Es ist ein ganz besonderer TV-Spot: Schauspieler Idris Elba mimt einen Fußballcoach in der Kabine und klärt sein Team über Ebola auf. "Westafrika, das hier ist kein normaler Fight. Ihr kämpft gegen einen brutalen, unsichtbaren Gegner. Es geht um Leben und Tod."
Es ist ein Kampf, den Guinea, Liberia und Sierra Leone, zwischenzeitlich auch Nigeria, Senegal und Mali, schon ein ganzes Jahr gegen Ebola führen. Fast 7.700 Menschen haben diesen Kampf bereits verloren, fast 20.000 sind infiziert. Und das sind nur die offiziell erfassten Fälle.
Ground Zero der Ebola-Seuche ist Guinea. Dort, in einer Hütte in einer kleinen Siedlung im Regenwald, erkrankt vor fast genau einem Jahr der einjährige Emile, er stirbt nach wenigen Tagen und gilt heute als mutmaßlicher "Patient Null". Binnen eines Monats stirbt Emiles Familie, das Drama nimmt seinen Lauf. Weil niemand weiß, wie ansteckend Ebola ist. Weil das Virus nicht nur auf bettelarme Länder, sondern auch auf völlig unvorbereitete Politiker und Behörden trifft. Verheerend, sagt der Ebola-Entdecker Peter Piot schon im Frühjahr:
"Dies ist eine Epidemie, die durch marode Gesundheitssysteme verschuldet wurde. Krankenschwestern und Ärzte sterben als erstes, dann die Angehörigen der Opfer. Das fehlende Vertrauen in den Gesundheitssektor - das ist mindestens so gefährlich wie das Virus selbst!"
Ärzte ohne Grenzen: "So etwas noch nie erlebt"
Das Ebola-Virus wird zunächst unterschätzt. Obwohl die erfahrene Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen bereits im März eindringlich warnt:
"Normalerweise versuchen wir, immer einen Schritt schneller zu sein als das Ebola-Virus", erklärt Anja Wolz, Notfallkoordinatorin von Ärzte ohne Grenzen im Osten von Sierra Leone. "Hier kommen wir aber einfach viel zu spät. In einem einzigen Dorf haben wir über 40 Ebola-Infizierte entdeckt. Es ist unglaublich, ich habe so etwas noch nie erlebt. Wir brauchen dringend mehr Experten, Epidemiologen, ausgebildete Sanitäter!"
Doch der Hilferuf verhallt so gut wie ungehört. Bis die Weltgemeinschaft endlich aufwacht, ist es für einen schnellen Erfolg zu spät. Erst im August spricht die WHO von einem "Internationalen Gesundheitsnotfall". Die Hilfe kommt erst richtig in Fahrt, als auch Europäer und Amerikaner in Westafrika an Ebola erkranken und nach Hause geflogen werden. Plötzlich werden Milliarden Dollar zugesagt, bald bauen Soldaten Behandlungszentren auf, auch aus Deutschland kommen freiwillige Helfer. Auch wenn in manchen Gebieten die Zahl der Neuinfektionen langsam zurückgeht und mehr Menschen als bisher Ebola überleben: Von Entwarnung kann keine Rede sein. Zehntausende Kinder gehen nicht mehr zur Schule, viele von ihnen hat das Ebola-Virus zu Waisen gemacht. Und die wirtschaftlichen Folgen sind in Liberia, Guinea und Sierra Leone noch gar nicht absehbar. Elizabeth Byrs vom Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen:
"Die Versorgung mit Nahrungsmitteln ist gefährdet. Die Preise steigen massiv, weil der Flugverkehr eingeschränkt ist, weil die Bauern nicht mehr auf die Felder gehen, weil die Ernte nicht eingefahren werden kann und auch, weil viele junge Leute an Ebola gestorben sind, die ihre Familien normalerweise finanziell unterstützen. Jetzt fehlt schlicht das Geld, um Essen zu kaufen."
Ebola noch lange nicht besiegt
Experten hoffen, die Epidemie 2015 endlich unter Kontrolle zu bringen - auch dank intensiver Forschung an Impfstoffen. Doch bis dahin werden noch viele Menschen an Ebola sterben - oder an den Folgen: Weil die Gesundheitssysteme zusammengebrochen sind, werden Krankheiten wie Malaria oder Cholera nicht mehr behandelt. Frauen sterben bei Geburten, weil Hebammen aus Angst vor Ebola die Arbeit verweigern. Ein Jahr nach dem Tod des kleinen Emile in einer Hütte im Busch von Guinea ist der unsichtbare Gegner Ebola noch lange nicht besiegt.