Archiv

Ein Jahr nach erster OP
Weitere Schweineherz-Transplantation geplant

Vor einem Jahr erhielt David Bennett als erster Patient ein gentechnisch verändertes Schweineherz. Zwei Monate nach der Operation starb er. Sein schlechter Zustand und Viren in dem Organ waren verantwortlich. Jetzt steht der nächste Versuch an.

Von Michael Lange |
Ärzte während der ersten Transplantation eines Schweineherzens in einen Menschen
Die Chirurgen bei der aufsehenerregenden Xenotransplantation im Januar 2022. (picture alliance / ZumaPress / University Of Maryland School Of)
Die Transplantation eines Schweineherzens, das gentechnisch an den Menschen angepasst worden war, war eine Pioniertat. Die Operation am 7. Januar 2022 wird bis heute als einer der großen wissenschaftlichen Durchbrüche des Jahres gefeiert. Trotz des tragischen Ausgangs.
Das Chirurgenteam der University of Maryland in Baltimore hat die möglichen Ursachen für den Tod des Patienten David Bennett inzwischen genau analysiert. Vieles habe wie geplant funktioniert, meint der Herzchirurg und Leiter der Arbeitsgruppe Muhammad Mohiuddin. Was falsch lief, könne man beim nächsten Mal besser machen.

"David Bennett war zu geschwächt"

„Unser nächster Patient wird nicht so schwer krank sein wie Herr Bennett. Er war so geschwächt, dass wir die drohende Abstoßungsreaktion nicht so stark unterdrücken konnten, wie es nötig gewesen wäre - und wie wir es zuvor bei Tierversuchen mit Pavianen ausprobiert hatten.“  
David Bennett war auf ein Herzunterstützungssystem angewiesen, sein Immunsystem durch die Krankheit so angegriffen, dass seine Ärzte die Medikamente nicht in der nötigen Dosis verabreichen konnten. Das galt insbesondere für eine Behandlung mit Antikörpern, die direkt auf die Immunzellen des Patienten wirken sollten.

Bessere Tests vorab nötig

„Wir haben die Antikörper nicht abgesetzt. Aber die Dosis haben wir stark verringert, um den Patienten zu schonen. Ich bin überzeugt: Wir brauchen eine höhere Dosis. Die Unterdrückung der Abstoßung war nicht ausreichend.“ Dazu kamen Viren, die nach dem Tod des Patienten im Schweineherz entdeckt wurden. Bei Virustests vor der Operation waren diese normalerweise harmlosen Cytomegalie-Viren nicht aufgefallen. Als alleinige Ursache für Bennetts Tod kommen die Viren aber nicht in Frage, meint Muhammad Mohiuddin.
„Das Virus vermehrte sich nur im Schweineherz. In den Organen des Patienten haben wir es nicht entdeckt. Daraus schließen wir: Das Virus hat nur das Herz geschädigt. Dennoch: In Zukunft müssen wir durch bessere Tests dafür sorgen, dass die Schweineherzen virenfrei sind. Außerdem müssen wir Medikamente geben, die Viren im Patienten unterdrücken.“
Ein Mann füllt einen Organspenderausweis aus. Experten halten weitere Aufklärung zum Thema Organspende für nötig.
Die Hoffnung ist, dass Schweineherzen den Mangel an Organspenden abmildern können. (BZgA)

Suche nach geeignetem neuen Patienten

Eine erhöhte Dosis Antivirus-Medikamente kam für David Bennett nicht in Frage. Die Wirkstoffe hätten ihn zusätzlich belastet. Trotz der widersprüchlichen Erfahrungen will das Team um Muhammad Mohiuddin auf jeden Fall weitermachen. Jetzt komme es darauf an, einen geeigneten Patienten zu finden. Er oder sie müsse stark genug sein, um die schwere Operation zu überstehen und die starken Medikamente zu vertragen, so Muhammad Mohiuddin.  
„Wir suchen einen Patienten, dessen Immunsystem so gut funktioniert, wie bei einem gesunden Menschen, und der dringend auf ein Spenderherz angewiesen ist, ohne Chance ein menschliches Herz zu erhalten. Geeignet wären Patienten mit Krankheiten, die sich nicht auf das Immunsystem auswirken. Zum Beispiel ein Tumor im Herzen, oder eine Krankheit, die die Kontraktion des Herzens behindert.“

Wieder Behörden-Genehmigung nötig

Die US-Zulassungsbehörde FDA muss dann – wie schon bei David Bennett – die Transplantation eines Herzens vom Schwein für diesen Einzelfall genehmigen. Das muss schnell erfolgen, denn es geht um Leben und Tod. Die nächste Xenotransplantation könnte stattfinden, sobald ein passender Patient gefunden ist.
Eine klinische Studie mit mehreren Patienten soll später folgen. Die Zulassungsbehörde verlangt dazu mehr Informationen. Die Firma Revivicor und das Chirurgenteam der University of Maryland arbeiten an einer Veröffentlichung und wollen die nötigen Daten in den nächsten Monaten liefern.