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Ein Meisterwerk der Robotik

Technologie.- Autonomous Underwater Vehicles, kurz AUVs, sind Roboter, die Aufgaben in Wassertiefen erledigen, in denen Menschen nicht arbeiten können. Diese selbstständigen Taucher zu entwickeln, ist allerdings nicht einfach und gilt neben der Produktion von Weltraumrobotern als Königsdisziplin.

Von Jenny von Sperber |
    Professor Ura und seine Doktoranden stehen am Rand eines acht Meter tiefen Wasserbeckens im Ura-Labor und befestigen einen torpedoförmigen Tauchroboter an den Karabinern eines Krans. Der fährt ihn dann über das dunkle Becken und lässt ihn ab.

    Solange der Roboter noch an der Wasseroberfläche schwimmt, können die Forscher per W-LAN mit ihm kommunizieren. Aber sobald er abtaucht, ist er auf sich allein gestellt.

    Jetzt können die Forscher nur noch abwarten und zuschauen, wie er lautlos in die Tiefe gleitet und mit einer Laserlinie den Beckengrund nach möglichen Hindernissen abtastet. Kein Kabel verbindet ihn mit dem Computer der Forscher. Das ist auf einer Mission ein großer Vorteil, denn ein Kabel könnte reißen oder sich im unbekannten Meeresgrund verhaken.
    Eine drahtlose Fernsteuerung ist ebenfalls nicht möglich, erklärt Professor Ura:

    "Elektromagnetische Wellen breiten sich im Wasser nicht aus. Nur mit Schallwellen könnten wir Daten übertragen, aber da ist die Übertragungsgeschwindigkeit viel zu langsam. Nur 100 bits pro Sekunde. Deshalb muss das Fahrzeug alles selbst entscheiden. Wir müssen einen vollständig autonomen, perfekten Roboter konstruieren."

    Perfekt, weil unter Wasser nichts mehr schief gehen darf. Die Forscher können im Notfall nicht mehr eingreifen und müssen sich 100-prozentig auf den Roboter verlassen können. Programmiert haben sie nur den groben Kurs der Mission. Ansonsten wertet der Roboter laufend die Daten seiner Sensoren in Echtzeit aus und passt seinen Kurs eigenständig möglichen Hindernissen an.

    Die meisten bisher entwickelten autonomen Unterwasserfahrzeuge sollen möglichst effizient vorwärts kommen, beispielsweise um den Meeresgrund zu vermessen. Sie bleiben immer etwa 200 Meter über dem Grund.
    Die Forscher um Professor Ura aber arbeiten seit mehreren Jahren an einer noch größeren Herausforderung: Einem Tauchroboter, der sich dem Meeresgrund bis auf zwei Meter nähern kann und dort präzise in alle Richtungen navigiert. Tuna Sand heißt das viereckige, weiß-gelbe Wunderwerk in Uras Labor.

    "Dieses Fahrzeug bewegt sich zwar sehr langsam, nur etwa einen Kilometer pro Stunde. Aber es kann nah an den Meeresgrund fahren und mit vielen verschiedenen Sensoren die Beschaffenheit des Grundes wahrnehmen. Wenn es auf ein Hindernis trifft, weicht es aus."

    So hat Tuna Sand diesen Sommer in zwölf Tauchgängen Tausende von Fotos eines Methanhydratfeldes auf dem Grund des Japanischen Meeres gemacht. Wegen der speziellen Nahrungsbedingungen leben dort Tausende von Krabben. Aus den gesammelten Daten hat Tuna Sand ein riesiges 3D-Bild generiert. Das erste seiner Art.

    "Sie sehen all die vielen kleinen Punkte. Das sind Krabben! Schneekrabben. 3500 in diesem Bild. Und das Bild besteht aus 600 Einzelbildern. Ich zoom mal rein."

    Und dann ist tatsächlich jede einzelne Krabbe deutlich zu erkennen. An einigen Stellen krabbeln sie in großen Haufen übereinander. Anders als andere Tiefseeroboter beeinträchtigt das leise, langsame und vor allem scheinwerferlose Fahrzeug das natürliche Verhalten der Krabben kaum. Für die Biologen, die sich für die Zusammenhänge zwischen Methanhydratvorkommen und Krabben interessieren ist das ein großer Fortschritt.

    "Oh, die Biologen waren begeistert. Ich hab die Krabben ja nicht gezählt, sondern die Biologen. So geduldig bin ich nicht. Ein Biologe hat die ganze Nacht durch Krabben gezählt!"

    Spannend für Biologen wäre natürlich eine Probennahme. So möchte Ura in den kommenden Jahren einen autonomen Tauchroboter entwickeln, der auch das selbstständig tun kann.

    "Eine der Herausforderungen dabei ist die: Wenn das AUV einen Stein nimmt und der fest am Grund befestigt ist, muss es erkennen, dass es den Stein nicht nehmen kann und muss wieder loslassen. So intelligent muss es sein. Wenn es also eine Krabbe greifen möchte, muss es erkennen, ob es sich um einen Stein oder eine Krabbe handelt. Und wir müssen es so programmieren, dass es eine ganz besondere Krabbe unter vielen normalen Krabben erkennt. Wir möchten Algorithmen entwickeln, die dazu in der Lage sind. Geben Sie uns noch fünf Jahre!"

    Übersichtsseite zum Japanschwerpunkt in Forschung aktuell