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Ein Jahr Anerkennungsgesetz

Mit dem 1. April 2012 trat das Anerkennungsgesetz des Bundes in Kraft. Damit gibt es einen Rechtsanspruch darauf, dass im Ausland erworbenen Berufsabschlüsse innerhalb von drei Monaten überprüft werden. Das Bundesbildungsministerium geht von etwa 30.000 Anträgen im ersten Jahr aus.

Von Jürgen König | 03.04.2013
    Für Bundesbildungsministerin Johanna Wanka, CDU ist das Gesetz ein "Erfolg". Genaue Zahlen wird es erst Ende des Jahres geben, doch hätten alleine die Gesundheitsbehörden für 2012 rund 20.000 Anträge bzw. Verfahren gemeldet, darunter über 8000 Anträge von Ärzten, auch das Interesse an Pflegeberufen sei groß. Bei den Handels- und Handwerkskammern wurden knapp 4000 Anträge eingereicht: Alles zusammengenommen geht das Bundesbildungsministerium von etwa 30.000 gestellten Anträgen im ersten Jahr des neuen Gesetzes aus. Etwa zwei Drittel der Anträge wurden positiv beschieden, für den großen Rest der Antragsteller gab es Teilanerkennungen, weniger als zehn Prozent der Anträge wurden abgelehnt.

    "Das Ganze ist ein Paradigmenwechsel, weil es sozusagen ein Signal ist an die Migranten, dass man nicht nur formale Anerkennung für die berufliche oder die entsprechende Qualifikation, sondern eben auch Anerkennung der Lebensleistung derer und zum anderen auch das Signal, dass wir diese Einwanderung wollen, dass wir auch Arbeit haben für viele von denjenigen, die bei uns leben oder eventuell noch zu uns kommen."

    Peter Clever von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände sieht das Gesetz als großen Schritt in die richtige Richtung und hebt hervor, für die Unternehmen sei es "eine wirkliche Hilfe".

    "Und das Positive ist, dass wirklich ein Rechtsbescheid erteilt wird, der ohne große Vorqualifikation lesbar ist. Dass man wirklich in diesen Bescheiden der Kammern nachvollziehen kann, was hat jemand gelernt, in welchen Bereichen ist er ausgebildet worden; einen einfach lesbaren, auch für den kleinen Unternehmen lesbaren Bescheid: weil er eben Auskunft gibt über die Qualifikation des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin, die er sucht."

    Das Gesetz helfe, so Peter Clever, dringend benötigte Fachkräfte in Deutschland wie im Ausland zu finden. Einiges sei zu tun: Die Gesundheitsminister der Länder etwa hätten schon im Juni 2012 eine Zentralstelle zur Begutachtung von Gesundheitsberufen angekündigt, dafür hätten aber die Finanzminister der Länder die nötigen Gelder verweigert - eine solche Zentralstelle aber sei dringend nötig, wo es, wie etwa in Bayern, gleich neun verschiedene Anerkennungsstellen für Gesundheitsberufe gebe, dauere vieles viel zu lange. Dass erst fünf Bundesländer entsprechende Landesanerkennungsgesetze verabschiedet haben, erklärte Birgitta Wolff, die Ministerin für Wissenschaft und Wirtschaft von Sachsen-Anhalt, mit den völlig neuen Verwaltungsstrukturen, auf die man sich zu einigen habe; häufig müsse mit jahrzehntealte Gewohnheiten und Zuständigkeiten gebrochen werden. Peter Clever fand dafür deutliche Worte – ein völliger Mentalitätswechsel sei nötig.

    "Wir haben unsere Behörden über Jahrzehnte in eine Abschottungskultur hineinentwickelt. Man hat gesagt: Haltet uns die Leute vom Hals! Die wollen alle nur in unsere Sozialsysteme einwandern! Und jetzt müssen wir deutlich machen, dass wir Fachkräfte benötigen, die wir umwerben müssen! Ich muss jetzt auf der einen Seite abschotten, also das Hineinwandern in unsere Sozialsysteme ist ja nicht unser Ziel! Sondern unser Ziel ist, Fachkräfte zu bekommen zu bekommen, die uns helfen, unsere Probleme auf dem Arbeitsmarkt zu lösen. Und diese… quasi diese mentale Kultur in den Köpfen der Frauen und Männer in den Behörden zu verändern: das geht nicht per Knopfdruck, das geht auch nicht per Gesetz! Ich rede jetzt gar nicht davon, dass ich sage: die sind alle unfreundlich in den Ausländerämtern. Die sind gebeten worden, nicht allzu freundlich zu sein - über Jahrzehnte."

    Niemand widersprach Peter Clever, einig schien man sich darin zu sein, dass es bis zur Verwirklichung der vielzitierten "Willkommenskultur" noch ein weiter Weg ist.