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Ein Jahr "Böhmermann-Affäre"
"Ihm steht die Rolle des Märtyrers nicht"

Vor einem Jahr, am 31. März 2016, las Jan Böhmermann in seiner TV-Show "Neo Magazin Royale" 24 Verse vor. Mit seinem "Schmähgedicht" wollte er die Grenzen der Satire aufzeigen - und löste damit Wirbel, jedoch mitnichten eine "Staatskrise" aus, wie Medienwissenschaftler Bernd Gäbler im Deutschlandfunk betont.

Bernd Gäbler im Gespräch mit Stefan Koldehoff |
    Ein Zuschauer hält in Marl (Nordrhein-Westfalen) vor der Verleihung der Grimmepreise eine Plakat mit der Aufschrift "Vermisst", das auf die Abwesenheit des Satirikers Jan Böhmermann hin weist.
    Es wurde sogar demonstriert für Jan Böhmermann - hier am Rande der Verleihung der Grimmepreise in Marl. (dpa / picture alliance / Henning Kaiser)
    Das "Schmähgedicht" und seine Folgen als "Staatskrise" zu bezeichnen, sei eine "typisch journalistische Übertreibung" gewesen, sagte der ehemalige Leiter des Grimme-Instituts in der Sendung @mediasres.
    Böhmermann hatte mit teils drastischen Worten dem türkischen Präsidenten Erdogan bestimmter sexueller Handlungen bezichtigt. Dabei verwies er mehrfach darauf, dass es sich um einen strafbaren Beitrag handle, der die Grenze von Satire und Schmähkritik aufzeigen solle. Hintergrund war ein Satirebeitrag im NDR-Magazin "Extra3" gewesen, nach dessen Ausstrahlung in Ankara der deutsche Botschafter einbestellt worden war.
    "Der Streit geht weiter"

    Böhmermann habe mit seinem Beitrag eine Auseinandersetzung über die Frage, was die Freiheit der Rede sei, angestoßen, findet Medienwissenschaftler Gäbler. Persönlich habe er den Beitrag bereits damals trotz eines "hohen Solidarisierungsdruckes" nicht für gelungen gehalten. "Ich fand, dass es keine treffende Satire war, sondern nur Haudrauf und vulgär."
    Bernd Gäbler, deutscher Journalist und Autor von Medienthemen, ehemaliger Geschäftsführer des Adolf-Grimme-Instituts.
    Bernd Gäbler, ehemaliger Geschäftsführer des Adolf-Grimme-Instituts. (picture alliance/dpa - Erwin Elsner)
    Böhmermann stehe die "Rolle des Märtyrers der Meinungsfreiheit" nicht. Und der Streit darüber, was in der Satire verboten sei, gehe dennoch weiter.
    Hören Sie das komplette Interview in voller Länge hier nach.