie von Anfang an die Idee toll fanden. Aber wo kam diese Idee her?

    von Welck: Ja, das finde ich auch ganz besonders. Es ist so, dass dieses Projekt wirklich aus der Bürgerschaft von interessierten Menschen an den Senat herangetragen worden ist, und zwar durch Alexander Gérard, einem Architekten, der zusammen mit seinen Freunden aus der ETH Zürich, eben Herzog und de Meuron, die ersten Entwurfsskizzen für diesen Bau gefertigt hat und dann wirklich den Funken der Begeisterung hier in der Stadt gezündet hat und alle eingenommen hat dafür: die Architekten, die Politiker, die Öffentlichkeit. Das ist schon wirklich ganz, ganz ungewöhnlich.

    Spengler: Neue Wege beschreiten Sie auch was die Finanzierung angeht. Also es bleibt nicht alles an der öffentlichen Hand hängen oder?

    von Welck: Nein, Gott sei Dank. Das ist aber auch das besondere hier in Hamburg. Es gibt ein ganz, ganz großes Spendenaufkommen und eine große Spendenbegeisterung geradezu. Wir haben schon jetzt, obwohl ja nun wirklich erst heute der Grundstein gelegt wird, 64 Millionen Euro aus privater Hand dafür sammeln können. Das ist natürlich toll. Das wird uns helfen, den Bau fertig zu stellen. Wir sammeln aber kräftig weiter.

    Spengler: Das ist etwa ein Viertel der Baukosten kann man sagen?

    von Welck: Ja. Wir werden aber zusätzlich noch weiter sammeln, um dann auch den laufenden Betrieb mitzufinanzieren. Auch dafür gibt es schon zweckgebundene Spenden und ich hoffe, dass sich das noch aufbaut, damit wir dann auch wirklich nicht nur ein hervorragendes Gebäude mit hoffentlich sehr, sehr guter Akustik haben werden, sondern eben auch ein entsprechend gutes Programm anbieten können, das dann nicht zu sehr den öffentlichen Haushalt belastet.

    Spengler: Frau von Welck, wenn Sie schon das neue Finanzierungsmodell mit Stiftung und privaten Spendern ansprechen, besteht dann nicht auch die Gefahr, wie man jetzt beim Hamburger Bahnhof in Berlin kurzzeitig befürchten musste, dass man in Abhängigkeit privater Gönner gerät?

    von Welck: Nein, die besteht wirklich nicht. Da ist dann auch wieder die hanseatische Bescheidenheit, die Sie am Anfang erwähnten, sicher mit ein Garant dafür, dass das nicht sein wird. Nein, das ist wirklich bemerkenswert, dass man hier nicht nur Großspenden hat, sondern auch ganz viele, viele kleine Spenden von zehn Euro aufwärts, so dass wir da eine ganz breite Basis haben werden.