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Ein Jahr nach Brückeneinsturz in Genua
Das Erinnern fällt schwer

43 Menschen starben, als vor einem Jahr die Morandi-Brücke in Genua einstürzte. Inzwischen wird an gleicher Stelle eine neue Brücke gebaut. Ein Symbol für den Neuanfang soll sie sein. Doch noch immer ist nicht geklärt, wer für das Unglück verantwortlich ist – und die unmittelbar Betroffenen leiden weiter.

Von Lisa Weiß |
Ein Mann blickt am 28.06.2019 auf die Überreste der zerstörten Morandi-Brücke in Genua, kurz vor ihrer kontrollierten Sprengung.
Die zerstörte Morandi-Brücke in Genua, kurz vor ihrer kontrollierten Sprengung am 28.06.2019 (imago / Mauro Ujetto)
Die Sonne brennt vom Himmel, die Luft steht im Polcevera-Tal, dort, wo sich in Genua Industriegebiet, Gewerbe, Bahngleise und Wohnblöcke abwechseln. Giuseppe Rodinò sitzt im Schatten vor einem Möbelhaus. Über 40 Jahre hat er hier in diesem Tal gelebt, mit der Stadtautobahn, die über seinen Wohnblock hinwegrauschte – bis am 14. August 2018 die Morandi-Brücke teilweise einstürzte, wenige Meter von seinem Haus entfernt. An diesem Tag hat sich Giuseppe Rodinòs Leben mit einem Schlag verändert. In seine Wohnung zurück kann er nicht mehr, nach einer neuen Heimat sucht er noch. Die Wunden sind noch nicht verheilt, sagt Rodinò.
Er gehe nicht gerne zur Unglücksstelle zurück, aber für uns macht er es doch, sagt er und steigt in sein Auto. Nur rund einen Kilometer entfernt von hier hat er gewohnt, aber momentan dauert es mehr als eine halbe Stunde, um dorthin, auf die andere Seite des Polcevera-Wasserlaufs zu kommen. Denn die neue Brücke steht noch nicht, die Bauarbeiten behindern den Verkehr.
"Jede Woche ändern sich die Fahrtrichtungen, weil sie Straßen sperren und wieder öffnen. Das ist auch richtig so, weil sie Arbeiten durchführen müssen. Aber wir Bürger in dieser Gegend, in diesem Tal, wir leiden darunter."
"Dann habe ich durchs Fenster die Schreie gehört"
Giuseppe Rodinò richtet seine Augen fest auf die Straße, beginnt irgendwann zu erzählen, von dem Tag des Unglücks. Leicht fällt es dem Rentner nicht:
"Ich war mit meiner kleinen Hündin zu Hause, sie heißt Krümel. Und ich habe auf meine Frau gewartet. Das Wetter war sehr schlecht, es hat gewittert. Und genau um 11.36 Uhr war ich in der Küche. Nichts hat darauf hingedeutet, was gleich passieren würde. Auf einmal habe ich ein sehr starkes Donnern gehört und gemerkt, dass die Erde bebte und das Glas in den Fenstern wackelte. Dann habe ich durchs Fenster die Schreie gehört: Die Brücke, die Brücke!"
Genua, 14. August 2018, 11.36 Uhr. Es stürmt, es gewittert, es regnet in Strömen. Ein grüner Kleinlaster fährt auf die Morandi-Brücke Richtung Innenstadt. Ein anderes Auto überholt ihn, schert vor ihm ein, der Fahrer des Kleinlasters bremst. Plötzlich ist das Auto weg, in die Tiefe gestürzt, zusammen mit einem Teil der Brücke. In italienischen Medien werden später Videos von Augenzeugen kursieren, die nicht glauben können, was sie da filmen.
Rettungsarbeiten unter den Trümmern der eingestürzten Morandi Autobahnbrücke. 
Rettungsarbeiten unter den Trümmern der eingestürzten Morandi-Brücke (Luca Zennaro/ANSA/AP/dpa )
Der Fahrer des Kleinlasters fährt ein paar Meter rückwärts, springt aus dem Wagen, flüchtet zu Fuß, in Sicherheit. Sein grüner Kleinlaster bleibt auf dem Brückenrest stehen, noch tagelang, wird zum Symbol des Einsturzes.
Dieser Fahrer ist nicht der einzige, der sich retten kann. Auch andere Menschen auf der Brücke kommen mit dem Schrecken davon, berichten später Zeitungen und Fernsehsender aus aller Welt.
Augenzeugin: "Wir haben versucht, rückwärts zu fahren, ich war schon 600 Meter weit auf der Brücke. Und dann habe ich einen Typen gesehen, der viel intelligenter und geistesgegenwärtiger war als ich: Er ist aus dem Auto ausgestiegen und hat geschrien: Lauft! Und wir haben alle angefangen, zu rennen."
Davide Capello: "Ich bin nach Genua gefahren, und als ich über die Brücke bin, habe ich plötzlich gesehen, dass sie vor mir zusammenbricht, auch mein Auto und ich sind nach unten gestürzt. Ich bin dann mit dem Auto an einem Pfeiler hängen geblieben, ich weiß es nicht genau. Deshalb bin ich nicht nach ganz unten gefallen."
Davide Capello, ehemaliger Profi-Fußballer, überlebt den Sturz dutzende Meter in die Tiefe so gut wie unverletzt. Andere haben weniger Glück: Insgesamt 43 Menschen sterben. Tagelang suchen Rettungskräfte mit schwerem Gerät nach Überlebenden in den Trümmern.
Haus und Heimat verloren
Die Stadt musste den Verkehr wieder zum Laufen bringen, obwohl die wichtigste Verbindungsstraße fehlte - rund 70.000 Fahrzeuge fuhren pro Tag über die Brücke. Auch die Bahnstrecke, die den für Genua so wichtigen Hafen mit Norditalien verbindet, war unterbrochen, Brückenteile waren aufs Bahngelände gefallen. Und dann gab es eben auch noch Menschen wie Giuseppe Rodinò, die raus aus ihren Häusern unter dem einsturzgefährdeten Brückenrest mussten. Man hat sich um sie gekümmert, bestätigt Rodinò:
"Es gab ein Zelt vom Roten Kreuz, ein großes Zelt vom Katastrophenschutz, wo wir zu essen bekommen haben, wo wir uns getroffen haben, das wir nutzen durften. Es gab ein anderes Zelt von der Stadt, für die bürokratischen Sachen."
All das in Sichtweite des eingestürzten Pfeilers, der Trümmer. Und der Brückenreste, wie zwei wackelige Zähne ragten sie über den Wasserlauf, darunter die Häuser, die ihre Heimat waren, sagt Giuseppe Rodinò. Noch war nicht klar, ob sie alle jemals wieder zurückkehren konnten. Einige Tage nach dem Unglück konnte jeweils eine Person pro Wohnung für zehn Minuten nach drinnen, um das Allernötigste zu holen, erinnert sich Giuseppe Rodinò:
"Als ich die Haustür geöffnet habe, bin ich erstarrt. Ich bin im Eingang stehengeblieben. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich habe die Wände angestarrt. Und einer der Feuerwehrleute hat gemerkt, dass ich fast in Panik geraten bin. Er hat sich bei mir eingehakt, hat mich geduzt und gesagt: Komm mit, ich helfe dir. Ich mache eine Liste mit den wichtigsten Sachen, die du mitnehmen musst und wir suchen sie zusammen."
Bewohner des Viertels unter der kollabierten Morandi-Brücke in Genua müssen ihre Häuser verlassen
Abschied für immer: Die Bewohner des Viertels unter der kollabierten Morandi-Brücke mussten ihre Häuser verlassen (imago/Riccardo Giordano)
Es war eine Ausnahmesituation für Giuseppe Rodinò, seine Frau und die anderen, die ihre Häuser verloren haben: Das Warten, die Unsicherheit. Das schlechte Gewissen, sich entwurzelt, als Opfer zu fühlen. Während doch andere Menschen gestorben waren, Angehörige oder Freunde verloren hatten. Und das Wissen, wie knapp sie am Tod vorbeigeschrammt waren:
"Wenn die Schrägseile über unseren Häusern gebrochen wären - die waren nur 30 Meter entfernt von der Stelle, an der die Brücke zusammengebrochen ist - dann wäre alles auf unsere Häuser gestürzt. Es wäre ein einziges Grab geworden."
Diskussion um die Schuldfrage
Aber: Wie konnte das überhaupt passieren, dass eine Brücke einfach so einstürzt? Und: Wer trägt die Verantwortung? Ganz so einfach ist das alles nicht zu beantworten, denn Italiens Autobahnen werden seit Jahren nicht mehr direkt vom Staat betrieben, sondern von Privatfirmen, die dafür Mautgebühren bekommen.
Für Italiens damaligen Verkehrsminister Danilo Toninelli von der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung war die Schuldfrage aber sofort nach der Katastrophe klar: Verantwortlich sei nicht der Staat, sondern der private Betreiber der Autobahn, Autostrade per l’Italia – Tochter des Unternehmens Atlantia. Dessen wichtigster Aktionär die Milliardärsfamilie Benetton ist.
Danilo Toninelli, italienischer Politiker der Fünf-Sterne-Bewegung und Minister für Infrastruktur und Verkehr
Verkehrsminister Danilo Toninelli machte den privaten Betreiber der Autobahn für das Unglück verantwortlich (imago/Fabio Ferrari)
Stefano Marigliani vom Betreiber Autostrade versicherte damals sofort: Alle Wartungsarbeiten, alle Sicherheitskontrollen seien wie geplant durchgeführt worden: "Nichts was wir über unsere Sicherheitssysteme und Spezialisten feststellen konnten, hat auf das hingedeutet, was heute so abrupt geschehen ist. Wir müssen jeder möglichen Hypothese nachgehen."
Doch direkt nach dem Unglück glaubte fast jeder zu wissen, wer die Verantwortung dafür trägt. Für die einen war es der längst verstorbene Architekt Riccardo Morandi, der die filigrane Schrägseilbrücke, die viele an die New Yorker Brooklyn Bridge erinnerte, in den 60er Jahren erbaute. Es sei grob fahrlässig gewesen, Stahlseile mit Beton zu ummanteln, das hätte man schon damals erkennen können, so die These. Für andere waren es die Umweltschützer, die sich erfolgreich gegen eine Umgehungsstraße eingesetzt hatten, die die Morandi-Brücke entlastet hätte. Letztendlich nahm die Staatsanwaltschaft Ermittlungen auf.
Ermittlungen dauern an
Giuseppe Conte kündigte als italienischer Ministerpräsident damals gleich an: "Wir können nicht das Strafverfahren abwarten. Wir haben die Verpflichtung, dass alle Bürger sicher reisen. Deswegen agieren wir unabhängig und leiten den Prozess ein, die Konzession an Autostrade zu widerrufen. Denn es gibt keinen Zweifel daran, dass Autostrade verpflichtet war, für die Instandhaltung dieses Viadukts zu sorgen und sicherzustellen, dass alle völlig sicher reisen können."
Doch so klar, wie Conte die Sache sah, ist und war sie für viele andere nicht. Hätte nicht der Staat trotzdem die Pflicht gehabt, die Instandhaltungsarbeiten zu überwachen, fragen sie sich. Aus juristischer Sicht ist das alles höchst verworren und uneindeutig – wie so oft, wenn Staat und Privatfirmen zusammenarbeiten.
Nun, ein Jahr nach dem Unglück, laufen die Ermittlungen immer noch. Zur Schuldfrage äußern sich viele nur noch ungern. Ganz anders Danilo Toninelli, der Mann mit den wilden Locken und der auffälligen Brille, der in seinem Büro in Rom empfing und als Verkehrsminister die Position seiner Fünf-Sterne-Bewegung vertrat:
"Wir haben vor kurzem ein technisch-juristisches Gutachten eingeholt, das klar festgestellt hat, was aus politischer Sicht schon deutlich war: Dass fehlende Instandhaltungsarbeiten den Einsturz verursacht haben."
Mit Baggern und Kränen werden Trümmerteile der teilweise eingestürzten Brücke in Genua weggeräumt.
Ein grüner Kleinlaster steht noch Tage nach dem Unglück vor der Abbruchkante - der Fahrer hatte Glück und konnte sich retten (dpa-Bildfunk/ Xinhua / Zheng Huansong)
Gutachten: Stahlseile kaum noch vorhanden
Italienische Medien zitieren aus einem Sachverständigengutachten, das im Rahmen der Ermittlungen erstellt wurde: Die Stahlseile inmitten der Betonhüllen seien zum Teil kaum noch vorhanden gewesen – jedenfalls in dem Abschnitt der Brücke, der zusammengebrochen ist. Für die Betreibergesellschaft Autostrade per l’Italia ist das aber kein Beweis dafür, dass die Brücke deshalb eingestürzt ist.
Noch sind die Untersuchungen nicht abgeschlossen, die Schuldfrage ist noch nicht geklärt. Gegen 71 Personen und zwei Firmen wird ermittelt. Pikantes Detail: Der Mutterkonzern der umstrittenen Betreibergesellschaft Autostrade per l’Italia ist gerade bei der teilstaatlichen Fluggesellschaft Allitalia eingestiegen.
Italiens Straßen und Brücken seien sicher, sicherer als je zuvor, das war Toninelli noch wichtig zu erwähnen. Es habe viele Überprüfungen gegeben, auch deshalb könne man so viele Baustellen sehen, wie nie zuvor.
Doch Bauarbeiten, die hat es auch bei der Morandi-Brücke gegeben, kurz vor dem Einsturz. Und mittlerweile ist auch der Rest des Viadukts größtenteils Geschichte: Er wurde gesprengt, rund 11 Monate nach dem Unglück.
Zurück in die Gegenwart. Giuseppe Rodinò hat sich mittlerweile erfolgreich durchs Verkehrschaos gequält und sein Auto in der Nähe der Unglücksstelle abgestellt. Die letzten Meter geht er zu Fuß, bleibt vor einer Absperrung stehen. Hinter dem Bauzaun: Schutt und eine Baustelle.
"Komm her, schau, das sind die Trümmer der Brücke, nach der Sprengung vom 28. Juni. Und mein Haus war genau da rechts. Und man sieht nichts mehr davon, weil sie es zerstört haben."
Als klar war, dass die Brücke gesprengt werden muss, war auch klar, dass er nie wieder in seinem Haus leben würde, sagt Giuseppe Rodinò. Am Tag der Sprengung fuhren er und seine Frau aus Genua weg, erzählt er. Sie wollten nicht dabei sein, nicht zuschauen, wie das Viertel, in dem sie den größten Teil ihres Lebens verbracht hatten, zusammenbrach. Sein Lächeln wirkt etwas angestrengt, wenn er jetzt auf die Trümmer zeigt. Nur ein paar Mal durften er und die anderen offiziell zurück in die Häuser, jeweils nur für ein paar Stunden. Mit Hilfe von Feuerwehrleuten haben sie ihr Hab und Gut zusammengerafft, erzählt er. Umzugswagen, Lagerhallen - das alles hat die Stadt organisiert, sagt Giuseppe Rodinò. Genau wie Übergangswohnungen. Doch viele seiner Möbel habe er im alten Haus zurücklassen müssen.
Kontrollierte Sprengung der Überreste der Morandi-Brücke in Genua am 28. Juni 2019
Kontrollierte Sprengung der Überreste der Morandi-Brücke in Genua am 28. Juni 2019 (imago/Mauro Ujetto)
Ein Besuch auf der Baustelle, dort, wo die neue Brücke hochgezogen werden soll. Ein Tankwagen bespritzt den heißen Boden mit Wasser, damit möglichst wenig Staub und Partikel in die Luft fliegen und eingeatmet werden. Graublaue Stahlträger stehen schon bereit, spezielle Bagger bearbeiten den Boden.
Paolo Albergante kommt näher. Der schlaksige Ingenieur mit den rötlichen Haaren ist Assistent des Bauleiters, er kennt sich hier aus wie fast niemand sonst. Routiniert erklärt er den Stand der Bauarbeiten:
"Es muss noch dieser Träger abgebaut werden, das ist der berühmte, auf dem der Kleinlaster stand. Und dann kann man schon die ersten Pfeiler sehen, die in die Höhe gebaut werden, die Eisenverstärkungen des Betons. Und von da aus wächst unser Pfeiler."
Noch sieht man nicht viel von der Brücke, doch das soll sich bald ändern. Danilo Toninelli versprach als Verkehrsminister in seinem Büro in Rom: An Weihnachten stehe die Brücke und im kommenden Frühling, wahrscheinlich im April, soll sie eingeweiht werden. Dass es Verzögerungen beim Abriss gab, unter anderem wegen der Asbest-Problematik, ändere daran nichts: Man vertraue den beteiligten Firmen, sagte Toninelli.
"Mit dem Vertrag haben sie Klauseln unterschrieben, die einen Zeitplan vorschreiben. Wenn sie den nicht einhalten, müssen sie Vertragsstrafen zahlen. Wenn jemand so hohe Strafen riskiert, dann weiß er, dass er die Zeiten einhalten kann."
Neue Brücke als Symbol für den Neuanfang
Zurück nach Genua, ins Polcevera-Tal. Nur ein paar Meter von der Baustelle entfernt, im ersten Stock eines unscheinbaren Gebäudes im Industriegebiet, ist das Büro der Baufirma Salini Impregilo. Geschäftsführer Nicola Meistro, ein hemdsärmliger Typ, bietet erst mal Kaffee an. Wenn man ihn auf den engen Zeitplan anspricht, lacht er.
Ja, wir haben nur sehr wenig Zeit, sagt Meistro und erklärt: Normalerweise veranschlagt man zwei Jahre, um eine Brücke in dieser Höhe von über einem Kilometer Länge zu erbauen. Er will es in der Hälfte der Zeit schaffen.
Seine Firma will bessere Strukturen schaffen, mehr Leute, mehr Baugeräte einsetzen, mehr gleichzeitig machen, um rechtzeitig fertig zu werden, erklärt Nicola Meistro und fügt gleich hinzu: Das gehe selbstverständlich nicht auf Kosten der Sicherheit der Brücke oder der Arbeiter.
Die neue Brücke hat der Genueser Stararchitekt Renzo Piano entworfen – Honorar will er dafür keines, er sieht es als Spende an seine Heimatstadt. Das Bauwerk soll ein Symbol für einen Neuanfang werden und, so der Architekt, mindestens 1.000 Jahre halten. Die Brücke wird dabei aber sehr einfach wirken, sagt Nicola Meistro. Unter der simplen Oberfläche wartet aber hochmoderne Technik: Mit Solarpanels wird die Brücke die Energie, die sie verbraucht, selbst erzeugen. Roboter sollen bei der Wartung helfen – eine Weltneuheit, so Meistro.
Renzo Piano stellt seinen Brückenentwurf für Genua vor
Starchitekt Renzo Piano hat den neuen Brückenbau für seine Heimatstadt Genua entworfen (ANSA via AP/dpa)
"Sie werden putzen können, haben Reinigungssysteme mit Wasserstrahlen, um auch den Brückenüberbau sauber zu halten. Und sie haben auch Wartungssysteme mit Kameras, man wird also auch immer, wenn es nötig ist, sich ein Bild vom Zustand der Struktur machen können."
Verantwortliche verbreiten Optimismus
Mit Beton ummantelte Stahlseile, wie bei der Morandi-Brücke, wird es nicht mehr geben. Stattdessen eine Stahlkonstruktion, mit Pfeilern und Fundamenten aus Stahlbeton. Sie soll sicher werden, diese Brücke. Doch das glaubte auch der Architekt Riccardo Morandi in den 60er Jahren von seinem Entwurf; dass Jahrzehnte später so viel mehr und so viel schwerere Autos und Lastwagen über seine Brücke fahren würden, konnte er nicht wissen, nicht einkalkulieren. Heute sei das anders, versichert Nicola Meistro. Und spricht von Studien, von Prognosen über den Verkehr und auch das Klima der Zukunft.
"Heute ist es mit Sicherheit einfacher als vor 50 Jahren, als die Morandi-Brücke gebaut wurde. Man weiß mehr, man kennt die Materialien viel besser, es ist eine andere Welt, 50 Jahre sind ein halbes Jahrhundert. Wir haben heute viel mehr Daten zur Verfügung und können viel konkreter und sicherer planen, für eine viel längere Dauer."
Auch Genuas Vizebürgermeister Stefano Balleari verbreitet Optimismus: Ein Jahr nach der Katastrophe stehe Genua wirtschaftlich gut da, der Hafen – für die Stadt überlebenswichtig – laufe wieder, sei immer noch der wichtigste Handelshafen Italiens. Die bisherige Regierung sah Italien auf einem guten Weg. Man habe es geschafft, für alle Familien, die unter der Morandi-Brücke gewohnt haben, eine Wohnung zu finden. Das mache ihn stolz, sagte Toninelli.
Als Giuseppe Rodinò, der Rentner aus dem Haus unter der Brücke, davon hört, verzieht er kurz das Gesicht. Er und seine Frau wohnen immer noch in einer kleinen Übergangswohnung am Stadtrand von Genua, in den Zimmern stapeln sich unausgepackte Kisten. Eine eigene Wohnung zu finden, sei schwer – auch für viele andere Familien, sagt er. Geld hätten sie bekommen, ja, aber das sei nicht alles.
Giuseppe Rodinò schaut noch ein letztes Mal auf den Bauzaun, auf die Stelle, an der früher sein Haus stand. Dann dreht er sich um und geht. "Es gibt viele Gründe, warum ich nicht mehr hierher zurückkehre. Vielleicht, vielleicht komme ich wieder, wenn die neue Brücke steht. Um sie mir anzuschauen."