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Ein Korken für den Meeresgrund

Biologie.- Meeresbiologen vermuten schon seit einiger Zeit, dass das Leben selbst unter dem Ozeanboden eine Nische für sich entdeckt hat: die Erdkruste. Das Forschungsprogramm CORK geht diesem Verdacht nun mit Tiefseebohrungen nach.

Von Guido Meyer |
    Das wissenschaftliche Bohrschiff Joides Resolution hat Anker geworfen, etwa 100 Kilometer südwestlich der kanadischen Metropole Vancouver, an der Pazifik-Küste Nordamerikas. Hier will die Besatzung nach Leben in der Erdkruste bohren. Dazu schraubt sie zunächst aus unzähligen länglichen Segmenten, die nur den Durchmesser einer Cola-Dose haben, einen mehrere Kilometer langen Bohrer zusammen. An seiner Spitze befindet sich das Experiment CORK, ein Versuchsaufbau, der verhindern soll, das sich zwei Substanzen vermischen, in diesem Fall das Ozeanwasser und der Meeresboden mit dem Material der Erdkruste. Keir Becker, Geologe an der Rosenstiel-Schule für marine und atmosphärische Studien der Universität von Miami:

    "Wir nennen diesen Apparat CORK, weil er wie ein Korken aussieht und ähnlich funktioniert. Mit ihm stopfen wir das Bohrloch, das wir bis zu zwei Kilometer tief in den Boden des Pazifischen Ozeans gegraben haben – genauso wie ein Korken eine Weinflasche verschließt. Oben auf den Korken platzieren wir eine Plattform, an die wir von Zeit zu Zeit mit einem U-Boot docken und Daten auslesen können."

    Unterhalb des Korkens gehen bis zu vier dünne Röhren tief hinunter in die Erdkruste. In der einen befindet sich ein Kabel mit einem Temperatursensor, ein anderes Kabel überwacht den Druck, in einer anderen Röhre schließlich wird durch Unterdruck dickflüssiges Material aus der Erdkruste hochgepumpt.

    "Um Proben aus der Erdkruste zu lösen, bedienen wir uns sogenannter Osmosampler. Das sind lange Röhren aus Teflon, in denen eine Pumpe langsam Flüssigkeiten aus dem Bohrloch nach oben befördert. Diese Röhren können mehrere Kilometer Länge erreichen, und es dauert Jahre, bis eine gefüllt ist."

    Nach zwei bis drei Jahren werden die Röhren geborgen und auf ihren Inhalt hin analysiert. Im Rahmen dieses insgesamt vierjährigen Forschungsprogramms der Universität von Miami platzieren Keir Becker und sein Team solche Korken derzeit weltweit, als nächstes im Atlantik.

    "Im September brechen wir auf zum Mittelatlantischen Rücken. Hier wird ständig neuer Meeresboden gebildet, da sich genau in der Mitte des Atlantiks die nordamerikanische und die eurasische Kontinentalplatte voneinander entfernen. Die Mikrobiologen wollen herausfinden, ob dort bereits Leben in der Erdkruste existiert, bevor der neu entstandene, jungfräuliche Ozeangrund von Sedimenten bedeckt wird."

    Sollten wirklich Mikroben in der Erdkruste gefunden werden, bliebe die Frage zu beantworten, wie sie dorthin gekommen sind. Sind sie aus den schlammigen Sedimenten des Meeresbodens in die Erdkruste gewandert, oder handelt es sich wirklich um bislang völlig unbekannte Lebensformen, die in der Erdkruste entstehen, sich dort von Kohlenwasserstoff, Mineralien und Gasen ernähren, und niemals in Kontakt treten zum Rest der Welt? Gut möglich, glaubt Keir Becker.