Freitagabend in einer französischen Kleinstadt, Ris-Orangis. 40 Kilometer vor den Toren von Paris. Im Hochparterre kniet eine Frau auf ihrem Gebetsteppich, die Stimme kommt aus dem Lautsprecher, im Untergeschoss beten die Männer.
Der einfache Flachbau ist von außen kaum als Moschee erkennbar, auf der einen Straßenseite Wohngebäude, auf der anderen Gebetshäuser: dieses für die Muslime, 50 Meter weiter die Synagoge, dahinter die katholische und die protestantische Kirche des Dorfes. Eine Straße, die ihresgleichen sucht, im laizistischen Frankreich.
"Wir glauben alle an Gott"
, sagt die Frau, als sie mit ihrem Gebet fertig ist und die Schuhe wieder angezogen hat. Im Neonlicht dieses Abends wirkt das sonnengegerbte Gesicht unter dem Schleier alt, aber ihr Lachen ist jung, sie unterrichtet die Kinder der Gemeinde in Arabisch, hat in Algerien Philosophie und Religionsgeschichte studiert.
"Unsere Nachbarn - die kommen heute, wir werden sie sehen, wir trinken Tee, essen zusammen."
Mal ist die Moschee Gastgeber, mal die Synagoge - in dieser kleinen Straße haben sich die Gläubigen vorgenommen, öfter miteinander zu reden, um sich besser kennenzulernen. Keine Massenveranstaltung, drei junge Männer, zwei alte Herren, der Imam und der Gemeindesprecher sind aus dem Untergeschoss ins Hochparterre gekommen, in den kleinen Versammlungsraum, der als Schule und Gebetsplatz für die Frauen dient. Tee wird aufgekocht, Stühle gerückt.
Der Gemeindesprecher ist aufgeregt. Die jüdische Delegation trifft ein, drei ältere Herren, einer trägt die Kippa.
Meine lieben Freunde, liebe Brüder, sagt der Gemeindesprecher, begrüßt die kleine Runde, wechselt vom Französischen ins Arabische, beschwört die Freundschaft.
Seine Rede wird freundlich aufgenommen.
Der Präsident der jüdischen Gemeinde ergreift das Wort und kommt bald auf einen heiklen Punkt zu sprechen. Einer der jungen Moslems hatte zuvor beklagt, die Synagoge erhalte Polizeischutz, die Moschee aber nicht:
"Wir haben nicht beantragt, dass wir beschützt werden, normalerweise gibt es ja kein Polizeiauto vor der Tür, aber der Innenminister hat es verfügt, das Ziel müsste sein, dass keine Gemeinde geschützt werden müsste."
Die Zahl der antisemitischen Übergriffe in Frankreich aber hat zugenommen, um 58 Prozent im vergangenen Jahr, rechnet die nationale Menschenrechtskommission vor. Aber auch Muslime beklagen Übergriffe, um ein Drittel stieg diese Zahl. Die schwierige wirtschaftliche Lage des Landes entlädt sich zunehmend in interreligiösen Hassattacken.
"Das Jahr 2012 ist ein besonders besorgniserregendes Jahr"
, sagt Christine Lazerges, die Präsidentin der Nationalen Menschenrechtskommission. Die Toleranz gehe zurück, das dritte Jahr in Folge.
Die nationale Menschenrechtskommission spricht von einer rassistischen Grundstimmung.
Dabei fühlen sich Juden wie Muslime bedroht.
"Der radikale Islamismus, nicht der Islam an sich, ist eine bestialische Ideologie, die ich als Naziideologie bezeichne."
Sagt etwa Richard Prasquier , der Präsident des Zentralrats der Jüdischen Institutionen in Frankreich. Nicht weniger beunruhigt Mohammed Moussaoui für den Nationalen Rat der Muslime, der sich zuletzt alarmiert sah, als eine rechte Splittergruppe die Große Moschee von Poitiers besetzt hielt, um an Karl Martell zu erinnern - der 732 den Vormarsch der Araber gen Westen in Poitiert gestoppt hatte.
Die antimuslimischen Übergriffe nehmen seit Jahren zu, sagt Moussaoui und spricht seinerseits von Islamophobie.
In der kleinen Moschee vor den Toren von Paris sitzen sich beide Gruppen gegenüber. Es ist ein mühsames Werben um Verständnis.
"Wir hatten oft auch Streit in dieser Straße, verrät der Gemeindesprecher der Moschee, aber heute, da sprechen wir miteinander, schätzen und entdecken einander und mögen uns!"
Der einfache Flachbau ist von außen kaum als Moschee erkennbar, auf der einen Straßenseite Wohngebäude, auf der anderen Gebetshäuser: dieses für die Muslime, 50 Meter weiter die Synagoge, dahinter die katholische und die protestantische Kirche des Dorfes. Eine Straße, die ihresgleichen sucht, im laizistischen Frankreich.
"Wir glauben alle an Gott"
, sagt die Frau, als sie mit ihrem Gebet fertig ist und die Schuhe wieder angezogen hat. Im Neonlicht dieses Abends wirkt das sonnengegerbte Gesicht unter dem Schleier alt, aber ihr Lachen ist jung, sie unterrichtet die Kinder der Gemeinde in Arabisch, hat in Algerien Philosophie und Religionsgeschichte studiert.
"Unsere Nachbarn - die kommen heute, wir werden sie sehen, wir trinken Tee, essen zusammen."
Mal ist die Moschee Gastgeber, mal die Synagoge - in dieser kleinen Straße haben sich die Gläubigen vorgenommen, öfter miteinander zu reden, um sich besser kennenzulernen. Keine Massenveranstaltung, drei junge Männer, zwei alte Herren, der Imam und der Gemeindesprecher sind aus dem Untergeschoss ins Hochparterre gekommen, in den kleinen Versammlungsraum, der als Schule und Gebetsplatz für die Frauen dient. Tee wird aufgekocht, Stühle gerückt.
Der Gemeindesprecher ist aufgeregt. Die jüdische Delegation trifft ein, drei ältere Herren, einer trägt die Kippa.
Meine lieben Freunde, liebe Brüder, sagt der Gemeindesprecher, begrüßt die kleine Runde, wechselt vom Französischen ins Arabische, beschwört die Freundschaft.
Seine Rede wird freundlich aufgenommen.
Der Präsident der jüdischen Gemeinde ergreift das Wort und kommt bald auf einen heiklen Punkt zu sprechen. Einer der jungen Moslems hatte zuvor beklagt, die Synagoge erhalte Polizeischutz, die Moschee aber nicht:
"Wir haben nicht beantragt, dass wir beschützt werden, normalerweise gibt es ja kein Polizeiauto vor der Tür, aber der Innenminister hat es verfügt, das Ziel müsste sein, dass keine Gemeinde geschützt werden müsste."
Die Zahl der antisemitischen Übergriffe in Frankreich aber hat zugenommen, um 58 Prozent im vergangenen Jahr, rechnet die nationale Menschenrechtskommission vor. Aber auch Muslime beklagen Übergriffe, um ein Drittel stieg diese Zahl. Die schwierige wirtschaftliche Lage des Landes entlädt sich zunehmend in interreligiösen Hassattacken.
"Das Jahr 2012 ist ein besonders besorgniserregendes Jahr"
, sagt Christine Lazerges, die Präsidentin der Nationalen Menschenrechtskommission. Die Toleranz gehe zurück, das dritte Jahr in Folge.
Die nationale Menschenrechtskommission spricht von einer rassistischen Grundstimmung.
Dabei fühlen sich Juden wie Muslime bedroht.
"Der radikale Islamismus, nicht der Islam an sich, ist eine bestialische Ideologie, die ich als Naziideologie bezeichne."
Sagt etwa Richard Prasquier , der Präsident des Zentralrats der Jüdischen Institutionen in Frankreich. Nicht weniger beunruhigt Mohammed Moussaoui für den Nationalen Rat der Muslime, der sich zuletzt alarmiert sah, als eine rechte Splittergruppe die Große Moschee von Poitiers besetzt hielt, um an Karl Martell zu erinnern - der 732 den Vormarsch der Araber gen Westen in Poitiert gestoppt hatte.
Die antimuslimischen Übergriffe nehmen seit Jahren zu, sagt Moussaoui und spricht seinerseits von Islamophobie.
In der kleinen Moschee vor den Toren von Paris sitzen sich beide Gruppen gegenüber. Es ist ein mühsames Werben um Verständnis.
"Wir hatten oft auch Streit in dieser Straße, verrät der Gemeindesprecher der Moschee, aber heute, da sprechen wir miteinander, schätzen und entdecken einander und mögen uns!"